Bastei Lübbe: "Einmalige Chance für unser Unternehmen"

Bastei-Lübbe-CEO Thomas Schierack im Exklusiv-Interview über die Digital-Offensive der Kölner, die aktuelle Veränderung im Vorstand sowie die Refinanzierung der Unternehmensanleihe.
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Bastei-Lübbe-Vorstandschef Thomas Schierack hat nach dem überraschenden Ausscheiden von Vorstandsmitglied Jörg Plathner wieder die Leitung des wachstumsstarken Geschäftsfelds "Digital" übernommen. Spätestens im Geschäftsjahr 2018/2019 wollen die Kölner mindestens die Hälfte ihres Umsatzes digital erwirtschaften - im ersten Quartal 2015/2016 hatte sich der digitale Anteil auf 32,4 % erhöht.
Herr Schierack, das Ausscheiden von Vorstand Jörg Plathner kam überraschend. Als Grund für die Trennung wurden "unterschiedliche Ansichten im Vorstand über die strategische Weiterentwicklung des digitalen Bereichs" angeführt. Was heißt das genau?
Thomas Schierack: Trennungen auf Vorstandsebene kommen eigentlich immer überraschend. Intern hatten sich verschiedene Auffassungen aber schon seit einigen Monaten angedeutet und aufgebaut. Hinzu kamen doch sehr unterschiedliche Ansichten der Mitarbeiterführung. Und letztlich: Auch wenn die Zahlen im digitalen Bereich insgesamt erfreulich sind und wir hier ein stetiges Wachstum haben, so waren wir mit der Schnelligkeit des Wachstums hier nicht immer zufrieden.
Heißt das, dass es nun auch einen Strategiewechsel im Digitalbereich geben wird?
Ganz und gar nicht. Es findet kein Strategiewechsel statt. Warum auch? Die von uns eingeschlagene und in den letzten Monaten konsequent weiterentwickelte Strategie ist genau richtig und wird entsprechend weiterverfolgt. Was wir hoffen ist, dass wir weiter an Tempo zulegen können. Und hier gilt unser Blick den Details. Das Segment "Digital" setzt sich bei uns aus verschiedenen Bereichen zusammen. Zum einen ist das der Bereich, den wir mit unseren eBooks und sonstigen Produkten über Bastei Lübbe bearbeiten. Hinzu kommen aber auch die digitalen Umsätze unserer neuen Tochtergesellschaften, der BookRix GmbH & Co. KG und insbesondere der Daedalic GmbH. Beide Gesellschaften - aber insbesondere Daedalic - müssen in die Gesamtdigitalstrategie eingebunden werden. Hier haben wir sicherlich Optimierungsmöglichkeiten, die wir nun schnell umsetzen möchten.
Sie haben angekündigt, die Leitung des Digitalbereichs nun wieder selbst zu übernehmen. Warum ist der Digitalbereich "Chefsache"?
Eine kluge Digitalstrategie ist aus mehreren Gründen "Chefsache". Zum einen ist die Entwicklung des Digitalbereiches mit Blick auf die nächsten Jahre die wichtigste Aufgabe im gesamten Unternehmen. Denn hier hat Bastei Lübbe das größte Wachstumspotenzial. Die Welt wächst durch die Digitalisierung im Eiltempo zusammen, Inhalte werden digitaler und mit digitalen Inhalten können wir zeitnah und gleichzeitig weltweit Milliarden Menschen erreichen. Das gibt unserem mittelständischen Unternehmen die einmalige Chance, im Umbruch und Wandel zur Digitalgesellschaft national und international eine wichtige Rolle zu spielen - mit entsprechendem Umsatzpotenzial. Ich hatte den Bereich bereits bis September 2014 verantwortet und mit aufgebaut. Und auch danach habe immer ein interessiertes Auge und Ohr auf der Digitalsparte gehabt und die Weiterentwicklung des Bereiches immer unterstützt. Es liegt nahe, dass ich das Segment auch wieder übernehme und ich freue mich sehr auf diese Aufgabe. Wir suchen keinen Nachfolger für Herrn Plathner, denn ich werde das längerfristig machen. Es kann natürlich sein, dass wir uns Ende 2016 oder 2017 hier nochmals personell neu orientieren, wenn wir BEAM auf den Markt gebracht haben und auch Daedalic sein Umsatzvolumen ausgebaut hat. Aber die grundlegende Entscheidung, dass ich den Digitalbereich leiten werde, ist nun für längere Zeit gefallen.
