Hebelprodukte: Kosten mindern Gewinn
Wer mit Endlospapieren langfristig auf eine DAX-Rally wettet, sollte die Finanzierungskosten im Auge behalten.
von Thomas Koch, Euro am Sonntag
Die Hausse hält an. Die technischen Analysten von HSBC Trinkaus sehen gute Chancen, dass der DAX in den nächsten zwei bis drei Jahren die 10.000 Punkte überwindet. Für risikofreudige Anleger, die gezielt auf mittel- bis langfristig steigende Notierungen setzen wollen, bieten sich Knock-out-Produkte ohne festen Fälligkeitstermin an. Anders als bei klassischen Optionsscheinen oder Turbos können Investoren die meist als Mini-Futures bezeichneten Scheine so lang halten, bis das angestrebte Kursziel im DAX erreicht ist.
Zwischenzeitliche Rückschläge können sie über einen längeren Zeitraum aussitzen, allerdings darf die eingebaute Knock-out-Marke nicht verletzt werden. Meist nutzen Anleger die Hebelprodukte für kurzfristige Spekulationen. Wer jedoch eine längere Haltedauer anstrebt, sollte sich unbedingt die Produktmerkmale im Detail ansehen. Weil Investoren zwar voll an den Bewegungen des DAX partizipieren, aber nur einen vergleichsweise geringen Betrag investieren müssen, stellen die Emittenten für diese „Kreditgewährung“ Kosten in Rechnung.
Bei den Endlos-Knock-outs erfolgt das durch die tägliche Anpassung des Basispreises (auch Finanzierungslevel genannt), was den Wert des Scheins entsprechend verringert. Der Betrag, um den sich der Basispreis bei Long-Produkten jeweils erhöht, setzt sich aus einer variablen Zinskomponente und der Marge des Emittenten zusammen. Den Aufschlag auf den Marktzins rechtfertigen die Banken vor allem mit eigenen Kosten für die Absicherung der Geschäfte.
Während die Bedeutung der Zinskomponenten in der aktuellen Niedrigzinsphase zu vernachlässigen ist, kann die Höhe der Marge entscheidenden Einfluss auf die Performance des Anlegers haben. Bei DAX-Scheinen liegen die Werte derzeit zwischen 1,5 Prozent jährlich bei HSBC Trinkaus und vier Prozent pro Jahr bei der Citigroup und Goldman Sachs. Welche Auswirkungen diese unterschiedlichen Sätze haben, zeigt ein von €uro am Sonntag angestellter Langfristvergleich einiger Open-End-Knock-out-Scheine auf den DAX.
Kostenfalle vermeiden
Wir haben dafür Scheine herangezogen, die Anfang 2011 einen Basispreis von rund 4.500 Punkten auswiesen. Zu diesem Zeitpunkt lag der DAX bei 7.000 Punkten, sodass die Produkte mit einem Hebel von etwa 2,8 ausgestattet waren. Aktuell liegt der Index rund 18 Prozent über dem damaligen Niveau.
Ohne Finanzierungskosten hätten Anleger mit diesen Scheinen einen Gewinn von 50,4 Prozent erzielt. In der Praxis haben die Kosten aber einen beachtlichen Teil davon aufgezehrt. So kommt ein Mini-Long-Future von Goldman Sachs nur auf rund 32 Prozent Zugewinn (ISIN: DE 000 GS3 YT4 2). Weil das Haus beim DAX eine relativ hohe Marge (aktuell vier Prozent, bis Mitte 2012 fünf Prozent) berechnet, hat sich der Basispreis des Scheins von damals rund 4.470 Punkten um 590 Punkte erhöht. Ein Schein der Société Générale (ISIN: DE 000 SG1 STN 4) generierte hingegen bei einer Risikomarge von aktuell zwei Prozent ein Plus von rund 39 Prozent.
Doch was können Anleger gewinnen, wenn der DAX in zwei Jahren tatsächlich bei 10.000 Punkten steht? Abhängig ist das vor allem vom Hebel. Je höher er ist, desto größer sind die Gewinnchancen, aber auch das Risiko eines vorzeitigen Knock-outs. So führt ein DAX-Anstieg auf 10.000 Punkte in zwei Jahren bei einem gut fünffach gehebelten Mini-Long-Future der BNP Paribas (WKN: DE 000 BP4 1WA 9) bei unveränderten Zinsen und Margen zu einem Kursanstieg von rund 100 Prozent. Allerdings nur, wenn die Knock-out-Marke niemals verletzt wird. Diese Kursschwelle steigt (nahezu im Einklang mit dem Basispreis) bis Mitte 2015 von aktuell 6.785 auf rund 7.145 Punkte, bei steigenden Zinsen noch höher. Schon kleine Korrekturphasen können Anlegern Verluste bis hin zum Totalverlust bescheren. Für Langfrist-Spekulationen sind daher Produkte mit moderaten Hebeln von zwei bis drei besser geeignet (etwa Commerzbank, ISIN: DE 000 CM7 MWS 7 oder Société Générale, ISIN: DE 000 SG2 MRS 8).
Auch bei den Kosten ist weniger mehr. Vergleicht man DAX-Scheine mit einem Basispreis von rund 5.500 Punkten (Hebel von drei) und geht der Einfachheit halber von dauerhaft stabilen Finanzierungskosten aus, sind bei einem Schein der Citigroup etwa 40 Prozent möglich (ISIN DE 000 CT0 3NP 6), bei HSBC Trinkaus sind es 55 Prozent (ISIN: DE 000 TB7 6JR 8). Wer bei einer langfristigen Haltedauer einen günstigen Emittenten wählt, spart Geld und verbessert so seine Gewinnchancen.