Gewinne für alle: Die besten ETFs fürs Depot!
Ein Blick hinter die Kulissen: Wie ein ETF entsteht, wer daran mitwirkt und welche Papiere die wichtigsten Anlageregionen am besten abbilden.
von Andreas Hohenadl, €uro am Sonntag
Ein grauer Novembertag in der Frankfurter City. Matt spiegelt sich das Tageslicht in der Glasfassade des Deutsche Bank Campus an der Mainzer Landstraße. Nur ein paar Laubbäume, die ihre Blätter noch nicht abgeworfen haben, sorgen für Farbtupfer. Hier, im Geschäftsviertel zwischen Hauptbahnhof und Opernplatz und in Sichtweite zu ihren markanten Zwillingstürmen, hat die Deutsche Bank seit 2017 die Vermögensverwaltungssparte untergebracht. 700 Mitarbeiter der Deutschen Asset Management arbeiten in dem Komplex, ebenso ihre Kollegen der Unternehmens- und Investmentbank inklusive der Wertpapierhändler.
Alles neu, alles unverbraucht - diesen Eindruck bekommt der Besucher in der Lobby des achtstöckigen Gebäudes. Und dieser Eindruck setzt sich fort, wenn der Fahrstuhl in der vierten Etage hält. Dort arbeiten viele Angestellte von Xtrackers, wie das ETF-Geschäft der Deutschen Bank heißt. Neu und unverbraucht ist die gesamte Branche. Was sich in beeindruckenden Wachstumsraten widerspiegelt. Allein in Europa ist das in ETFs verwaltete Vermögen nach Zahlen des Researchhauses ETFGI im vergangenen Jahr um rund 40 Prozent auf rund 670 Milliarden Euro angestiegen. Der Markt wächst und wächst.
An der Erfolgsgeschichte strickt der vierte Stock im Deutsche Bank Campus gehörig mit: Xtrackers ist mit rund 70 Milliarden Euro Volumen der größte deutsche ETF-Anbieter und einer der drei Branchenriesen in Europa. Die Gesellschaft profitiert zunehmend von der Nachfrage der Investoren nach günstigen passiven Anlageprodukten.
Genau das bieten ETFs. Die Abkürzung steht für Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Indexfonds. Die Produkte folgen einem Index wie dem DAX oder dem S & P 500 und entwickeln sich genau wie dieser. Dabei bieten sie den Vorteil niedriger Gebühren, weil kostenintensives aktives Management entfällt. Und auf lange Sicht lassen sie die meisten aktiv gemanagten Fonds in puncto Wertentwicklung hinter sich. Mittlerweile können Anleger in eine Vielzahl von Märkten über ETFs investieren. Allein Xtrackers bietet Produkte für mehr als 170 Indizes.
Für Anleger sind ETFs ein einfaches Produkt. Damit dem so ist, laufen einige nicht ganz so triviale Prozesse im Hintergrund ab. Grund genug, bei der größten ETF-Gesellschaft hierzulande einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und den Weg eines Indexfonds von der Idee bis zum Handel nachzuverfolgen.
Die Konstrukteure am Werk
Bis bei der Deutsche-Bank-Tochter ein ETF in der Palette landet, gibt es zahlreiche Punkte zu klären. Das ist das Arbeitsgebiet von Michael Mohr. Der schlanke 40-Jährige mit der randlosen Brille leitet die Produktentwicklung in Europa. Auf einem Blatt skizziert er dem Besucher die wichtigsten Stationen, bis ein Indexfonds in den Handel kommt. "Am Anfang steht die Idee, einen Markt mittels ETF investierbar zu machen", sagt Mohr. Dann beginnt für ihn und sein Team die Arbeit. "Wir müssen uns anschauen, welcher Index für unser Vorhaben der geeignete ist." Zum Beispiel müssen die Unternehmen, die in einem Börsenbarometer vertreten sind, liquide handelbar sein und der Index selbst hinreichend diversifiziert.
Auch die Wahl des Indexanbieters - das sind Unternehmen wie Standard & Poor’s oder MSCI - spielt eine wichtige Rolle. Denn damit ETF-Anbieter diese Indizes für ihre Produkte nutzen können, zahlen sie Lizenzgebühren an die Anbieter. "Und die können sich teils kräftig unterscheiden", sagt Mohr.
