Brasilien: Endlich der erhoffte Richtungswechsel!
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Der neue Präsident Temer ist im Volk unbeliebt. Wirtschaft und Investoren setzen aber große Hoffnungen in die Reformkraft des 75-Jährigen.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Michel Temer hat sein Ziel endlich erreicht. Der 75-Jährige ist neuer Präsident Brasiliens. Am vergangenen Mittwoch hat der Senat des südamerikanischen Landes mit der nötigen Zweidrittelmehrheit für die Absetzung seiner Vorgängerin Dilma Rousseff gestimmt. Vorausgegangen war ein monatelanger Machtkampf. Rousseff wurden Tricksereien bei den Haushaltszahlen und unerlaubte Kreditvergaben vorgeworfen. Seit Mai war sie zur Prüfung der Vorwürfe von ihrem Amt suspendiert.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Rousseff wies die Vorwürfe stets zurück und sprach von einem "Putsch". Noch am vergangenen Montag stand sie in einer elfstündigen Sitzung dem Senat Rede und Antwort. Vergebens. Nun also übernimmt ihr ehemaliger Vize und Interims-Regierungschef Temer das oberste Staatsamt. Er will das Land mit einer liberal-konservativen Regierung bis zur nächsten Wahl im Jahr 2018 führen.
Brasilien erlebt damit nach 13 Jahren einen Richtungswechsel. Seit 2003 war das Land von der linksgerichteten Arbeiterpartei PT regiert worden. Rousseff trat 2011 ihr Amt an und wurde 2014 wiedergewählt. Doch ihr Ansehen litt immer stärker unter Korruptionsskandalen ihrer Regierung und den Wirtschaftsproblemen des Landes.
Die will Brasiliens neuer Regierungschef Temer nun mit Reformen angehen. Sein Problem: Er ist im Volk ähnlich unbeliebt wie seine Vorgängerin. Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Rio wurde er vom Publikum ausgepfiffen. Doch der wirtschaftlichen Elite des Landes und den Investoren macht er Hoffnung. Sie trauen ihm zu, Brasilien aus der Krise zu führen. Das Land steckt in einer tiefen Rezession. Nach einem Rückgang von vier Prozent im Jahr 2015 wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr wohl um drei Prozent sinken, die Arbeitslosigkeit ist hoch und das Haushaltsdefizit auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen.
Zeit für umfassende Reformen
Temer will nun reformieren. Er hat angekündigt, eine Schuldenbremse einzuführen und das Renteneintrittsalter heraufzusetzen. Zudem möchte er den Arbeitsmarkt flexibilisieren und Anteile von Staatsunternehmen verkaufen. In welchem Umfang er diese unpopulären Schritte umsetzen kann, bleibt fraglich. "Politisch wird Temers Erfolg stark vom Wachstum des Landes abhängig sein, da er sonst Gefahr läuft, den notwendigen Rückhalt zu verlieren", urteilt Jan Hofmeister, Investmentanalyst der LBBW.Erste Anzeichen, dass sich die Wirtschaft erholt, gibt es. Dazu tragen insbesondere gestiegene Rohstoffpreise bei, die in Brasilien für höhere Exporterträge sorgen. Das und die Aussicht auf den politischen Wechsel hat den Aktienmarkt des Landes beflügelt. Seit Jahresanfang legte der Leitindex Bovespa um mehr als 35 Prozent zu. Und Brasiliens Währung, der Real, hat zuletzt deutlich aufgewertet. Gut möglich, dass das BIP-Wachstum des Landes 2017 wieder in den positiven Bereich zurückkehrt, wie es der Internationale Währungsfonds erwartet.
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