EU-Finanzpaket nimmt erste Hürde - Weg frei für Verhandlungen
Das milliardenschwere EU-Finanzpaket gegen die Corona-Krise hat eine erste Hürde genommen.
Der Rat der EU-Staaten ebnete am Mittwoch den Weg für Verhandlungen mit dem Europaparlament. Bundeskanzlerin Angela Merkel verabredete in einem Telefonat mit Parlamentspräsident David Sassoli und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen einen "ambitionierten Zeitplan", damit die EU-Programme wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten können.
Der EU-Gipfel hatte vorige Woche ein Finanzpaket von 1,8 Billionen Euro geschnürt - 1074 Milliarden Euro für den nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmen und 750 Milliarden Euro zur wirtschaftlichen Erholung von der Corona-Krise. Das EU-Parlament will jedoch im Vermittlungsverfahren mehr Geld für Forschung, Klimaschutz, Gesundheit, Studenten und Migrationspolitik herausholen.
Zudem wollen die Abgeordneten die geplante Klausel zur Rechtsstaatlichkeit nachschärfen. Demnach sollen EU-Gelder gekürzt werden können, wenn ein Land zum Beispiel die Freiheit der Justiz oder der Medien einschränkt. Der Gipfel hatte sich auf eine Formel geeinigt, die dem Parlament zu vage ist. Denn Polen und Ungarn lesen daraus, dass es eine solche Koppelung auch künftig nicht geben wird.
Deutschland hat seit dem 1. Juli den Vorsitz der EU-Länder und damit eine Vermittlerrolle. Deshalb stimmten sich Merkel, Sassoli und von der Leyen in dem Telefonat ab. Sie wollten die bevorstehenden Verhandlungen eng begleiten, erklärte die stellvertretende deutsche Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Die drei seien sich einig, dass keine Zeit zu verlieren sei, ergänzte die EU-Kommission. Die deutsche Ratspräsidentschaft will die Verhandlungen Mitte August beginnen.
Die Gipfelbeschlüsse sind inzwischen in konkrete Rechtstexte gegossen. Darunter ist die geplante Grundlage für die Aufnahme der 750 Milliarden Euro Schulden für das Corona-Aufbauprogramm - der sogenannte Eigenmittelbeschluss. Mit dem Parlament verhandelt wird über die Vorlage zum sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen, also den auf sieben Jahre angelegten EU-Haushalt.
Das Europaparlament bekräftigte am Mittwoch auf Twitter, dass es "den auf dem EU-Gipfel erzielten Kompromiss über den langfristigen Haushalt in seiner derzeitigen Form" nicht akzeptieren könne. "Wir wollen unsere Ambitionen nicht aufgeben", erklärte Parlamentspräsident Sassoli.
Ein mit den Verhandlungen vertrauter hochrangiger EU-Diplomat warnte jedoch, der Finanzrahmen und das Corona-Wiederaufbauprogramm seien ein Paket, das nicht wieder aufgeschnürt werden dürfe. Immerhin hätten die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel vier Tage und vier Nächte darüber verhandelt, bevor eine Einigung möglich gewesen sei. Die zunehmend sichtbaren Schäden der Krise und die rasch steigenden Arbeitslosenzahlen mahnten zur Eile.
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BRÜSSEL (dpa-AFX)
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