Eine Herbstrallye steht vor der Tür! (Gründe 4 und 5)
In meiner gestrigen Kolumne habe ich Ihnen gezeigt, dass aktuell an der Börse so viel Pessimismus herrscht wie selten zuvor ...
... und wie stark die Ergebnisse der Unternehmen in den letzten Quartalen die Ergebnisse der Analysten schlugen. Zudem erklärte ich Ihnen warum ich aktuell soviel Übernahme- und Aktienrückkauffantasie sehe wie selten zuvor.
Heute werde ich Ihnen zwei weitere Gründe nennen, die für eine Herbstrallye sprechen.
Grund 4: Aktien sind aktuell die attraktivste Anlageklasse!
Die Konsumenten des Westens leiden unter einer Rekordverschuldung und der öffentliche Sektor ist auf dem besten Weg in eine Schuldenkrise. Obwohl Unternehmen (exkl. Banken) die einzigen Wirtschaftsakteure sind, die in den vergangenen 10 Jahren vernünftig agierten und ihre Bilanzen entgifteten, schenken Anleger ausgerechnet der Entwicklung der Unternehmensgewinne nur wenig Vertrauen. So notieren sowohl der MSCI World (KGV10e =12,8), der MSCI Emerging Market (KGV10e =11,5) als auch der MSCI Frontier Market Index (KGV10e =9,2) unter ihrem historischen Bewertungs-Schnitt und die Renditen am Anleihenmarkt fallen gleichzeitig ins Bodenlose.
Die Folge: die Diskrepanz zwischen den am Aktienmarkt zu erzielenden Renditen und den Renditen am Anleihen- und Geldmarkt wird immer größer. Mittlerweile liegt nicht nur das Verhältnis der sogenannte Gewinnrendite (inverses KGV) von Aktien zu der Rendite von amerikanischen Staatsanleihen auf einem Allzeithoch, sondern Aktienanleger können auch einen rekordhohen Renditeaufschlag zu Unternehmensanleihen mittleren Risikos erzielen (Anleihen mit Baa-Rating). Gleichzeitig bringt Festgeld fast keine Zinsen mehr und liegen in den meisten Industrieländern die krisenerschütterten Immobilienmärkte danieder.
Wie attraktiv Aktien derzeit im Renditevergleich verschiedener Anlageklassen sind zeigt ein außergewöhnlich seltenes Phänomen: Mit 2,8% übertrifft die aktuelle Dividendenrendite des MSCI All Country Index die Rendite von „risikofreien“ Anleihen (Rendite 10 jähriger US-Treasuries = 2,5%) deutlich. Dieses Phänomen erlebten wir in den vergangenen 20 Jahren nur einmal in der Periode von Oktober 2008 bis April 2009, also unmittelbar vor der kräftigen Börsen-Rallye vom Sommer 2009!
Grund 5: Die Zinsen werden lange niedrig gehalten!
Fundamental gibt es nur ein Szenario, in dem eine höhere Dividendenrendite bei Aktien wie bei 10-jährigen Staatsanleihen zu rechtfertigen wäre: Wenn eine dauerhafte Konjunkturkrise (Deflation) die Gewinne und Dividenden von Unternehmen für 10 Jahre einfriert oder gar zum schrumpfen bringt. Für die USA mag man sich dieses Szenario mit Blick auf die mittlerweile 2 verlorenen Dekaden in Japan noch vorstellen können, doch womit erklärt sich dann, dass mittlerweile auch die durchschnittliche Dividendenrendite in der von der Bankenkrise weitestgehend verschonten Wachstumsregion Asien mit 2,5% die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen erreicht hat?
Neben dem Faktor „Angst“ kann nur die Manipulation des Anleihenmarktes, also die Quantitative Easing Politik der vier Zentralbanken FED, EZB, Bank of Japan und Bank of England, eine Erklärung für das Phänomen sein. Solange die Zentralbanken der Industrieländer die Nullzins-Politik nicht aufgeben werden also die Renditen von Staatsanleihen und Festgeld niedrig bleiben und die wesentlich höheren Renditen von Aktienanlagen in den Wachstumsregionen der Welt (insb. Asien) gewinnen für Anleger zunehmend an Attraktivität. Und somit wird die verbreitete Furcht vor einem „Double Dip“, also einer zweiten Rezession in den Industrieländern, selbst zu einem der stärksten Gründe für eine Börsenrallye: Die Prognose für ein Ende der Nullzinspolitik verschiebt sich durch diese Sorgen immer stärker nach hinten und ein Ende der Liquiditätsflut ist nicht in Sicht!
Mein Fazit: Das Umfeld für eine Herbstrallye könnte kaum besser sein, denn die zwei wichtigsten Nährböden für Börsengewinne sind an den Märkten aktuell im Überfluss zu finden: Angst und Liquidität. Zudem könnten sich im Herbst Analystenaufstufungen, Übernahmespekulationen und Aktienrückkaufprogramme häufen, denn die Unternehmen sitzen auf hohen Barmittelbergen und die Markt-Bewertungen sind attraktiv. Ich plane daher die ohnehin sehr hohe Investitionsquote meiner beiden Emerging Markets Trader Musterdepots im September weiter zu erhöhen!
Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH i.G. übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.