Ein weiterer Punkt ist die Verpackung des ETF: Hier geht es um Themen wie Steuern oder die nötigen rechtlichen Dokumente. "Dann ist zu bestimmen, für welche Kunden das Produkt aufgelegt wird: für institutionelle Investoren oder Privatanleger?", sagt Mohr. "Und an welchen Börsen der ETF schließlich gelistet wird." Ist man sich hierüber im Klaren, wird schließlich die Vermarktungsstrategie festgelegt.
Einen Index ausgewählt zu haben, ist jedoch erst die halbe Miete. Denn für den ETF muss ein Portfolio aufgebaut werden, das diesen Index möglichst exakt abbildet. An diesem Punkt kommen Mitarbeiter wie Plamen Peychev ins Spiel. Der 32-Jährige kümmert sich bei den passiven Anlagen der Deutschen Asset Management um das Portfoliomanagement für Aktien. Besonders bei sehr breit gestreuten Indizes sei das eine Kunst für sich, so Peychev. Denn nicht jedes Börsenbarometer besteht wie der DAX aus nur 30 Aktien. Im Weltaktienindex MSCI World zum Beispiel sind mehr als 1.600 Unternehmen gelistet.
All diese Titel zusammenzukaufen, würde einen ETF mit kleinerem Volumen nur unnötig teuer machen. Also greifen Peychev und seine Kollegen bei solchen Produkten zum Sampling. "Das bedeutet, wir investieren nur in einen repräsentativen Teil der Indexkonstituenten, der aber die Risiko/Rendite-Eigenschaften der Benchmark möglichst gut abbildet", erläutert der Portfoliomanager. Die Konstruktion eines dergestalt optimierten Portfolios erfolgt mithilfe einer speziellen Software.
Wie viele Aktien eines Index "gesampelt" werden, ist übrigens nicht für alle Zeiten festgelegt. Das hängt entscheidend von der Portfoliogröße ab. "Wächst das Volumen eines ETFs mit der Zeit, vergrößern wir auch die Zahl der Aktien, in die wir direkt investieren", erklärt Peychev. Damit sei es möglich, sich der Indexperformance noch genauer anzunähern. So ist mittlerweile das Volumen des MSCI-World-ETFs von Xtrackers derart gewachsen, dass bereits in mehr als 1.500 der 1.600 Aktien aus dem Index direkt investiert wird.
Portfolio im laufenden Betrieb
Ist das ETF-Portfolio konstruiert, muss es laufend überwacht und angepasst werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei beispielsweise der Wiederanlage von Dividenden in sogenannten Total-Return-Indizes zu. Während die meisten Indexanbieter die von einem Unternehmen ausgeschütteten Dividenden in alle Indexkonstituenten reinvestieren, geschieht dies in einem ETF in der Regel nur in einen bestimmten Teil des Portfolios. "Eine Reinvestition in alle Titel wäre zumeist nicht effizient und würde zu unnötigen Transaktionskosten führen", erklärt Peychev.
Die Portfoliomanager eines ETFs können aber auch gezielt Vorteile bei speziellen Dividendenarten ausnutzen. So bieten einige Unternehmen zum Beispiel an, eine Zahlung der Dividende in Form von Aktien anstatt einer Bardividende zu wählen. Entscheidet sich der Anleger für die Aktien, bringt ihm das zuweilen steuerliche Vorteile oder einen Preisnachlass von einigen Prozent auf die Anteilscheine.
Während die meisten Indizes standardmäßig die Zahlung einer Bardividende verbuchen, entscheiden sich die Portfoliomanager eines ETFs für die vorteilhafteste Variante.
So erwirtschaften sie gegenüber dem Index kleine Mehrerträge, die helfen, die Verwaltungskosten zu kompensieren. Auch mittels Wertpapierleihe kann die Portfoliorendite verbessert werden.
Dabei werden Aktien gegen Gebühr an eine Drittpartei verliehen. "Bei einem solchen Geschäft stellen wir hohe Anforderungen an die Sicherheiten, die hinterlegt werden", sagt Eric Wiegand, Leiter ETF-Strategie Europa & Asien. Vom Mehrertrag bekommt der Indexfonds dann 70 Prozent, die Deutsche Asset Management behält 30 Prozent ein.
All die kleinen Stellschrauben, die den Portfoliomanagern zur Verfügung stehen, sorgen dafür, dass sich der ETF möglichst nah am Index bewegt, zuweilen sogar etwas besser abschneidet. "Passives Portfoliomanagement ist keineswegs einfacher als aktives", bringt es ETF-Spezialist Peychev auf den Punkt.
