Tagesgeld im Zertifikatemantel
Mit einem neuen Produkt auf den Eonia-Index zielt Macquarie auf Zinssammler ab.
von Jens Castner, €uro am Sonntag
Die Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sind an den meisten Kreditinstituten eine Zeit lang vorbeigegangen. Zumindest, was Spareinlagen anbelangt, hat sich auf der Zinsseite lange nichts getan. Wer Geld zur Bank brachte, musste sich mit einem Prozent plus/minus x begnügen. Inzwischen bieten viele Banken wieder eine Zwei oder gar eine Drei vor dem Komma.
Aber solche Konditionen gelten in aller Regel nur für Neukunden und sind auf wenige Monate befristet. Wer nicht aufpasst, erlebt nach dem Ablauf der Lockvogel-Konditionen ein böses Erwachen: Der Zinssatz kann auf 0,75, gelegentlich auch auf 0,5 Prozent sinken.
Schuld daran ist der Euro Overnight Index Average, kurz Eonia. Dabei handelt es sich um einen von der EZB täglich berechneten effektiven Tagesgeldsatz. Er gibt den gewichteten Durchschnitt des Zinses wieder, zu dem sich Banken von einem Tag auf den anderen gegenseitig unbesichertes Geld leihen. Zur Berechnung des Eonia werden derzeit 44 Referenzbanken herangezogen.
Da der Eonia-Satz für viele Banken maßgeblich ist, tun sie sich mit besseren Konditionen für Sparer schwer. Zudem ist der Eonia-Index heftigeren Schwankungen unterworfen als die Zinspolitik der EZB. Und wenn er steigt, beeilen sich die Banken nicht übermäßig, die Konditionen für Sparer heraufzusetzen.
Wer also sichergehen will, immer marktgerechte Konditionen zu bekommen, hat zwei Möglichkeiten: Entweder die Tagesgeldanlagen aktiv zu managen, was mit häufigem Wechseln der Bank und allerlei nervigem Papierkrieg verbunden ist, oder ein Produkt zu kaufen, das auf Zinsänderungen zeitnah reagiert. Längerfristig bieten sich Inflationsschutzanleihen an, wie sie bereits bei mehreren Emittenten im Programm sind. Zum kurzfristigen Parken von Bargeld sind sie wegen der mehrjährigen Laufzeiten kaum geeignet, da die Kurse recht träge reagieren.
Macquarie hat deshalb ein einfaches Produkt entwickelt, das Veränderungen am Geldmarkt tagesaktuell aufgreift. Das Macquarie-EUR-Tagesgeld-Indexzertifikat (ISIN: DE 000 MQ2 EUR 5) bietet immer mindestens den Eonia-Zinssatz plus einen kleinen Aufschlag (derzeit 0,25 Prozent). Dieser wird im Quartalsrhythmus neu festgesetzt und kann zumindest nicht unter null sinken.
Das klingt selbstverständlich, könnte sich aber für den Fall weiterer Zinserhöhungen als deutliches Plus erweisen: Als der Eonia-Zinssatz in den Jahren 2007 und 2008 über die Marke von vier Prozent kletterte, „vergaßen“ die meisten Banken, ihre Tagesgeldsätze entsprechend nach oben anzupassen. Über vier Prozent gab es auch damals häufig nur für Neukunden, begrenzte Summen und kurze Zeiträume.
Auch beim Best-of-Tagesgeld-Zertifikat (ISIN: DE 000 HV5 VS6 1) der HypoVereinsbank bleiben solche Sonderkonditionen außen vor: Hier wird das investierte Kapital der Zertifikateinhaber zu den jeweils fünf besten regulären Tagesgeldkonditionen angelegt, was bei Lockangeboten allein wegen der Summenbegrenzung nicht möglich ist. Seit Auflegung Ende Januar 2008 kam deshalb lediglich ein Wertzuwachs von knapp 4,2 Prozent heraus – kein Wunder, da die Zinsen nach der Lehman-Pleite auf historische Tiefs sanken.
Die recht bescheidene Anfangsrendite des Macquarie-Neulings von derzeit etwa 1,25 Prozent ist also kein Einzelfall. Klar ist: Die Zinsen müssen steigen, damit Tagesgeldzertifikate ihre Vorteile ausspielen können. Welches der beiden Konzepte sich am Ende besser bewährt, muss die Zukunft zeigen. Da die Tagesgeldanlage via Zertifikat – anders als auf einem Konto bei der jeweiligen Bank – mit einem Emittentenrisiko verbunden ist, macht es ohnehin Sinn, den vorgesehenen Geldbetrag auf beide Produkte zu verteilen.