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Alternative Investmentfonds: Per Klick zum Betongold

19.05.18 01:00 Uhr

Alternative Investmentfonds: Per Klick zum Betongold | finanzen.net

Immobilien-Beteiligungen sind bei Anlegern wieder stärker gefragt. Wie ihnen der Fondsbeitritt künftig erleichtert werden soll.

von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Für Immobilieninteressenten ist es ein häufiges Ärgernis: Die in deutschen Metropolen aufgerufenen Preise für Gewerbe- und Wohnimmobilien sind oft astronomisch hoch, gleich­zeitig verlieren die für einen Objektkauf ange­sparten Guthaben wegen der Dauernullzinsen und steigenden Inflationsraten real an Wert.



Ein Ausweg aus dieser Zwickmühle: Investoren schließen sich auf Initiative eines Fondsanbieters zusammen und kaufen gemeinsam Immobilien, die als Einzelobjekt für sie zu teuer sind. Das Anlagevehikel dafür sind Alternative Investmentfonds (AIFs) mit Laufzeiten von oftmals mehr als zehn Jahren. Diese Immobilienbeteiligungen sind auch wegen des allgemeinen Anlagenotstands bei Privatinvestoren wieder stärker gefragt. Fondsinitiatoren sammelten 2016 Eigenkapital in Höhe von 1,32 Milliarden Euro ein, 2017 war es mit 1,57 Milliarden Euro fast ein Fünftel mehr.

"Die Zeichnungsangebote kommen viel besser an, als allgemein vermutet wird", erklärt Fondsanalyst Stefan Loipfinger. Nach seinen neuesten Erhebungen haben in den vergangenen fünf Jahren rund 100.000 Anleger 4,2 Milliarden Euro in Beteiligungsprodukte investiert. "Mehr als drei Viertel davon entfielen auf Betongold", sagt Loipfinger. Für Immobilienfonds, die in Deutschland investieren, wurden in dem Zeitraum 1,97 Milliarden Euro Eigenkapital eingesammelt, in ausländische Immobilienbeteiligungen flossen 1,27 Milliarden Euro.


Für den Trend, sich auch jenseits der Landesgrenzen nach Investitionsgelegenheiten umzusehen, gibt es plausible Gründe: "Es ist derzeit schwierig, deutsche Objekte zu finden, die Spaß machen - die Immobilienpreise steigen immer weiter", sagt Anselm Gehling, Chef der Dr. Peters Group in Dortmund. Sein Investmenthaus konzentriert sich aktuell auf das Nischensegment Hotels.

Gut möglich, dass deshalb auch US-Immobilienfonds, die bis zur Finanzkrise 2008 bei deutschen Anlegern sehr beliebt waren, ein Comeback feiern. Marktführer Jamestown plant im zweiten Halbjahr einen risikogemischten Publikums-AIF, der in Büro-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien in den USA investieren soll. Auch Konkurrent US Treuhand steht mit einem neuen Beteiligungsangebot in den Startlöchern.


"Die Vereinigten Staaten verzeichnen im achten Jahr in Folge ein moderates, aber robustes Wirtschaftswachstum, eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit - und die Unternehmen schreiben hohe Gewinne, die durch die jüngste Steuerreform noch weiter befeuert werden", wirbt etwa Jamestown-Geschäftsführer Jürgen Gerber.

Die Dienstleistungen der Fondsanbieter gibt es nicht zum Nulltarif. Banken und freie Vertriebe berechnen fünf Prozent Ausgabeaufschlag auf die Zeichnungssumme, wenn sie eine Beteiligung erfolgreich vermitteln. Hinzu kommen noch eine einmalige Innenprovision von bis zu zehn Prozent und jährliche Fondsgebühren von im Schnitt 1,5 Prozent. Unterm Strich sind Beteiligungen also meist nicht viel günstiger als Direkt­anlagen. Fondsanlegern bleibt aber der Verwaltungsaufwand erspart, der in allen Investitionsphasen anfällt. Und sie sind oft schon mit 10.000 Euro dabei.

Fondsbeitritt via Internet

Zudem will die Beteiligungsbranche den Vertrieb zeitgemäßer gestalten und dafür den Zeichnungsprozess stark vereinfachen. Anleger sollen künftig AIFs ohne lästigen Papierkram beitreten können. "Echtzeit-Plausibilitätschecks" während der Dateneingabe sollen Standard werden, um falsche Angaben in den Formularen zu vermeiden.