Was sind die nächsten geplanten Schritte im Rahmen Ihrer Digital-Offensive?
Wir werden die Wertschöpfungskette "digitaler Inhalte" ausbauen und erweitern. Wir sind mit Hochdruck dabei, digitale Inhalte für den deutschsprachigen Bereich in Deutschland zu produzieren und für den englischsprachigen Bereich in England und Amerika. Ganz überwiegend handelt es sich hier um eigene Inhalte, an denen wir breit nutzbare Rechte besitzen. Die Verwertung erfolgt zum einen über unsere neue Streamingplattform BEAM. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Technik für BEAM und gehen davon aus, dass BEAM Anfang bis Mitte nächsten Jahres auf den Markt kommen wird. Gleichzeitig arbeiten wir daran, dass unsere digitalen Inhalte nicht nur im deutschsprachigen Bereich, sondern über Partnergesellschaften im internationalen Bereich ab Ende 2016 vermarktet werden können. Die digitalen Inhalte sollen einen zeitlich exklusiven Vorlauf für BEAM haben und dann eben über Partner weltweit vermarktet werden und zwar sowohl digital, wie auch als Print-Produkte.
Gibt es auch bei Daedalic solche Fortschritte?
Wir haben nach unserem Einstieg bei Daedalic die erste Entwicklungsphase abgeschlossen. Daedalic ist nun in der Lage, sämtliche Spiele für alle namenhaften Konsolen, aber auch für die immer wichtiger werdenden Smartphones, Tablets etc. entwickeln zu können. Jetzt folgt der nächste Schritt, nämlich die Realisierung starker Spielideen. Neben der Entwicklung von Games auf Basis eigener Serien sollen auch namenhafte Brands lizensiert werden. Wir erwarten dadurch in den nächsten zwei bis drei Jahren eine erhebliche Umsatzausweitung bei Daedalic. Damit beginnt aber die digitale Vernetzung unserer Produkte und die intelligente Einbindung von BEAM, Daedalic etc. erst. Wir haben bereits eine weitere Plattform-Idee für den B2B-Vertrieb digitaler Inhalte weltweit. Diese Idee werden wir Ende des Jahres bzw. Anfang nächsten Jahres vorstellen.
Welche Ziele peilen Sie mit dem Digitalbereich mittel- bis langfristig an?
Wir gehen davon aus, dass wir spätestens im Geschäftsjahr 2018/2019 mindestens die Hälfte des Umsatzes digital erwirtschaften werden. Rechnet man die nichtkonsolidierten digitalen Umsätze hinzu, dürfte der prozentuale Anteil noch höher liegen. Dies hat dann auch entsprechende Auswirkungen auf unser EBITDA, denn gegenüber klassischen Printprodukten sind im Digitalbereich deutlich höhere Margen möglich.
Der Sommer neigt sich dem Ende zu, die Vorbereitungen für das wichtige Weihnachtsgeschäft laufen bereits an. Welche neuen Highlights hat Bastei Lübbe für den Herbst des Buchjahres 2015 im Programm?
Wir sind im Herbst- und Weihnachtsgeschäft mit vielen Top-Neuerscheinungen sehr gut vertreten. In diesem Jahr bauen wir hauptsächlich auf deutsche Spitzen-Autoren. In Kürze wird der neue historische Roman von Rebecca Gablé erscheinen "Der Palast der Meere". Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft kommt dann auch der neue Thriller von Bestsellerautor Sebastian Fitzek "Das Joshua-Profil". Im Sachbuchbereich haben wir das neue Buch von Michail Gorbatschow und natürlich im Kinder- und Jugendbuchbereich den Jubiläums-Band von Jeff Kinney, Gregs Tagebuch 10 "So ein Mist!". Daneben bringen wir eine ganze Reihe weiterer spannender und lesenswerter neuer Bücher bekannter Autoren auf den Markt.
2016 steht die Refinanzierung der Unternehmensanleihe an. Wie sieht ihr Konzept aus? Planen Sie die Ausgabe einer Folgeanleihe?
