"Schreckliche Idee"

Experte: Das Delisting chinesischer Aktien von den US-Märkten hätte fatale Folgen

29.11.19 21:24 Uhr

Experte: Das Delisting chinesischer Aktien von den US-Märkten hätte fatale Folgen | finanzen.net

Die Idee der US-Regierung, chinesische Unternehmen zu zwingen, ihre Aktien aus US-Indizes zurückzuziehen, könnte nach hinten losgehen, glauben diverse Finanzexperten.

• Trump-Regierung denkt über Zwangsdelisting chinesischer Unternehmen an US-Börsen nach
• Finanzexperte Hank Paulson hält dies für eine "schreckliche Idee"
• Vorgehen könnte weitreichende Folgen haben

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Die Regierung unter US-Präsident Donald Trump zieht offenbar in Erwägung, chinesische Unternehmen zu zwingen, ihre Aktien von den US-Börsen abzukoppeln. Die Idee sei "Teil einer breiteren Anstrengung, die Investitionen der USA in chinesische Unternehmen zu begrenzen", heißt es bei Reuters. Die genauen Mechanismen zu der Einstellung der Börsennotierungen chinesischer Firmen müssten noch ausgearbeitet werden, berichtet Bloomberg unter Berufung auf Insider.

"Schreckliche Idee"

Der ehemalige US-Finanzminister Hank Paulson, der mittlerweile Vorsitzender des Paulson Institute ist, äußerte sich kürzlich auf Bloombergs New Economy Forum in Peking kritisch bezüglich dieser Pläne. Seine Einschätzung: Chinesische Unternehmen aus US-amerikanischen Aktienindizes zu verdrängen, sei eine überaus schlechte Idee. "Die Abkopplung Chinas von den US-Märkten durch das Delisting chinesischer Unternehmen von den US-Börsen ist eine schreckliche Idee. Das Gleiche gilt für chinesische Aktien, die aus den MSCI-Indizes verdrängt werden. Es steht im Widerspruch zu den Grundlagen eines erfolgreichen Kapitalismus, wenn Politiker und Bürokraten, privaten amerikanischen Akteuren vorschreiben, wie sie privates Kapital für private Zwecke einzusetzen haben", betonte Paulson.

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Schwerwiegende Folgen...

Sollten die USA tatsächlich diesen Weg gehen, bestünde die Gefahr der Entkopplung der beiden größten Volkswirtschaften der Welt, heißt es bei Bloomberg. Die Spannungen würden nur noch weiter verschärft werden, eine Einigung würde in noch weitere Ferne rücken.

Doch damit nicht genug: Insbesondere chinesische Unternehmen stünden in diesem Fall enorm unter Druck. Bis Februar seien mehr als 150 chinesische Unternehmen an der Nasdaq, der NYSE sowie der NYSE American notiert gewesen, berichtet Reuters. Darunter große, bekannte Konzerne wie Alibaba, Baidu, JD.com, PetroChina oder auch China Life Insurance. Sollten diese Unternehmen gezwungen sein, ihre Notierungen von den US-Börsen zurückzuziehen, würde dies in Chaos enden, heißt es bei Reuters weiter.

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…nicht nur für China

Auch die amerikanische Führung sowie die führende Rolle New Yorks im Finanzbereich würden geschwächt werden, wird befürchtet. Ein solcher Schritt sei demnach nicht im besten Interesse der US-Wirtschaft, warnte auch der Republikaner Mitch McConnell gegenüber CNBC: "Das könnte uns schaden - egal welche Taktiken wir in Bezug auf China anwenden, es dürfen keine sein, die uns bestrafen".

Zudem würde es durch die Abkopplung Chinas schwieriger, eine weitere Finanzkrise zu bewältigen. "Wenn die nächste Krise kommt - und eine Krise wird kommen, weil Finanzkrisen unvermeidlich sind - werden wir es bereuen, wenn es uns an Mechanismen mangelt, um die größten Volkswirtschaften der Welt zu koordinieren", erklärte Paulson vergangene Woche in Peking.

Zudem könnte ein solches Zwangsdelisting dazu führen, dass generell weniger Unternehmen ihre Aktien in den USA listen wollen, was wiederum neue Chancen für konkurrierende Börsen bedeuten würde. Analysten zufolge könnten insbesondere die Börsenplätze in Hongkong, Tokio, London und China profitieren, gibt Reuters die Einschätzung wieder. "Wenn die USA diesen Weg gehen und ihn allein gehen und nicht mit anderen Ländern zusammenarbeiten, können dieselben Unternehmen einfach in London oder Tokio oder Hongkong gelistet werden", erklärte Clete Willems, ehemaliger Berater Trumps für internationale Handels- und Wirtschaftspolitik, gegenüber CNBCs "Squawk Box". "Sie werden immer noch in der Lage sein, Kapital aufzubringen, ohne das zugrundeliegende Problem anzugehen." "Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden den internationalen […] Markt völlig untergraben und der Rolle der USA als Kanal für internationales Kapital schaden", zitiert Reuters eine frühere Notiz von Jefferies-Analysten.

Experten erwarten nun eine Pause bei neuen chinesischen Börsennotierungen in den USA. Man würde zunächst auf mehr Klarheit warten, erklärt Reuters. Einige würden gar abwarten, ob Donald Trump die Wahl im nächsten Jahr erneut für sich entscheiden kann. Sollten sich die Vereinigten Staaten letztlich aber tatsächlich zu solch einem Schritt entscheiden, dürfte dies fatale Folgen haben - für China, für die USA und darüber hinaus.

Redaktion finanzen.net

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