Spekulationen um Rauswurf

Der wahre Grund für Varoufakis’ Rücktritt

07.07.15 14:49 Uhr

Der wahre Grund für Varoufakis’ Rücktritt | finanzen.net

Der Rücktritt von Yanis Varoufakis nur einen Tag nach dem von ihm gewünschten Ergebnis beim griechischen Referendum warf Fragen auf. Medien spekulieren nun über die wirklichen Gründe.

"Minister No More!"
Mit diesen Worten stellte Yanis Varoufakis sein Amt als Finanzminister in Griechenland zur Verfügung. Einen Schuldigen hatte er ebenfalls gleich zur Hand: Einige Mitglieder der Eurogruppe hätten ihm klar gemacht, dass sie es vorziehen würden, wenn er nicht mehr an ihren Treffen teilnehmen würde, erklärte Varoufakis am Montag in seinem Internetblog. Heißt: Die Geldgeber wollen mit dem durch umstrittene Äußerungen aufgefallenen Politiker keine Verhandlungen um eine Zukunft Griechenlands und mögliche finanzielle Unterstützung führen.

Ministerpräsident Tsipras lässt seinen Minister ziehen

Sein Abschied sei von Ministerpräsident Alexis Tsipras als "potenziell hilfreich" betrachtet worden, weshalb er das Finanzministerium verlasse, so Varoufakis in seinem Internetblog weiter. Offenbar rechnet sich der Regierungschef eine bessere Verhandlungsposition aus, wenn der von den Geldgebern mit Skepsis betrachtete Spieltheoretiker Varoufakis nicht mehr an an den Verhandlungen teilnimmt.

Spekulationen um wahre Gründe

Doch nun werden Stimmen laut, dass nicht die Ablehnung der Geldgeber Varoufakis zu seinem Rücktritt veranlasst habe, sondern Tsipras selbst nach einem Grund gesucht hätte, den umstrittenen Politiker loszuwerden. Diesen hatte er möglicherweise gefunden, nachdem sein Minister am Sonntag gegenüber dem britischen "Telegraph" erstmals einräumte, dass Griechenland die Einführung einer Parallelwährung in Erwägung ziehe. Auch die Einführung von Schuldscheinen, so genannten IOUs, ziehe man in Betracht. "Das hätten wir bereits vor einer Woche tun sollen", so Varoufakis gegenüber dem Blatt. Varoufakis zufolge sei eine solche Maßnahme aber kein Vorspiel zum Austritt aus der Eurozone sondern sollte innerhalb der Währungsunion ein legales Mittel sein.
Medienberichten zufolge soll diese Äußerung für den griechischen Ministerpräsident Tsipras der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ob er seinem Minister den Rücktritt nahe gelegt oder ihn dazu aufgefordert hat - offiziell heißt es lediglich, Tsipras halte diesen für "hilfreich".

Varoufakis: Umstrittener Polit-Rockstar

In der Vergangenheit hatte Varoufakis vielfach Informationen an die Presse weitergegeben, die für Griechenlands Verhandlungsposition nicht eben hilfreich gewesen sind. Daneben schoss er auch mit direkten Verbalangriffen gegen die Gläubiger. Erst am Samstag, also einen Tag vor dem Volksentscheid in Griechenland, hatte Varoufakis harte Vorwürfe in Richtung der Griechenland-Gläubiger geschleudert: "Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen - Terrorismus", so der damalige Finanzminister gegenüber der spanischen Zeitung "El Mundo". "Warum haben sie uns gezwungen, die Banken zu schließen? Um Angst unter den Leuten zu schüren", erklärte er. "Und wenn es darum geht, Angst zu verbreiten, dann nennt man dieses Phänomen Terrorismus."
Weder bei den Gläubigern noch bei seiner eigenen Regierung kamen diese Äußerungen von Varoufakis verständlicherweise gut an. Beim griechischen Volk war und ist Varoufakis aber außerordentlich beliebt. Griechenland als "David", das gegen den übermächtigen Gegner Eurozone in der Rolle des "Goliath" kämpft - Varoufakis wurde eine Galionsfigur der Griechen. Ihn loszuwerden hätte daher wohl Tsipras‘ Stellung im griechischen Volk zumindest beschädigt. Den Gläubigern die Schuld für den Rücktritt von Varoufakis in die Schuhe zu schieben, war daher ein erstaunlich kluger Schachzug. Die Verhandlungen mit den Geldgebern können nun ohne den Störfaktor Varoufakis fortgeführt werden. Und Tsipras büßt keine Sympathiepunkte ein.

Redaktion finanzen.net

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