AstraZeneca-Aktie fester: Debatte um Wirksamkeit von AstraZeneca - Drosten wirbt für das Vakzin
Der Virologe Christian Drosten hält grundsätzliche Bedenken gegen den AstraZeneca-Impfstoff für unbegründet und ist für einen breiten Einsatz des Präparats.
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Er sehe keine Veranlassung, das Vakzin aus schwedisch-britischer Produktion in Deutschland nicht zu spritzen, sagte der Charité-Virologe im Podcast "Coronavirus-Update" vom Dienstag bei NDR-Info. Wenn er sich die öffentliche Diskussion um diesen Impfstoff anschaue, habe er den Eindruck, dass vieles falsch verstanden worden sei.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstrich, dass der Impfstoff von AstraZeneca sicher sei. Er selbst würde sich impfen lassen, sagte er dem TV-Sender RTL. "Ausdrücklich auch mit AstraZeneca. Das ist ein sicherer und wirksamer Impfstoff", unterstrich er.
Der Impfstoff von AstraZeneca hat eine geringere Wirksamkeit als die beiden anderen in Deutschland zugelassenen Vakzine von BioNTech/Pfizer und Moderna. Kürzlich wurde zudem bekannt, dass das AstraZeneca-Präparat bei einer zunächst in Südafrika entdeckten Variante wohl weniger vor milden und schweren Verläufen von COVID-19 schützt. Drosten sieht bei der Studie jedoch einige Einschränkungen.
Zudem hält er für Deutschland insbesondere die Variante aus Großbritannien (B.1.1.7) für relevant, wie er erläuterte. Deren Anteil wachse hierzulande, ebenso wie in anderen Ländern. Neue Daten vom Robert Koch-Institut dazu werden in dieser Woche erwartet. B.1.1.7 bedeute aber laut einer Studie keinen Nachteil für die Schutzwirkung des AstraZeneca-Impfstoffs, so Drosten.
Im Zusammenhang mit der niedrigeren Wirksamkeit gibt es Berichte über eine geringere Bereitschaft zur Impfung mit dem Vakzin. So kritisierte die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann, dass am Wochenende bei einer "Sonderimpfung im medizinischen" Bereich 54 Prozent von 200 zur Impfung angemeldeten Personen nicht erschienen seien, ohne den Termin abzusagen. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sprach sich wegen der geringeren Wirksamkeit in der "Rheinischen Post" gegen eine AstraZeneca-Impfung bei medizinischem Personal aus - die Probleme ließen sich nicht "wegdiskutieren".
Drosten sagte hingegen: "Wir müssen alles dransetzen, jetzt so schnell wie möglich in der Breite zu impfen." Die verfügbaren Impfstoffe seien extrem gut gegenüber dem, was man erwarten konnte. "Es gibt immer irgendwo ein Haar in der Suppe, und manche schauen da mit dem Vergrößerungsglas drauf."
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der "Rheinischen Post" (Mittwoch): "Alle Impfstoffe haben ein reguläres Zulassungsverfahren durchlaufen und sind hochwirksam." Für die nächsten Monate bleibe absehbar, dass nicht ausreichend Impfstoffe zur Verfügung stünden. "Deshalb muss priorisiert werden. Solange das so ist, kann es keine Wahlmöglichkeiten geben."
Für die Impfung von Kindern und Jugendlichen gibt es indes noch keinen Zeitplan. "Wann bei COVID-19-Impfstoffen mit einer Zulassungserweiterung in der Europäischen Union für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen zu rechnen ist, ist derzeit noch nicht absehbar", antwortete das Gesundheitsministerium auf eine schriftliche Frage des FDP-Bundestagsabgeordneten Stephan Thomae.
In der Antwort, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es weiter: "Klinische Prüfungen mit zugelassenen COVID-19-Impfstoffen, die Kinder und Jugendliche einschließen, haben nach den Eintragungen im Studienregister in den USA teilweise begonnen oder sind in Kürze geplant."
FDP-Fraktionsvize Thomae kritisierte: "Wenn die Bundesregierung verspricht, dass allen Menschen bis Ende des Sommers ein Impfangebot gemacht wird, schließt das Kinder und Jugendliche offenbar nicht mit ein." Ein Impfstoff für die Jüngsten wäre aber wünschenswert. Vor allem Familien mit vorerkrankten Kindern müsse eine Perspektive geboten werden für eine Rückkehr dieser Kinder in Kitas und Schulen.
