Investmentchancen: Wo das Wachstum der Zukunft ist
Der größte Teil der europäischen Länder ist der Rezession entkommen, die USA wachsen auf niedrigem Niveau, in den BRIC-Staaten verlangsamt sich die Konjunktur. Da lohnt ein Blick in die Grenzmärkte.
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von Michael Levy, Gastautor von Euro am Sonntag
Wirtschaftliches Wachstum ist rar. Da die Schätzungen für die Wachstumsraten der entwickelten Volkswirtschaften für die kommenden fünf bis zehn Jahre bestenfalls stagnieren und Schwellenländer nicht mehr in dem Genuss des hohen Expansionstempos wie vor zehn Jahren sind, fragen sich viele Anleger, was sie als Nächstes tun sollen.
Frontier-Märkte, oft auch als Grenzmärkte bezeichnet, könnten die Antwort darauf sein. In einer im Jahr 2011 durchgeführten Studie unternahm die Citigroup eine tief gehende Untersuchung zu den wahrscheinlichen langfristigen Wachstumsraten der Volkswirtschaften weltweit bis 2050. Für Industrieländer schätzten sie eine Wachstumsrate von durchschnittlich 2,1 Prozent pro Jahr. Für aufstrebende Volkswirtschaften - allen voran Brasilien, Russland, Indien und China - betrug die entsprechende Rate 4,4 Prozent. Für Frontier-Märkte schätzte die Citigroup jedoch ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 5,8 Prozent für die kommenden Jahrzehnte. Dies deutet darauf hin, dass Frontier-Märkte das zukünftige Wachstumsumfeld darstellen.
Drei Faktoren sind für diese Entwicklung im Wesentlichen verantwortlich. Als Erstes die positive Demografie und die Städtebauentwicklung. Der Bevölkerungszuwachs aller Grenzmärkte übersteigt den der aufstrebenden und entwickelten Welt bei Weitem. Die Bevölkerungen der Grenzmärkte sind jung und die Abhängigkeitsquotienten niedrig, da es in diesen Ländern im Verhältnis wesentlich mehr arbeitende Menschen gibt als solche, die sich außerhalb des erwerbsfähigen Alters befinden und somit möglicherweise auf Unterstützung angewiesen sind.
Grenzländer bieten auch
langfristig hohe Zuwachsraten
Darüber hinaus ziehen Arbeiter auf der Suche nach Beschäftigung von den ländlichen in städtische Gebiete und tragen zu einem produktiveren Arbeitskräftepotenzial bei. Diese positive Entwicklung wird durch die jüngste Recherche von Renaissance Economics unterstützt, die sich in ihrer Analyse auf Daten der Vereinten Nationen beruft. Renaissance Economics fand heraus, dass die Anzahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter im Zeitraum von 2015 bis 2020 in tendenziell entwickelten Volkswirtschaften zurückgeht, einschließlich in Ländern wie Großbritannien und den USA.
Im Gegensatz dazu liegen auf den ersten zehn Plätzen mit Zuwachsraten Länder, die ausnahmslos den Grenzländern angehören, angeführt von Ruanda, Sambia und Simbabwe. Wenn man jetzt noch den Städtebau berücksichtigt, da Arbeiter und Angestellte auf der Suche nach einer einträglichen Erwerbstätigkeit vom Land in die Städte umziehen, sollten die Auswirkungen für die produktiven Wirtschaftsaktivitäten förderlich sein, und zwar nicht nur dieses oder nächstes Jahr, sondern auch auf lange Sicht.
Großes Potenzial nicht nur
für Finanzdienstleister
Der zweite und damit verbundene Faktor ist der schnelle Wandel, der in Frontier-Ländern spürbar ist, da die erwähnten neuen Arbeiter in den Arbeitsmarkt eintreten und die durchschnittlichen Einkommen steigen. Mit den höheren nicht zyklischen Konsumausgaben geht das Interesse an Konsumgütern wie Fernsehern und Autos einher, genauso wie ein beträchtliches Potenzial für den Finanzdienstleistungssektor, da die einzelnen Personen Bankkonten eröffnen und mit dem Sparen für die Zukunft beginnen.
