Blockchain statt Notariat?

Kommt in Deutschland bald ein digitales Grundbuch nach schwedischem Vorbild?

21.06.22 20:14 Uhr

Kommt in Deutschland bald ein digitales Grundbuch nach schwedischem Vorbild? | finanzen.net

Wer in Deutschland ein Haus kauft, kommt am Notariat nicht vorbei. In Schweden liefen unterdessen Versuche, das Grundbuch zu digitalisieren und den Hauskauf mithilfe der Blockchain zu vereinfachen. Könnte ein Blockchain-basiertes Grundbuch bald auch in Deutschland Realität sein?

• Schwedische Plattform ermöglicht Hauskauf über die Blockchain in wenigen Tagen
• Die Rechtslage gestaltet die Einführung einer solchen Plattform kompliziert - in Schweden wie in Deutschland
• Experten können sich für die nähere Zukunft eine Zwischenlösung vorstellen

Plattform aus Schweden: Digitalisierte Prozesse könnten 100 Millionen Euro jährlich einsparen

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Hauskauf über die Blockchain in nur wenigen Tagen statt mehreren Monaten - das ermöglicht ein 2017 in Schweden gestartetes Projekt: Schweden können mithilfe einer eigens dafür erstellten, auf einer privaten Blockchain basierenden Plattform in kürzester Zeit Immobilien kaufen und verkaufen. Die Plattform ermöglicht es allen beteiligten Instanzen, den Prozess zu kontrollieren. Definierte Benutzer wie etwa Banken oder das schwedische Grundbuchamt Lantmäteriet können die Transaktionen laut Informationsportal GodmodeTrader unkompliziert absegnen. Die Prognose für Einsparungen durch die digitalisierten Prozesse liege bei rund 100 Millionen Euro jährlich. Könnte eine solche Blockchain-Lösung auch für Deutschland interessant sein?

Digitales Grundbuch ist eine gute Idee - aber die Rechtslage ist eine Hürde

Die Experten sagen: Theoretisch ist ein Blockchain-basiertes Grundbuch keine schlechte Idee - aber im hochregulierten Deutschland sei es schwierig, das rechtlich zu ermöglichen. So sei es zwar denkbar, Grundbucheinträge in NFT-Form zu erstellen, die Rechtslage ist jedoch nicht einmal für Kunst-NFTs genau geklärt. Bevor also ganze Häuser als NFTs erworben werden können, muss man GodmodeTrader zufolge unbedingt die Lücken im Eigentumsrecht schließen. Abgesehen davon ist im Gesetz fest verankert, dass ein Notariat bei Grundstückstransaktionen für die Beurkundung einbezogen werden muss (Paragraf 311b BGB) - außerdem werden Käufer im Notariat ausführlich beraten und über mögliche durch die Transaktion entstehende Nachteile belehrt. Darauf, so Timothy Becker von der Berliner Tech-Agentur Turbine Kreuzberg gegenüber Haufe, könne man in Deutschland nicht so einfach verzichten.

Aufgrund der rechtlichen Lage wurde auch in Schweden das digitale Grundbuch kaum eingesetzt und "nie in das Produktionssystem des Grundbuches integriert", bestätigt ein Sprecher der schwedischen Behörde gegenüber GodmodeTrader. Es gelte zu betonen, dass das Problem nicht bei der Technik, sondern bei der Rechtslage gelegen habe.

Experten sehen keine Möglichkeit, den Gang zum Notariat auszuklammern

Funktionieren könnte ein Blockchain-basiertes Grundbuch laut Becker folgendermaßen: "Für jedes Grundstück wird ein eindeutiger Eintrag in Form eines NFT (Non-Fungible Token) auf der Blockchain erstellt. Wer Halter des Tokens ist, ist Eigentümer des Grundstücks. Wird ein Token auf einen anderen Eigentümer übertragen, dann werden so die Besitzverhältnisse überprüfbar verändert." Insbesondere Grundstücke mit einer Vielzahl individueller Bedingungen halte er für ein dezentrales Grundbuch prädestiniert, schreibt Haufe. Wie auch Professor Dr. Maximilian Zimmer, Notar und Honorarprofessor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Harz in Wernigerode, halte er in Deutschland angesichts der Rechtslage eine Zwischenlösung für am besten. Das bedeute: Blockchain ja, aber nicht ohne Notariat.

Solange aber die rechtliche Lage rund um das Thema NFTs ungeklärt ist, bleibt auch eine Zwischenlösung Zukunftsmusik.

Blockchain-basierte Immobilien-Token gibt es bereits

Was es allerdings bereits gibt, sind Investment-Token (auch: Immobilien-Token), mittels derer man in die Finanzierung von Gebäuden investieren kann und anschließend regelmäßige Dividenden erhält. Außerdem wurde 2021 das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) verabschiedet, das einen weiteren Schritt in Richtung der Integration der Blockchain in verschiedene Investmentbereiche darstellt.

Redaktion finanzen.net

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