Von der Leyen: 22 Millionen Menschen in EU gegen Corona geimpft
In der EU sind nach Angaben von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bislang 22 Millionen Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden. Davon hätten 7 Millionen Menschen bereits ihre zweite Impfstoff-Dosis bekommen, sagte die deutsche Politikerin am Mittwoch in Brüssel. Bislang seien rund 33 Millionen Dosen an die EU-Staaten ausgeliefert worden.
Jedoch müsse und werde das Impfen in den kommenden Wochen und Monaten noch beschleunigt werden, sagte von der Leyen. Die Lieferungen der drei bislang in der EU zugelassenen Impfstoffe würden zunehmen und weitere Impfstoffe zur Verfügung stehen. Zugleich betonte sie, dass die Situation sich entwickele und es immer mehr Corona-Infektionen mit neuen Virus-Varianten gebe. Die bislang in der EU zugelassenen Impfstoffe schienen gegen die Varianten jedoch wirksam zu sein.
Vor allem in Deutschland, aber auch in anderen EU-Staaten, hatte es in den vergangenen Wochen Kritik am langsamen Impfstart gegeben.
Impfstreit: Von der Leyen will rasch Vakzine gegen Corona-Varianten
Nach heftiger Kritik am Impfstoffmangel in Europa ergreift EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen die Initiative im Kampf gegen die gefürchteten Varianten des Coronavirus. Ziel ist es, möglichst rasch angepasste Impfstoffe gegen die mutierten Viren in großen Mengen zur Verfügung zu haben. Den Plan will von der Leyen am Mittwoch (gegen 12.00 Uhr) in Brüssel vorstellen.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur umfasst er im wesentlichen fünf Punkte: die schnelle Entdeckung der mutierten Viren durch Genom-Sequenzierung, die rasche Anpassung der Corona-Impfstoffe an die Mutanten, die Gründung eines europäischen Netzwerks für klinische Tests, die beschleunigte Zulassung der angepassten Impfstoffe sowie verkürzte Genehmigungsverfahren für neue oder umgewandelte Impfstofffabriken und Hilfen zur raschen Produktionsausweitung.
Für das Programm namens "Hera Incubator" will die Kommission nach dpa-Informationen unter anderem 150 Millionen Euro zur Erforschung der Virusvarianten locker machen. Weitere 75 Millionen Euro sollen helfen, die Genom-Sequenzierung in den EU-Staaten auszubauen, damit mindestens 5 Prozent der positiven Corona-Tests genauer auf Mutanten untersucht werden können.
Auch das Netzwerk für klinische Tests von Impfstoffen - genannt Vaccelerate - soll von der EU finanziell unterstützt werden. Zweck ist die Beschleunigung der Tests von Vakzinen gegen mutierte Coronaviren an Freiwilligen. Vernetzen sollen sich dafür EU-weit Wissenschaft, Industrie und Behörden. Die EU-Arzneimittelagentur EMA soll ebenfalls mitwirken.
Langfristig soll eine neue Behörde namens Hera (Health Emergency Response Authority) die EU gegen sogenannte biologische Gefahren wappnen. Das Programm ist eine Art Vorstufe - Incubator heißt auf Deutsch Brutkasten.
Von der Leyen war vor allem in Deutschland scharf kritisiert worden, weil die EU-Kommission für den Ankauf von Corona-Impfstoffen zuständig ist und die Mittel derzeit überall in der EU knapp sind. Die Kommissionschefin hat bereits Versäumnisse eingeräumt: Die EU sei bei der Zulassung der Vakzine spät dran gewesen, zu optimistisch über die Massenproduktion und zu sicher, dass Hersteller pünktlich liefern würden. Aus den Fehlern sollen nun Lehren für die nächste Etappe gezogen werden.
