CO2 Bilanz - Handel

Was ist klimaschädlicher: Online bestellen oder stationär einkaufen?

22.07.24 22:57 Uhr

Klimabilanz: Online-Shopping oder stationärer Handel - was schadet mehr? | finanzen.net

Seit Jahren bestellen immer mehr Menschen im Internet. Doch das ist nicht immer vorteilhaft. In einigen Fällen ist Online-Shopping klimaschädlicher als stationärer Handel.

Immer mehr Online-Handel verdrängt immer mehr stationären Handel. Das jüngste Beispiel sind Lebensmittel, die in letzter Zeit vermehrt online bestellt werden. Dabei kommt neben der Überlegung, ob man regional einkaufen sollte, auch immer mehr die Frage des Klimaschutzes zum Konsumverhalten hinzu.

Viele entscheidende Faktoren

Doch was ist nun klimaschädlicher? Dinge online zu bestellen oder stationär einzukaufen? Entscheidend sei, wie Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt (UBA) gegenüber der österreichischen Tageszeitung Der Standard erklärt, wo man die Grenze seiner Betrachtung ziehe. Demnach sei von entscheidender Bedeutung, ob man für eine Gegenüberstellung die Transportwege der Produkte berücksichtigt. Ein weiterer entscheidender Faktor sei das Verhalten der Konsumenten. Hierzu gehört besonders das Retournieren. Denn der Online-Handel führt zu mehr Rücksendungen, so Lichtblau.

Wie Quarks.de mit Verweis auf eine Hochrechnung des Öko-Instituts erklärt, kann Online-Shopping in einigen Fällen klimafreundlicher sein als stationär einzukaufen. So hätten beispielsweise online bestellte Schuhe oft eine bessere CO2-Bilanz als solche aus dem stationären Handel. Der Grund sei der hohe Energieverbrauch von Kaufhäusern und Geschäften. Allerdings: Diese Aussage kann natürlich nicht pauschalisiert getroffen werden. Das bestätigt auch Ulrich Gromke vom Umweltbundesamt Quarks gegenüber. Schließlich wirken zahlreiche Faktoren auf die CO2-Bilanz ein, wie zum Beispiel das Produkt selbst, dessen einzelnen Schritte der Lieferkette sowie die Versandverpackungsgröße.

Online-Handel hat einen großen Nachteil

Die Verpackung stellt besonders im Online-Handel eine große Herausforderung dar. Denn der Verpackungsmüll steigt insgesamt durch Online-Shopping. Das zeigt auch eine Untersuchung der Forschungsgruppe Retourenmanagement der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg, wonach im Jahr 2022 in Deutschland fast jedes vierte Paket zurückgeschickt wurde. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland auf dem ersten Platz bei den Retouren.

Quarks verweist zudem auf sozioökonomische Faktoren, wie beispielsweise die bekanntermaßen oft schlechten Arbeitsbedingungen der Lageristen und Fahrer, die in einer Diskussion über den Online-Handel Beachtung finden sollten.

Die wichtigsten Faktoren beim stationären Handel

Die wichtigsten Klimaschutz-Stellschrauben sind beim stationären Handel dem UBA zufolge die Energieverbräuche vor Ort sowie die Verkehrsmittelwahl der Kunden. Im Online-Handel sollte besonders der Versandpackungsabfall und der letzte Lieferabschnitt bis zur Haustür reduziert werden (etwa durch Packstationen). Laut einer UBA-Studie ließen sich bei Versandhandelsverpackungen pro Jahr in Deutschland 180.000 bis 370.000 Tonnen Verpackungsabfall sparen.

Die EU-Kommission hat dieses Problem aufgegriffen und Ende 2022 einen Entwurf für eine Verordnung, die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR), veröffentlicht, die darauf abzielt, negative Auswirkungen auf die Umwelt durch Verpackungen zu minimieren. Im April 2024 wurde eine Mehrheit im EU-Parlament für die vorläufige Einigung erreicht und das Vorhaben in den Trilog-Verhandlungen weitergegeben. Im Laufe des Jahres wird eine Einigung erwartet.

Das Produkt selbst macht den Unterschied

Bis zu 75 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus eines Produktes werden bereits in der Herstellung ausgestoßen, erklärt das Umweltbundesamt mit Verweis auf eine eigens durchgeführte Studie. Transport und Handel machen demnach nur einen kleinen Teil von einem bis zehn Prozent der Gesamtemissionen aus, so das UBA weiter.

UBA-Präsident Dirk Messner erklärt: "Ob wir online oder im Geschäft einkaufen, ist nicht so entscheidend für unsere Klimabilanz. Die größte Stellschraube für den ökologischen Einkauf sind langlebige Produkte, die umweltfreundlich hergestellt sind. Bestenfalls bekomme ich diese auch im Geschäft um die Ecke, das ich mit dem Fahrrad oder zu Fuß gut erreichen kann".

Das UBA macht als Hilfestellung für Konsumenten auf Umweltsiegel aufmerksam. Diese seien im Online-Handel bislang zwar nur ungenügend abgebildet, könnten aber durch beispielsweise Informationen über Verfügbarkeit von Updates, Lebensdauer oder Reparierbarkeit der Produkte Konsumenten künftig bei Nachhaltigkeitsüberlegungen unterstützen. Lichtblau empfiehlt: Auf Saisonalität und Regionalität achten und Händler bevorzugen, die Umweltaspekte offen kommunizieren. Generell sei es wichtig, bewusster einzukaufen.

Redaktion finanzen.net

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