Erbrecht

Vermachen vs. Vererben - Was ist der Unterschied?

11.07.24 06:18 Uhr

Vermachen vs. Vererben: Unterschiede einfach erklärt | finanzen.net

Jeder Erblasser mit einem Mindestalter von 16 Jahren kann ein Testament verfassen: Dieses regelt, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll. Im Testament kann der Erblasser zwischen Erben und Vermächtnisnehmern unterscheiden und damit auch Nicht-Erben einen Teil seines Eigentums zusprechen. Wie unterscheiden sich Erben und Vermächtnisnehmer; welche Rechten und Pflichten haben sie?

In Paragraph 1939 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heißt es: "Der Erblasser kann durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden (Vermächtnis)." Dieser Paragraph gibt Erblassern nicht nur das Recht, in ihrem Testament neben den Erben andere Personen zu benennen, sondern zeigt auch, dass die Begriffe Erbe und Vermächtnisnehmer im juristischen Kontext nicht synonym verwendet werden können - und damit auch auf keinen Fall im Testament verwechselt werden dürfen.

Erben übernehmen Rechte und Pflichten, Vermächtnisnehmer nur Besitz

Denn einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Erben und Vermächtnisnehmern ist ihre rechtliche Position: Während Erben neben dem Besitz auch bestimmte Rechte und Pflichten - also das gesamte Erbe - des Erblassers übernehmen, steht Vermächtnisnehmern nur ein im Testament präzisierter Vermögensvorteil zu. Diesen müssen sie von den Erben einfordern, letztere haben dann nach Paragraph 2174 BGB die Pflicht, ihn zu übergeben: "Durch das Vermächtnis wird für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern." Eine Verjährungsfrist gibt es dabei nur in Einzelfällen: Besteht der Vermögensvorteil etwa aus einer Immobilie, darf diese nach Paragraph 196 BGB nur innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall von den Erben eingefordert werden.

Eine Ausnahme von der Regel, dass nur die Erben Verpflichtungen des Erblassers übernehmen, gibt es allerdings. Ist nämlich ein Objekt, welches noch mit Pflichten verbunden ist, Teil des Vermögensvorteils, so werden diese Pflichten im Normalfall mitvermacht. Ein Beispiel hierfür sind Immobilien, für die es noch offene Kreditzahlungen gibt.

Vermächtnisnehmer müssen im Testament explizit erwähnt werden

Und: Vermächtnisnehmer, die ein Vermächtnis nicht einfordern wollen, können den Erben entgegenkommen und das Vermächtnis nach Paragraph 2176 BGB offiziell ausschlagen. Damit gehört das Vermächtnis offiziell den Erben, die es nicht weiter für den Vermächtnisnehmer bereithalten müssen. Möchte ein Vermächtnisnehmer sein Vermächtnis ausschlagen, so muss er das nicht wie die Erben vor dem Nachlassgericht tun, sondern dies den Erben persönlich mitteilen.

Hinzu kommt, dass Erben nach den Paragraphen 1923 ff BGB gesetzlich bestimmt sind: Leben die Eltern des Erblassers noch, erben diese, leben nur noch Nachkommen des Erblassers, erben diese, Kinder erben zu gleichen Teilen und so weiter. Damit ist gesichert, dass Erben ihr Erbe auch ohne vorliegendes Testament antreten können. Vermächtnisnehmer hingegen müssen immer im Testament als solche benannt werden, um ein Vermächtnis, also einen Vermögensvorteil, anzutreten. Das Nachlassgericht informiert Vermächtnisnehmer im Todesfall des Erblassers über ihren Vermögensvorteil.

Neben den bestehenden rechtlichen Unterschieden zwischen Erben und Vermächtnisnehmern haben Personen in beiden Positionen eines gemeinsam: die Erbschaftssteuer. Denn obwohl ein Vermächtnis kein Erbe ist, müssen auf den im Testament präzisierten Vermögensvorteil bei Annahme des Vermächtnisses Steuern gezahlt werden.

Olga Rogler / Redaktion finanzen.net

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