Beim Impfstoff könnte sich die Lage in einigen Wochen etwas entspannen. Am Dienstag teilte die EU-Arzneimittelbehörde EMA mit, dass auch der Hersteller Johnson & Johnson eine europäische Zulassung für sein Corona-Vakzin beantragt habe. Über den Antrag soll bis Mitte März entschieden werden. Von dem Impfstoff hat die EU-Kommission Mengen für mindestens 200 Millionen Menschen geordert. Das Besondere ist, dass er voraussichtlich nur einmal gespritzt werden muss.
Neben dem Impfstreit gibt es inzwischen einen weiteren Konflikt zwischen Brüssel und Berlin über die von Deutschland verhängten Grenzkontrollen, die die Verbreitung mutierter Coronaviren bremsen soll. Die Kommission kritisiert dies, weil damit die verbriefte Bewegungsfreiheit und der Warenverkehr im Binnenmarkt eingeschränkt werden. Vor allem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich die Einwände aus Brüssel in scharfem Ton verbeten.
Ärzte: Wer AstraZeneca schlechtredet, hat Mitschuld an Corona-Toten
Der Virchowbund der niedergelassenen Ärzte hat den Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca als elementaren Baustein zum Weg aus der Pandemie bezeichnet. "Wer aus Gründen des Populismus und der Selbstdarstellung den Impfstoff von AstraZeneca schlechtredet, indem er die Wirksamkeit anzweifelt (...), macht sich mitschuldig daran, wenn der Lockdown länger dauert als nötig und gerade die älteren Menschen weiter an COVID-19 sterben", erklärte der Vorsitzende des Verbandes, Dirk Heinrich, am Mittwoch.
Der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, hatte am Dienstag auf Skepsis bei medizinischem Personal und Pflegekräften gegen das AstraZeneca-Präparat hingewiesen und empfohlen, sie nicht mit diesem Impfstoff impfen zu lassen. Die geringere Wirksamkeit sei nicht wegzudiskutieren, sagte er.
Heinrich hielt dagegen: Jeder unter 65-Jährige, der nicht mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft werde, nehme einem Über-80-Jährigen aktuell das Vakzin von BioNTech oder Moderna weg. "Weil diese dadurch ein höheres Sterberisiko haben, wird damit billigend in Kauf genommen, dass Über-80-Jährige nach Infektionen durch das Coronavirus vermehrt sterben", sagte er.
In Deutschland hat die Impfkommission das Vakzin des britisch-schwedischen Konzerns nur für unter 65-Jährige empfohlen, weil zur Wirksamkeit bei Älteren Erkenntnisse fehlen. Während die Mittel von Moderna und BioNTech eine Wirksamkeit von 94 und 95 Prozent haben, sind es bei AstraZeneca nach einer neuen Studie nach der zweiten Impfung bis zu 82 Prozent. Der Virologe Christian Drosten hatte mit Blick auf AstraZeneca gesagt: "Die Impfstoffe, die wir haben, die sind extrem gut gegenüber dem, was man erwarten konnte."
Zehntausende Astrazeneca-Impfdosen in Niedersachsen bisher ungenutzt
In Niedersachsen ist bisher nur ein Bruchteil der gelieferten Corona-Impfdosen des Herstellers eingesetzt worden. Bisher erhielt das Land 72 000 Dosen, davon wurden bis einschließlich Dienstag aber erst 8806 verwendet, wie das Gesundheitsministerium in Hannover am Mittwoch auf Anfrage mitteilte. In anderen Bundesländern sieht es ähnlich aus: Lediglich Nordrhein-Westfalen (34 124) und Bayern (12 092) setzten bisher mehr Impfdosen von AstraZeneca ein.
Geimpft werden mit dem Impfstoff von AstraZeneca die Impfberechtigten, die der höchsten Priorität angehören und die jünger sind als 65 Jahre - dazu zählt laut Gesundheitsministerium das Personal in der ambulanten Pflege und in den besonders gefährdeten Bereichen der Krankenhäuser. Die Impfzentren kontaktierten die entsprechenden Einrichtungen direkt. Zur Frage, ob die Impfwilligen bei AstraZeneca zurückhaltender seien als bei den Vakzinen von BioNTech und Moderna, hieß es, dazu lägen keine Daten vor.
In London gewinnt die AstraZeneca-Aktie zeitweise 1,20 Prozent auf 74,40 Pfund.
BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX)
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25.11.2024 | AstraZeneca Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
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