Türkische Notenbank lässt Leitzins überraschend unverändert
Die türkische Notenbank hat trotz einer Rekord-Schwäche der Landeswährung Lira und einer galoppierenden Inflation überraschend von einer weiteren Leitzinsanhebung abgesehen.
Der Zins für einwöchiges Notenbankgeld bleibe unverändert bei 17,75 Prozent, teilte die Zentralbank am Dienstag in Ankara mit. Die meisten Experten hatten stattdessen mit einer Anhebung gerechnet. Staatschef Recep Tayyip Erdogan ist jedoch ein Gegner hoher Zinsen - und hat die Notenbank unter seine Fittiche genommen.
Der türkische Finanzmarkt geriet in Reaktion auf die Entscheidung stark unter Druck. Die Lira verlor sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro jeweils über drei Prozent an Wert. Am Anleihemarkt legten die Renditen zu und an der Aktienbörse gerieten die Kurse deutlich unter Druck.
Zuletzt hatte die Notenbank im Juni den Leitzins angehoben, nachdem sie im Mai ihre Geldpolitik grundlegend umgestellt hatte. Seither gilt in der Türkei nicht mehr der sogenannte Spätausleihungssatz, sondern der Hauptzinssatz für einwöchiges Zentralbankgeld als Schlüsselzins.
Ökonomen zufolge sind Zinsanhebungen in der Türkei eigentlich unbedingt nötig, um gegen die Rekordschwäche der Lira sowie gegen die galoppierende Inflation anzukämpfen, die mit über 15 Prozent derzeit so hoch ist wie seit fast 15 Jahren nicht. Dennoch ist Erdogan strikt gegen hohe Zinsen, weil er einen Dämpfer für die Wirtschaft fürchtet.
Insofern kann die ausgebliebene Zinsanhebung als ein Einknicken vor dem Staatschef interpretiert werden. Erst vor zwei Wochen hatte Erdogan seinen Einfluss auf die Geldpolitik durch ein Dekret verstärkt, das ihn künftig zur Ernennung des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Zentralbank ermächtigt. Außerdem wird die Amtszeit der beiden Spitzennotenbanker des Landes von bisher fünf auf nur noch vier Jahre verkürzt.
ANKARA (dpa-AFX)
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