DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

Korrektur bei Russland-Aktien beendet?

12.04.12 12:08 Uhr

Korrektur bei Russland-Aktien beendet? | finanzen.net

Denkt man an den russischen Aktienmarkt, so fallen einem sofort die Schwergewichte der Rohstoffbranche wie Gazprom, Lukoil und Rosneft ein – nach wie vor zu Recht.

Die russische Börse ist immer noch von Rohstoffaktien dominiert, auch wenn mit der Sberbank ein Finanzinstitut in Bezug auf die Gewichtung im Index RDX nicht mehr weit hinter Gazprom rangiert. Zwar sind die Schwergewichte unter den russischen Aktien Profiteure der hohen Ölpreise, doch so richtig in Schwung kommt auch die russische die Wirtschaft erst, wenn die Weltkonjunktur wieder brummt – und diese wird von den hohen Ölpreisen gebremst.

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Die russische Wirtschaft wächst langsamer, aber sie wächst!

Auch die russische Wirtschaft bekommt also die holprige Erholung der Weltwirtschaft zu spüren. Erst am Montag revidierte das russische Wirtschaftsministerium die Wachstumsprognose für 2012 von 3,7 auf 3,4 Prozent nach unten. 2011 ist das russische BIP um 4,3 Prozent gewachsen. Grund sind die schwächer als erwarteten Investitionen. Getragen wird der Aufschwung vor allem vom privaten Konsum, der zum einen vom stärkeren Rubel begünstigt wird und zum anderen von der Politik Wladimir Putins. Die Einlösung seiner Wahlversprechen wird für steigende Einkommen aufgrund höherer Besoldung führen. Mit fast 143 Millionen Einwohnern ist der russische Binnenmarkt ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Das wird hierzulande oft vergessen.

Die Abhängigkeit von Öl und Gas soll sinken

Immerhin: Viele Länder in Europa wären heilfroh, wenn sie um 3,4 Prozent wachsen würden. Für einen Emerging Market wie Russland liegt diese Wachstumsrate dennoch eher am unteren Rand der Möglichkeiten. In Russland hat man die Abhängigkeit vom Öl- und Gassektor erkannt. Auch der Staatshaushalt ist auf Gedeih und Verderb mit dem Ölpreis verbunden. Moskau will daher langfristig andere Industriezweige fördern. Doch auch die schon als exzessiv zu bezeichnende Ausgabenpolitik Putins wird die Gewichte in der russischen Wirtschaft verschieben. Soldaten, Polizisten, Beamte, Ärzte und andere Berufsgruppen sollen deutlich mehr Geld bekommen. Die Armee steht vor einem gigantischen Aufrüstungsprogramm. Das alles kostet viel Geld, das auf die eine oder andere Weise der Öl- und Gassektor bezahlen wird. Solange der Ölpreis hoch bleibt, geht diese Rechnung auf. Langfristig wird dies die Struktur der russischen Wirtschaft weiter verändern und den Einzelhandel, die Logistik und die Investitionsgüter begünstigen – auf Kosten der großen Ölkonzerne. Doch das wird natürlich nicht von heute auf morgen geschehen.

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Fazit

Russische Aktien sind auf dem aktuellen Kursniveau günstig bewertet – auf Basis der 2012er Gewinnschätzungen mit einem KGV von rund sechs sogar niedriger als Aktien aus so manchen Pleiteländern. Kurzfristig kann der Aktienmarkt weiter korrigieren, langfristig sind die Aussichten für russische Aktien jedoch auch im aktuell unsicheren weltwirtschaftlichen Umfeld gut.

Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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