Vermögensverwalter-Kolumne

Der Reflation Trade - steigende Inflation intelligent nutzen

25.05.21 09:08 Uhr

Der Reflation Trade - steigende Inflation intelligent nutzen | finanzen.net

Zugegeben, es sind schwierige Zeiten für Anleger: Aktienindizes erklimmen immer neue Höchststände. Wer investiert ist fragt sich, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für den Ausstieg ist. Wer es nicht ist, ob ein Einstieg noch lohnt.

Die Renditen langfristiger Anleihen sind leicht gestiegen und haben somit für Kursabschläge in den Depots der Anleger geführt. Dennoch bleibt das Zinsniveau insgesamt sehr niedrig oder gar negativ. Als echte Alternative oder Parkmöglichkeit eignen sich Anleihen also immer noch nicht.… und nicht zu vergessen: es ist Mai, der Monat in dem eine alte Börsenweisheit eher zum "weggehen", als zum Bleiben auffordert.

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Über allem steht die Hoffnung, dass Corona bald vorbei ist. In dieser Gemengelage ist eine Empfehlung für richtiges investieren auffallend oft zu hören:

Der Reflation Trade

Geprägt wurde dieser Begriff von dem amerikanischen Ökonomen Irving Fisher nach dem großen Börsencrash 1929. Beschrieben hat er damit eine Geld- und Fiskalpolitik, welche die Wirtschaft nach einer Rezession zurück auf den Wachstumspfad und die erste Phase der Erholung führen soll. Die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie mit immensen Investitionsprogrammen und die uneingeschränkte Fortführung einer Politik des billigen Geldes durch die Notenbanken kann man somit gut und gerne als Reflationspolitik bezeichnen.

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In Anlegerkreisen wird der Begriff Reflation aktuell aber anders interpretiert, nämlich als ein Kunstwort aus den Begriffen RE-covery (Erholung) und in-Flation. Anders gesagt geht es darum, mit gezielten Investments von einer sich erholenden Wirtschaft bei gleichzeitigem Anstieg der Preise zu profitieren. Die Inflation in den USA und der EU steigt. Doch die alten Verlaufsmuster, steigende Inflation = steigende Zinsen = fallenden Aktienmärkte scheinen aktuell nicht mehr zu gelten. Das Schreckgespenst Inflation ist an den Börsen mehr ein Klischee, als dass es die Investoren stark verängstigt.

Dies liegt vor allem an der Einschätzung, dass die Notenbanken, sowohl in den USA als auch in der EU, nicht mit steigenden Zinsen der Inflation entgegenwirken können, oder vielleicht auch gar nicht wollen. Die Gefahr, die aufkommende wirtschaftliche Erholung abzuwürgen ist dabei genauso ein Grund, wie die Anfälligkeit einiger südeuropäischer, hochverschuldeter Staaten. Einen angenehmen Nebeneffekt sollte man aber ebenso nicht außer Acht lassen: Schulden schmelzen quasi von alleine, wenn die Inflation höher ist als der Zins. Gut für Schuldner - schlecht für Sparer.

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Als Ausweg gegen die reale Geldentwertung bleiben Anlegern nach wie vor nur Sachwerte, vorzugsweise Aktien. Ein Reflation Trade beschreibt eine Anlagestrategie, mit der sich Investoren der vorgenannten Situation anpassen können.

Die Aktienmärkte haben sich seit dem Einbruch im März 2020 deutlich erholt. Aber nicht alle Werte haben an der breiten Erholung gleichsam profitiert. Hierzu gehören vor allem Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor, der nach wie vor stark unter den Corona Restriktionen leidet. Aber auch die sogenannten Zykliker haben Nachholbedarf und dürften sich bei einer anziehenden Konjunktur (Recovery) gut entwickeln, zumal sie von gleichzeitig steigenden Preisen (Inflation) besonders profitieren können. Hierzu zählen zum Beispiel Unternehmen aus der Finanz- und Energiewirtschaft, sowie Materialwerte. Ebenso haben Small und Mid Caps sowie Dividendenwerte mit zyklischem Wachstumspotential gute Chancen.

Wenn es zu keinen großen Rückschlägen in der Pandemiebekämpfung kommt, sondern sich im Gegenteil der positive Trend fortsetzt, sollte sich dies auch in einer weiteren, stabilen wirtschaftlichen Erholung abzeichnen, was dann zu einem großen Nachholbedarf für den aufgestauten Güter- und Dienstleistungsbedarf führen wird.

Die Chancen dafür stehen gut, denn anders als in der Finanzkrise 2008, welche die Wirtschaft strukturell bedingt einbrechen ließ, handelt es sich heute um eine Gesundheitskrise, deren Bekämpfung zwar ebenso anspruchsvoll ist, für die es aber keine grundlegenden Änderungen wirtschaftlicher Strukturen braucht.

von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.

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Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.