Alternative zur Kündigung

Vorsicht bei Aufhebungsvertrag: Warum die Kündigung häufig besser für den Arbeitnehmer ist

23.12.22 06:46 Uhr

Vorsicht bei Aufhebungsvertrag: Warum die Kündigung häufig besser für den Arbeitnehmer ist | finanzen.net

Hohe Abfindungen können den Arbeitnehmer dazu verleiten, einem Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses voreilig zuzustimmen. Doch hat eine derartige Vereinbarung häufig mehr Nachteile als Vorteile für den Arbeitnehmer.

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Arbeitsverträge werden in der Regel durch eine einseitige Kündigung beendet. Doch kann ein Arbeitsverhältnis auch durch einen sogenannten Aufhebungsvertrag enden, der zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen wird. Im Gegensatz zu einer Kündigung erfordert ein Aufhebungsvertrag dabei nicht nur die Zustimmung einer Partei, auch der andere Vertragspartner muss mit dem Vertrag einverstanden sein. Das heißt, nur wenn sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer dem Aufhebungsvertrag zustimmen, gilt die geschlossene Vereinbarung als rechtswirksam.

Vorteile für den Arbeitgeber

Doch welche Vorteile bringt ein Aufhebungsvertrag den beteiligten Parteien im Gegensatz zu einer ordentlichen Kündigung?

Vor allem für den Arbeitgeber können sich einige Vorteile und rechtliche Erleichterungen ergeben, wenn ein Aufhebungsvertrag anstelle einer Kündigung geschlossen wird.

Wie die Hensche Rechtsanwälte erklären, kann ein Arbeitgeber im Zuge eines Auflösungsvertrages den Zeit­punkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei bestimmen. Die im Rahmen einer Kündigung geltenden Kündigungsfristen entfallen, der Vertrag kann unter Zustimmung beider Vertragsparteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden.

Einen weiteren Vorteil nennt die Kanzlei für Arbeitsrecht kündigungsanwälte.de: So entfallen den Fachexperten zufolge bei einem Aufhebungsvertrag sämtliche Vorschriften des Kündigungsschutzes, da es sich im Gegensatz zu einer ordentlichen Kündigung hierbei um eine ein­ver­nehm­li­che Ver­trags­be­en­di­gun­g handelt. Das heißt, wer einem Aufhebungsvertrag freiwillig zustimmt, hat keinen Anspruch mehr auf etwaige Schutzrechte und beendet unter Umständen ein Arbeitsverhältnis, das eventuell gar nicht kündbar gewesen wäre (z.B. in der Elternzeit).

Anspruch auf Arbeitslosengeld kann entfallen

Während ein Aufhebungsvertrag für den Arbeitgeber also durchaus vorteilhaft sein kann, birgt eine derartige Vereinbarung für den Arbeitnehmer oftmals einige Gefahren.

So verhängt die Agen­tur für Ar­beit normalerweise eine Sperrzeit, wenn ein Ar­beit­neh­mer der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt und damit seine daraus resultierende Arbeitslosigkeit selbst in Kauf genommen hat. Die Sperrzeit beträgt gem. Paragraph 159 Abs.1 Drit­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB III) in der Regel zwölf Wochen und verhindert, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

Die Verhängung der Sperrzeit kann nach der Kanzlei für Arbeitsrecht nur entfallen, wenn ein wichtiger Grund für die Einwilligung seitens des Arbeitnehmers vorliegt. Dazu gehört den Experten zufolge zum Beispiel, wenn das Arbeitsverhältnis auch ohne Aufhebungsvertrag im Zuge einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung geendet hätte und eine unter Umständen vereinbarte Abfindung eine Unter- bzw. Obergrenze nicht überschreitet.

Andernfalls wird die freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses als versicherungswidrig eingestuft und verhindert einen Erhalt von Arbeitslosengeld im Rahmen der Sperrzeit.

Aufhebungsvertrag kann in der Regel nicht rückgängig gemacht werden

Wer also noch kei­nen anderen Arbeitsplatz gefunden hat, sollte sich gut überlegen, ob er das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag freiwillig beenden will. Zwar kann eine derartige Vereinbarung in ganz bestimmten Ausnahmefällen aufgehoben werden, in der Regel ist der abgeschlossene Vertrag allerdings rechtswirksam und daher nicht widerrufbar.

Ausgehandelte Vergünstigungen sollten angemessen sein

Wichtig ist daher vor allem zu prüfen, ob die vom Arbeitgeber an­ge­bo­te­nen Vergüns­ti­gun­gen an­ge­mes­sen sind. Dabei kann es nach den Hensche Rechtsanwälten ratsam sein, externe Hilfe von einem Rechtsanwalt zu beanspruchen, um "die Be­stands­si­cher­heit des auf­zulösen­den Ar­beits­verhält­nis­ses bzw. die Wirk­sam­keit ei­ner mögli­cher­wei­se in Be­tracht kom­men­den Kündi­gung zu be­ur­tei­len".

Grundsätzlich gilt nämlich: Auch im Rahmen eines Aufhebungsvertrages hat der Arbeitnehmer kein generelles Recht auf eine Abfindung, die Aushandlung eines angemessenen Betrages liegt also beim Arbeitnehmer. Eine angemessene Höhe ist dabei jedoch nicht grundsätzlich bestimmbar - sie hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab.

Wem beispielsweise eine ordentliche Kündigung aus personenbedingten Gründen droht, sollte sich den Hensche Anwälten zufolge unter Umständen mit einer Abfindung zufrieden geben, wenn diese die im Rahmen einer Kündigungsfrist ausgezahlten Monatsgehälter überschreitet.

In anderen Fällen kann ein Aufhebungsvertrag allerdings auch trotz einer hohen Abfindung nicht ratsam sein, wenn der Arbeitgeber beispielsweise gar keinen rechtswirksamen Grund für eine Kündigung vorweisen könnte.

Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, hat einen weiteren, wichtigen Tipp für alle Arbeitnehmer: "Wer bedrängt wird, rasch zu unterzeichnen, sollte auf jeden Fall misstrauisch sein", betont der Experte in einem Interview. Auch sollte man stets die Ansprüche auf Ur­laubs­ab­gel­tung und die Kündigungsfrist im Blick haben, bevor man sich für einen Aufhebungsvertrag bereit erklärt.

Pauline Breitner / Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Natee K Jindakum / Shutterstock.com