Emerging-Markets-Trader Gerhard Heinrich

5 Jahre Börsen-Rallye - Wo ist jetzt noch was zu holen?

04.06.14 11:24 Uhr

5 Jahre Börsen-Rallye - Wo ist jetzt noch was zu holen? | finanzen.net

Seit mehr als fünf Jahren klettern die Aktienmärkte nun schon steil nach oben.

An der deutschen Börse und an der Wall Street wurden inzwischen sogar neue Kursrekorde erreicht. Viele Investoren stellen sich jetzt aber die Frage, ob es nicht schon zu spät ist, um Aktien zu kaufen.

Natürlich hat sich die Wirtschaft in den USA und in Europa seit der Finanzkrise etwas erholt. Allerdings wird an den Börsen bekanntlich die Zukunft gehandelt. Und hier besteht die Gefahr, dass die erhofften guten Nachrichten der kommenden Jahre bereits in den hohen Aktienkursen enthalten sind. Soll man also nach fünf Jahren Börsenrallye jetzt noch investieren. Und wenn ja - wo?

Demnächst Verluste mit deutschen Aktien?

Das Finanzportal gurufocus.com hat sich die Mühe gemacht, das mögliche Kurspotenzial verschiedener Börsen für die nächsten Jahre zu errechnen. Die Prognose basierte auf drei wichtigen Kennzahlen. Herangezogen wurde das Wirtschaftswachstum der jeweiligen Länder, die Dividenden-Rendite, die die dortigen Börsen abwerfen, und zuletzt noch, wie stark die Bewertung der Aktien von ihrem langjährigen Durchschnitt abweicht. Dadurch erhält man einen groben Richtwert, wie sich die verschiedenen Aktienmärkte demnächst entwickeln könnten.

Die Ergebnisse sind frappierend: Gurufocus.com geht davon aus, dass Anleger mit US-Aktien mittelfristig jetzt nur noch 2 Prozent Rendite pro Jahr erzielen werden. Mit deutschen Aktien sind sogar Verluste wahrscheinlich. Ganz anders sieht es dagegen mit Titeln aus den Emerging Markets aus. So rechnet Gurufocus für indische Aktien mit einer Durchschnitts-Performance von 17,7 Prozent pro Jahr. Brasilianische Aktien wiederum können 17,8 Prozent pro Jahr einbringen, russische Aktien 28,9 Prozent und chinesische Aktien sogar 36,4 Prozent!

Aktien aus Russland und China enorm günstig

Die Gurufocus-Prognosen sind nicht von der Hand zu weisen. Immerhin haben sich die Börsen der Schwellenländer in den letzten Jahren eher unterdurchschnittlich entwickelt. Die dortigen Aktien sind deshalb inzwischen viel niedriger bewertet als die Papiere, die man an den westlichen Börsen bekommt. Stark unterbewertet sind etwa chinesische Aktien, die es zurzeit nur auf ein durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,9 bringen. Und russische Aktien sind sogar mit einem KGV von lediglich 6,4 zu haben.

Auch wenn man die Schwellenländer-Börsen insgesamt betrachtet, ergibt sich ein erstaunliches Missverhältnis. Der MSCI Emerging Markets Index weist aktuell nur ein Durchschnitts-KGV von 10,8 auf. Dagegen sind die Papiere aus dem MSCI World Index bereits mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 bewertet. Legt man also die Gewinne der Unternehmen zugrunde, dann sind die Aktienmärkte weltweit bereits 38 Prozent teurer als die Wertpapiere aus den Schwellenländern.

Startschuss für die nächste Rallye

Das Beste daran ist allerdings, dass die Börsen der Emerging Markets jetzt damit begonnen haben, diesen Abstand wieder aufzuholen. Allein im Mai ist der MSCI Emerging Markets Index um knapp 4 Prozent gestiegen. Das war gleichzeitig der vierte Monat in Folge, der unterm Strich Kursgewinne erbrachte. Selbst bei russischen und ukrainischen Aktien, die wegen der Ukraine-Krise hart abgestraft wurden, ging es im Mai wieder zweistellig nach oben. Und dennoch sind die Schwellenländer-Börsen immer noch günstig - und die mittelfristigen Wachstumsaussichten dieser Länder sind besser als im Westen.

Ich bin davon überzeugt, dass an den Börsen der Schwellenländer die Aufholjagd bereits begonnen hat. Anleger tun gut daran, jetzt wieder verstärkt auf Aktien der Emerging Markets zu setzen.

Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.