ETF-Expertin Chesworth : Clinton-Sieg ist eingepreist
06.11.16 14:00 Uhr
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Rebecca Chesworth vom ETF-Anbieter SPDR über die Folgen der Präsidenten-Wahlen für die Börse - und die Beliebtheit von Branchen-ETFs.
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€uro am Sonntag: Frau Chesworth, warum favorisieren Investoren Hillary Clinton als künftige US-Präsidentin?
Rebecca Chesworth: Die Anleger verstehen ihre Politik, sie haben Clinton schon auf internationaler Bühne agieren sehen. Die Kandidatin der Demokraten ist gut einzuschätzen, negative Überraschungen werden unter ihrer Präsidentschaft eher nicht erwartet. Die Investoren gehen davon aus, dass sich Wirtschaft und Märkte während ihrer Amtszeit so wie bisher entwickeln.
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Rechnen Sie mit einer Kursrally, wenn Clinton am 8. November tatsächlich gewinnt?
Die Aktienkurse nicht nur in den USA, sondern global dürften positiv darauf reagieren, ein anhaltender Börsenaufschwung ist deswegen aber nicht zu erwarten. Ein Sieg Clintons ist zu einem großen Teil schon in den Kursen eingepreist.
Clinton führt in den Meinungsumfragen, aber ist der erwartete Wahlgewinn schon sicher?
Nein, nicht wenige Investoren positionieren sich entsprechend dem Ergebnis, das sie gern hätten. Meiner Meinung nach werden aber die Risiken wie schon vor dem Brexit-Referendum ausgeblendet. Die Entscheidung für den EU-Austritt hat die Marktteilnehmer völlig überrascht, die Kurse gaben deutlich nach.
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Wie stark werden US-Aktien korrigieren, sollte Donald Trump wider Erwarten gewinnen?
Fünf bis sechs Prozent können es schon sein. Für die Märkte ist Trump ein Unbekannter, kein Garant für Kontinuität. Es lässt sich nicht prognostizieren, welche der im Wahlkampf gemachten Ankündigungen, etwa zu Freihandel oder Steuersenkungen, er tatsächlich umsetzen und dafür auch die Unterstützung im Kongress finden wird.
War es für die Märkte bisher besser, wenn der Präsident Republikaner oder Demokrat war?
Die Demokraten werden generell als weniger marktfreundlich als die Republikaner eingeschätzt, die Börsen sind dennoch besser gelaufen. In der ersten Amtszeit Bill Clintons legte der S & P 500 um fast 90, in der zweiten über 112 Prozent zu. Die Entwicklung wurde aber auch immer von anderen Parametern beeinflusst.
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Und zu Zeiten George W. Bushs?
In den ersten vier Jahren verlor der S & P 500 rund 16, in der zweiten Amtszeit knapp vier Prozent. In den ersten vier Jahren Obamas legte der Index wieder 55 Prozent zu, in der zweiten bislang über 60 Prozent.
Lassen sich aus Wahlaussagen der Kandidaten Branchen ableiten, die besonders profitieren?
Die Konsumbranche dürfte in jedem Fall gewinnen. Clinton will den Mindestlohn erhöhen und Steuern senken, auch Trump hat sich für Steuererleichterungen stark gemacht. Die Gesundheitsbranche dürfte leiden, unabhängig wer gewinnt. Trump will Obamacare abschaffen, Clinton hat angekündigt, Geld aus dem Gesundheitssektor abzuziehen.
Wo gibt es Unterschiede?
Clinton will erneuerbare Energien fördern, Trump setzt mehr auf traditionelle Energieträger. Für den Techsektor dürfte es sich eher positiv auswirken, wenn Clinton gewinnt.
Chancen aus Ereignissen wie der US-Wahl nutzen Investoren immer häufiger mit Branchen-ETFs. Wo liegen die Vorteile?
Neben der Tatsache, dass Branchen-ETFs im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds kostengünstiger sind, erlauben sie eine flexible Reaktion auf politische, vor allem aber konjunkturelle Entwicklungen. Die Richtung an den Märkten wird derzeit vor allem von der Makroökonomie und der Geldpolitik bestimmt. Die jeweiligen Folgen lassen sich für Branchen schneller abschätzen als für Einzelwerte
Vita:
Rebecca Chesworth ist bei SPDR, der ETF-Sparte von State Street Global Advisors, für die Analyse von Anlagethemen zuständig. Ihr Fokus liegt dabei auf Aktienstrategien, aktuell etwa im Umfeld der Wahlen in den USA.
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Bildquellen: State Street Global Advisors