Gemessen an Statistiken etwa zu Autos im Privatbesitz pro 1.000 erwachsene Einwohner für entwickelte Volkswirtschaften, aufstrebende Volkswirtschaften und für Frontier-Märkte, zeigt sich deutlich, dass sich das Konsumverhalten in Grenzmärkten im Vergleich zu anderen Regionen in einer noch frühen Entwicklungsphase befindet.
Im Vergleich zu den Schwellenländern bietet auch das Verhältnis der Verschuldungsgrade privater Haushalte zum Bruttoinlandsprodukt für Frontier-Märkte zwischen 2000 und 2010 Grund für Optimismus. Dies veranschaulichen sowohl die Stärke der inländischen Bilanzen der Grenzmärkte, hervorgerufen durch wesentlich niedrigere Darlehensvolumina im Verhältnis zur Größe der Wirtschaft, als auch das Wachstumspotenzial, das der Finanzdienstleistungssektor birgt, wenn man von einem ähnlichen Entwicklungsmuster ausgeht, wie es bei den aufstrebenden Volkswirtschaften der Welt zu sehen war.
Der dritte Punkt sind natürliche Ressourcen. Frontier-Märkte haben viel davon und sind auch reich an Land und Arbeitskräften. Die Ressourcen reichen von Öl und Eisenerz bis zu Kupfer und Gold und bieten Investitionsgelegenheiten für Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind. Sie helfen auch bei der Finanzierung der hohen Investitionen in Infrastruktureinrichtungen, die zur Unterstützung des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums benötigt werden.
Frontier-Aktienmärkte offerieren Anlegern aufgrund der Aktienkursbewertungen, die sich unserer Ansicht nach auf attraktiven Niveaus befinden, ein gutes Risiko-Ertrags-Verhältnis und der MSCI-Frontier-Markets-Index bietet eine erheblich höhere Dividendenrendite und Eigenkapitalverzinsung als der MSCI-Emerging-Markets-Index.
Niedrige Korrelation mit
den entwickelten Märkten
Unserer Erfahrung nach weisen Frontier-Märkte üblicherweise aus zwei Gründen eine höhere Eigenkapitalrendite auf. Erstens aufgrund höherer relativer Wachstumsraten und Opportunitäten, die bei Volkswirtschaften in einem frühen Entwicklungsstadium vorhanden sind. Zweitens aufgrund der Tatsache, dass Wettbewerbsvorteile einen enormen Einfluss haben können und länger bestehen bleiben, als es bei Schwellen- oder Industrieländern der Fall ist. Darüber hinaus ist die Dividendenrendite aufgrund der Überkapitalisierung in den Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats sowie des notwendigen Wettbewerbs zu relativ renditestarken inländischen Rentenmärkten tendenziell höher.
Aufgrund der niedrigen Korrelationen mit entwickelten und aufstrebenden Aktienmärkten sowie der niedrigen Korrelationen der Länder untereinander glauben wir, dass Anleger mit langfristiger Perspektive einen gewissen Beimischungsgrad der Anlageklasse ernsthaft berücksichtigen sollten.
Zur Person:
Michael Levy,
Investment Manager
bei Baring Asset
Management
Levy ist Fondsmanager des Baring Russia Fund und Baring Frontier Markets Fund und betreut die Investmentregionen EMEA & Global Frontier Markets Equity. Er arbeitet seit 2012 bei Barings und war zuvor 17 Jahre bei Alliance Bernstein in verschiedenen Funktionen in den Bereichen Fondsmanagement und Research tätig. Levy hat an der Universität in Manchester Economics and Social Studies studiert und hat einen Bachelor (Hons.).
Als weltweit internationales Investmenthaus bietet Baring Asset Management Investmentlösungen für alle wichtigen Märkte - für institutionelle ebenso wie für private Anleger. Investiert wird in Aktien und Renten in Industrieländern und an Emerging Markets. Barings verwaltete per Ende Mai 2014 ein Vermögen von 44,4 Milliarden Euro.
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