Chinesische Solaraktien - Ist der Euro-Schock zu verdauen?
Als ich im März im Emerging Markets Trader unter dem Titel „Solarbranche - Vorsicht: Im zweiten Halbjahr beginnt die heiße Phase!“ ...
... die Chancen in der chinesischen Solarbranche beleuchtete schrieb ich meinen Lesern, dass ich „für die Musterdepots mit einem Einstieg in der Branche“ immer noch abwarte, denn die Unternehmen hätten den „Lackmustest“ noch vor sich.
Der Grund waren neben den hohen Überkapazitäten in der Solarzellenproduktion die Subventionskürzungen in Deutschland. Diese würden nicht zuletzt wegen dem Vorzieheffekt von Anlagenkäufen zu einem raschen Preisverfall im zweiten Halbjahr von 2010 führen.
Doppelter Schock durch die Eurokrise!
Als hätte die Branche in den kommenden Monaten nicht schon genug Probleme: nun zieht auch noch ein Gewitter über die Branche hinweg mit dem sie nicht planen konnte. Die Eurokrise trifft chinesische Solarunternehmen auf zwei Fronten gleichzeitig. Einerseits ist Europa für 73% der Nachfrage von Solarmodulen verantwortlich (Basis: 2009) und nun droht auf diesem mit Abstand wichtigsten Markt eine neue Subventions-Kürzungswelle.
Andererseits haben chinesische Solarunternehmen durch den Euro-Crash innerhalb von nur 6 Monaten knapp 20% ihres Kostenvorteils gegenüber europäischen Konkurrenten verloren. Problematisch ist in dieser Hinsicht weniger, dass einige Konkurrenten chinesischer Solarunternehmen aus Europa stammen (Q-Cells, Solarworld, Conergy, etc.), denn unter den 10 größten Solarzellenherstellern der Welt ist ohnehin nur noch ein europäisches Unternehmen (Q-Cells) und andere asiatische und amerikanische Hersteller haben genau so unter der Eurokrise zu leiden wie SunTech, Yingli, Trina und co. Problematisch ist vielmehr, dass es in Europa nicht möglich ist die höheren Kosten an den Kunden weiter zu geben. Da der Photovoltaik-Markt immer noch ein künstlicher Markt ist bestimmt die Politik über die Subventionen den Preis und der ist für alle nicht-europäischen Solarzellenhersteller in kurzer Zeit um 20% gefallen.
Ich erwarte rote Zahlen bei fast allen Herstellern!
Die Folge des dreifachen Schocks sind vorprogrammiert: Die Gewinnmargen werden schlagartig fallen und im dritten Quartal könnten selbst die wettbewerbsfähigsten chinesischen Solarunternehmen in die Verlustzone gleiten. Der Konsolidierungsprozess der Branche wird dadurch zusätzlich beschleunigt und hoch verschuldeten Unternehmen wie LDK Solar (in den nächsten 12 Monaten muss LDK Solar Kredite in Höhe von mehr als 1 Mrd. USD erneuern!) droht gar die Pleite.
Anlass für verhaltene Hoffnung gibt derzeit wenigstens die politische Entwicklung in Deutschland und in den USA. So hat einerseits der deutsche Bundesrat der für Juli geplanten Subventionskürzung eine Absage erteilt und steigt mit Blick auf die fürchterliche Ölkatastrophe im Golf von Mexiko die Chance, dass der US-Senat die Blockade von Barack Obamas Klimapolitik aufgibt. Chinesische Solarunternehmer können zudem darauf hoffen, dass die bevorstehende Absatzkrise in Europa die eigene Regierung dazu veranlasst, die während der Finanzkrise für 2008/09 geschmiedeten Rettungspläne für die Branche wieder aus der Schublade zu holen.
Mein Fazit: Ich rechne mit mehreren katastrophalen Quartalsergebnissen von chinesischen Solarunternehmen. Da Chinas Regierung die Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts nicht untergehen lassen wird und die USA nach der Ölkatastrophe von BP zu einer treibenden Kraft im Solarsektor werden können halte ich im Emerging Markets Trader trotzdem die Augen für Einstiegschancen offen.
Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.