Wir sind mit unserer Anleihe, die wir 2011 begeben haben, sehr gut gefahren. Mit Hilfe der Liquidität aus dieser Anleihe war es uns möglich, unsere damals gesteckten Ziele in Ruhe und ohne Druck zu erfüllen. Aber natürlich ist ein Zinssatz von 6,75 % p.a., den der Kupon dieser Anleihe hatte, kein Pappenstiel. Die Refinanzierung der Anleihe, die im Oktober 2016 zurückzuzahlen ist, werden wir nicht über eine Anleihe machen. Wir stehen kurz davor, mit unseren Hausbanken einen Konsortialkreditvertrag abzuschließen, dessen Konditionen erheblich günstiger sind, als die der Anleihe. Der Zinssatz, den wir dann für die nächsten sechs Jahre zahlen werden, wird bei etwa 2 % p.a. liegen. Wir dürften hier nahezu 1,5 Mio. Euro jährlich an Zinszahlungen einsparen mit entsprechender Wirkung auf das Ergebnis.
Die Bastei-Lübbe-Aktie notiert deutlich unter dem von Analysten errechneten fairen Wert von über 10 Euro. Sie selbst haben jüngst weitere Bastei-Lübbe-Aktien erworben. Warum kommt die Aktie nicht wirklich vom Fleck?
Keine Frage, wir sind mit der Kursentwicklung überhaupt nicht zufrieden. Aber man muss das auch im Kontext des starken Kursverfalls der gesamten Märkte in den letzten Tagen sehen. Über längere Zeit betrachtet, waren wir vom errechneten fairen Wert vieler Analysen von 10 Euro selbst in "guten Zeiten" ein gutes Stück, nämlich rund 1,50 Euro entfernt. Viele potenzielle Anleger sehen in der Bastei Lübbe AG immer noch den Romanheftverlag, der wir vor Jahrzehnten sicher waren. Und in der Tat sind sie die Keimzelle unseres Erfolges und auch heute noch sehr erfolgreich. Aber Romanhefte stehen nicht symbolisch für unsere digitale Zukunft und eine prosperierende Aktie. Hier müssen wir Überzeugungsarbeit leisten, unsere neuen Ideen und Produkte in den Vordergrund stellen und beweisen, dass unsere Digital-Strategie, die letztendlich die Idee der Romanhefte aufgreift und digital weltweit weiterführt, erfolgreich ist. Die Zahlen und das Wachstum zeigen das jetzt schon. Und das müssen wir Investoren näherbringen. Ich bin mir sicher, dass wir dann nicht nur den fairen Wert von 10 Euro "knacken werden", sondern darüber hinaus liegen werden.
Der Markt hat die Bastei Lübbe-Aktie in den vergangenen Tagen stark gedrückt. Offenbar schlagen die aktuelle "China-Hysterie" und die Angst vor der Konjunkturschwäche im asiatischen Kernmarkt stark auf Ihr Unternehmenspapier durch. Ist das berechtigt?
Ganz im Gegenteil. Wir haben aktuell überhaupt kein China-Risiko und werden es auch in Zukunft nicht in hohem Maße haben. Richtig ist, dass wir insbesondere über unsere Beteiligung, die Streaming-Plattform BEAM, international wachsen wollen und dass auch China hier ein wichtiger Markt für BEAM ist. Aber wir bedienen damit parallel alle wichtigen Märkte, die USA und Nordamerika ebenso wie Südamerika oder Europa. Mit anderen Worten: Es gibt kein Klumpenrisiko, das wir fürchten müssen, sondern nur ein enormes Potenzial für zusätzliche hohe Umsätze in einem Markt mit Milliarden-Bevölkerung und einem extrem hohen Anteil an digitalen Ausgabegeräten wie Smartphones und Tablets. Selbst wenn es also zu einer Konjunkturdelle in China kommen sollte - wir sind sicher, dass auch dort zum einen immer gelesen wird und zum anderen wir wirklich spannende Inhalte für diesen attraktiven chinesischen Markt liefern können und damit steigende Nachfrage produzieren.
Herr Schierack, vielen Dank für das Interview.
Haftungsausschluss/Disclaimer: Das aktuelle Interview dient ausschließlich zu Informationszwecken. Die Meinungen und Aussagen der Interviewpartner spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich diejenige des Interviewpartners. Das Interview ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keinerlei Haftung übernommen.
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Bildquellen: Oliver Favre
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24.03.2015 | Bastei Lübbe Kaufen | GSC Research GmbH |
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24.03.2015 | Bastei Lübbe Kaufen | GSC Research GmbH |
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