MARKT-AUSBLICK/DAX auf dem Weg zu Allzeithoch
Von Manuel Priego Thimmel
DOW JONES--Wer hätte das gedacht? Nachdem der DAX anlässlich des Trump'schen "Liberation Day" am 2. April auf unter 19.000 Punkte abgestürzt war, nimmt er einen Monat danach schon wieder Anlauf auf das Allzeithoch bei 23.476. Hauptgrund dafür ist das Zurückrudern von US-Präsident Donald Trump im Handelskrieg mit dem Rest der Welt. Zumindest ist seine Tonlage inzwischen konzilianter - wohl auch in Erkenntnis des bereits angerichteten Schadens. Daneben hat Trump seine Attacken auf Fed-Chairmann Jerome Powell eingestellt. Damit scheint die Unabhängigkeit der US-Notenbank zumindest bis auf Weiteres gesichert. Last but not least, hat der bislang bessere Verlauf der Berichtssaison für das erste Quartal die Kurse zuletzt gestützt.
"Was tief fällt, kann wieder hoch steigen und vielleicht sogar noch höher. Jetzt steht nur noch ein kleiner psychologischer Widerstand in Form der 23.000er-Marke im Weg des DAX zum Rekord", heißt es bei Robomarkets. Auch wenn viel für eine größere Verschnaufpause spreche: "Bei vielen, die an den tiefroten Tagen im April in Panik verkauft haben, klafft nun... (eine) Renditelücke von bis zu 20 Prozent", so die Analysten. Sie könnte die Angst, weitere Kursgewinne zu verpassen, früher oder später in den Markt zwingen und die Kurse weiter nach oben treiben.
Quer durch alle Anlageklassen ist die Erleichterung darüber zu spüren, dass sich jetzt auch in Peking die Türen zu öffnen scheinen für Gespräche über Zollabkommen mit den USA. Es dürfte nach Einschätzung von Robomarkets also nur eine Frage der Zeit sein, wann die 145 bzw 125 Prozent Zoll ganz vom Tisch sind. "Am Ende sollten zwar sehr viel niedrigere, aber immer noch leicht höhere Zölle als zuvor stehen, aber die Planungssicherheit der Unternehmen wäre wieder gegeben."
Bleibt die Frage, wie es im Konflikt zwischen Trump und der US-Notenbank weitergeht. Zunächst dürfte die Fed in der kommenden Woche entgegen dem Willen von Trump die Leitzinsen nicht senken, sondern bestätigen. Ob dies dann Trump wieder auf den Plan ruft, wird man sehen müssen.
Auslöser dafür, dass Trump in Sachen Powell und US-Notenbank einen Rückzieher gemacht hat, dürften nach Einschätzung der Commerzbank vor allem die Finanzmärkte gewesen sein. Kurseinbrüche hätten ihren Eindruck auf Trump nicht verfehlt. "Ein direkter Angriff des Präsidenten auf die Unabhängigkeit der Fed würde aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Einbruch der Rentenmärkte führen. Denn dann müssten die Finanzmarktakteure davon ausgehen, dass die Kontrolle der Inflation künftig nur noch eine nachgeordnete Rolle spielt", so die Analysten. Die Märkte würden dann sicher erheblich höhere Inflationserwartungen einpreisen, die Anleiherenditen würden also deutlich steigen.
Die Commerzbank rechnet vor, dass ein Anstieg der US-Kapitalmarktzinsen um 1 Prozentpunkt bei einem Schuldenstand von 30 Billionen Dollar mittelfristig 300 Milliarden Dollar im Jahr an zusätzlichen Zinsen kosten - immerhin 6 Prozent der für dieses Jahr zu erwartenden Einnahmen der US-Bundesregierung. Gleichzeitig würde dem Dollar ein weiterer Vertrauensverlust drohen. Dies wiederum würde das Risiko einer Zahlungsbilanzkrise - bislang undenkbar für die USA - erhöhen.
Mit dem Nachlassen der Zollspannungen und der Attacken auf die US-Notenbank hatten die Anleger wieder Muße, sich der Berichtssaison für das erste Quartal zuzuwenden. Und auch hier gibt es tendenziell positive Nachrichten. Nachdem knapp ein Drittel der Unternehmen aus Europa Zahlen vorgelegt hat, stellen die Analysten von Morgan Stanley fest, dass die Umsätze zwar leicht enttäuscht hätten, die Ergebnisse im Schnitt aber 23 Prozent besser als erwartet ausgefallen seien. Wermutstropfen seien die zurückhaltenden Ausblicke der Unternehmen, die Anleger hofften aber vermutlich darauf, dass sich diese nach einer Einigung im Zollstreit schneller wieder aufhellen werden.
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May 02, 2025 06:04 ET (10:04 GMT)