Als erster Initiator hatte Patrizia GrundInvest 2017 die Möglichkeit eröffnet, Fondsanteile übers Internet zu zeichnen: "Die Kunden erwarten beim Thema AIF die gleichen Standards, die sie etwa von ihrem Online-Aktiendepot gewohnt sind", sagt Geschäftsführer Andreas Heibrock. "Zudem gibt es eine zunehmende Zahl internetaffiner Anleger, die über ausreichende Kenntnisse bei AIFs verfügen."

"Es ist aber wichtig, dass Kunden sich vor einer digitalen Zeichnung umgehend beraten lassen oder selbst mit diesem Thema befassen", entgegnet Konkurrent Gehling. Es komme darauf an, dass die Beteiligung bezüglich Risiko­bereitschaft, Anlagezielen und Portfolio-Optimierung zum Anleger passe.

Beratungsbedarf bleibt

"Den digitalen Zeichnungsschein sehen wir in erster Linie als eine Unterstützung und Entlastung unserer Vertriebs­partner", sagt auch Ottmar Heinen, Vorstand der Project Beteiligungen. "Ein Direktgeschäft praktizieren wir deshalb aktuell nicht." "Eine Onlinezeichnung anzubieten ist absolut zeitgemäß, aber noch lange kein Durchbruch", ergänzt Fondsexperte Loipfinger. "Bei Zeichnungssummen von zum Beispiel 10.000 oder 20.000 Euro wird kein Anleger abends vom Sofa aus investieren", moniert er. Um solche Kunden zu erreichen, müssten vermutlich viel kleinere Beteiligungssummen ermöglicht werden. Wenn die Anbieter das wollten, hieße das, deutlich mehr umzudenken, statt lediglich den Zeichnungsprozess zu digitalisieren.

Glossar:

Alternative Investmentfonds
Das Nachfolgeprodukt der Geschlossenen Fonds setzt eine Mindestbeteiligung von 20.000 Euro voraus, wenn Fonds lediglich in ein Objekt investieren und damit keine Risikostreuung bieten. Die hohe Summe soll auch eine Warnfunktion für Kleinanleger haben, nicht ihr gesamtes Kapital zu investieren. Die Faustregel: Maximal zehn Prozent des Portfolios sollten Alternative Investmentfonds sein.

Fondsbeitritt
Mit Alternativen Investmentfonds (AIFs) ­werden Anleger auf dem Papier zu Unternehmern. Sie treten dem Fonds als Gesellschafter bei. Rechtlich erhalten sie mit der Unterschrift unter den Zeichnungsschein in der Regel den Status ei­nes Kommanditisten: Falls das Immobilienprojekt später in Schieflage geraten sollte, haften sie dann maximal bis zur Höhe der von ihnen geleisteten Kapitaleinlagen.

Kapitalanlagegesetzbuch
Der Gesetzgeber wollte den grauen Kapitalmarkt weiß waschen, als er vor fast fünf Jahren unter dem Eindruck zahlreicher Anlageskandale das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) einführte. Seit 22. Juli 2013 gelten für Anbieter und Investoren vieler Anlageprodukte strengere Regeln: AIFs werden seitdem schärfer von der Bafin überwacht. Das Fondsmanagement darf beispielsweise nur bis zu 60 Prozent des Fondsvolumens mit Krediten finanzieren - zuvor gab es hier kein Limit.

Kapitalverwahrstelle
Um eine Zweckentfremdung von Anlegergeld zu verhindern, müssen Fondsinitiatoren eine sogenannte Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zwischenschalten. Diese verwahrt gegen eine Gebühr nicht nur das von Anlegern eingesammelte Geld, sondern begleitet das Investment als Kontroll- und Absicherungs­instanz über die gesamte Fondslaufzeit. Plumpe Betrügereien wie beim Vorgängerprodukt Geschlossene Fonds sollen damit bei AIFs grundsätzlich nicht mehr möglich sein.

Verkaufsprospekt
Die möglichen Risiken einer Beteiligung müssen in den AIF-Verkaufsprospekten strikt getrennt von den Anlagechancen aufgelistet sein. Zudem dürfen nur noch Bilder der konkreten Fondsimmobilie eingefügt sein - der Abdruck attraktiver Fotos einer Metropole ohne Bezug zum Fondsobjekt ist verboten.

Alternative Immofonds - Aktuelle Angebote (pdf)



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