Ein ETF entsteht …
Dennoch können sich Anleger bei ETFs über niedrige Verwaltungsgebühren freuen. Das hängt nicht zuletzt mit einer Besonderheit des ETF-Handels zusammen, dem sogenannten Creation/Redemption-Prozess. Er sorgt dafür, dass neue ETF-Anteile geschaffen werden (Creation), wenn die Nachfrage steigt. Und dass Anteile vom Markt verschwinden (Redemption), sobald die Nachfrage sinkt.
Ein Beispiel: Wollen viele Anleger in einen DAX-ETF von Xtrackers investieren und sind nicht genügend Anteile verfügbar, werden neue erschaffen. Das geschieht, indem ein autorisierter Marktteilnehmer (Authorized Participant, kurz AP), der mit Xtrackers zusammenarbeitet, die 30 DAX-Aktien am Markt kauft. APs sind meist große Finanzinstitute, die kostengünstig und schnell am Markt agieren können.
Aus den 30 DAX-Aktien erstellen die APs dann einen Wertpapierkorb, der in der Zusammenstellung und Gewichtung dem Index entspricht. Diesen Korb übergeben sie dem ETF-Anbieter, der die Wertpapiere bei einer Drittpartei - meist einer Bank - verwahrt und dem AP im Gegenzug neue ETF-Anteile übergibt. Der AP kann die neuen DAX-ETFs nun über die Börse verkaufen.
Dieser Prozess läuft in einer gewissen Größenordnung ab. "Die Standardgröße einer Creation Unit, also eines Blocks von ETF-Anteilen, liegt in der Regel bei 50.000 Anteilen", erklärt Wiegand. Meist gibt es neue Creation Units nur, wenn große Kaufaufträge von institutionellen Investoren vorliegen. Die Nachfrage von Privatanlegern wird üblicherweise aus dem Bestand der APs - auch Market-Maker genannt - bedient. Dabei profitieren die APs von den Spreads, der Differenz zwischen An- und Verkaufskursen. Dass diese Spreads oft sehr gering sind und der Handel mit ETFs liquide, dafür sorgt der Wettbewerb unter den Market-Makern.
… und verschwindet wieder
Die Auflösung von ETF-Anteilen erfolgt auf dem umgekehrten Weg: Die APs erhalten Körbe mit DAX-Aktien zurück und geben Xtrackers dafür ETF-Anteile, die ihre Kunden verkauft haben. Auch dieser Prozess läuft für den Privatanleger im Verborgenen ab, bietet ihm aber einen großen Vorteil. Denn wer im ETF investiert bleibt, muss keine Handelskosten mittragen, die er gar nicht verursacht. Bei einem klassischen DAX-Fonds dagegen müsste der Fondsmanager viele Aktien verkaufen, sobald Anleger massenhaft Anteile zurückgeben. Und die Handelskosten belasten auch Investoren, die im Fonds bleiben. Bei ETFs sorgen die Anbieter und die Market-Maker gemeinsam dafür, dass ein liquider Handel ohne Benachteiligung bestehender Anleger stattfindet.
Vor diesem Hintergrund haben ETFs tatsächlich den Handel mit breit gestreuten Investments revolutioniert. Eine stetig wachsende Konkurrenz sorgte dafür, dass Indexfonds in den vergangenen Jahren immer günstiger wurden. Auch bei Xtrackers fielen für viele Produkte die Preise. Zugleich wurde das Geschäft radikal umgebaut. "Gestartet sind wir 2007 als Anbieter von synthetischen ETFs", sagt Simon Klein, Leiter des ETF-Vertriebs für Europa und Asien. Indexfonds dieser Art vollziehen mithilfe von Derivaten die Wertentwicklung eines Index nach.
Doch nach der Finanzkrise 2008/09 gewannen physisch replizierende ETFs zunehmend an Beliebtheit. Sie kaufen, wie zuvor beschrieben, die im Index enthaltenen Wertpapiere tatsächlich. Mittlerweile sind bei Xtrackers rund 70 Prozent der ETFs physisch replizierend. "Dazu musste eine große Abteilung für passives Portfoliomanagement aufgebaut werden", so Klein. Heute habe man als ETF-Anbieter den Anspruch, "einen guten Mix aus innovativen Produkten, günstigen Preisen und guter Abbildungsqualität der ETFs zu liefern", ergänzt sein Kollege Wiegand. Beim Thema präzise Indexabbildung brauchen sich die Frankfurter tatsächlich nicht zu verstecken, wie eine unabhängige Auswertung ergibt (s. PDF-Tabelle unten). Auch das kann einem grauen Tag einen Farbtupfer geben.
ETFs für wichtige Anlageregionen (pdf)
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