Geld machen mit der Frauenquote - Fonds kreieren 'Fräuleinwunder'
Die Finanzbranche ist kreativ, wenn sie an das Geld der Anleger kommen will: Nach Waldfonds, Demografiefonds oder Kitafonds legen die Strategen nun vermehrt "Frauenfonds" auf.
In den Prospekten werden sie Genderfonds genannt - zu deutsch Geschlechterfonds. Anleger sollen darüber in Unternehmen investieren können, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Frauen im Top-Management haben. Das wiederum, so werben die Fondsgesellschaften, sorge für bessere Geschäftsergebnisse und höhere Kurse. Doch dieser Ansatz wird unter anderem auch von weiblichen Finanzexperten kritisch hinterfragt.
Seit 22. April berechnet die Börse Hannover den German Gender Index, der 50 Aktien deutscher Unternehmen mit einem "ausgewogenen Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Führungskräften in Vorstand und Aufsichtsrat" umfasst, wie die Börse selbst beschreibt. Genauso lange wie den German Gender Index gibt es auch den Ampega GenderPlus Aktienfonds. Der Vermögensverwalter Robeco bringt in Kürze einen global anlegenden Frauenfonds auf den Markt.
Den Weg für diese Formen der Anlage hat die bundesdeutsche Politik mit dem "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" geebnet. Unter anderem müssen etwa 100 Großunternehmen ab 2016 eine Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten umsetzen.
In den USA hingegen können Anleger schon seit langem mit harten Dollars in Frauenfonds investieren. "Studien beweisen, dass Unternehmen mit einem größeren Frauenanteil im höheren Management mehr Renditen und weniger Volatilität sowie einen stärkeren Fokus auf Kunden haben. Zudem sind sie innovativer und langfristig orientierter. Deswegen sollten sie mit der Zeit auch höhere Aktienrenditen erzielen", wirbt Sallie Krawcheck, ehemalige Chefin der Investmentbanken Smith Barney und Merrill Lynch, für den Pax Ellevate Global Women's Indexfonds. Kurzum: Der perfekte Homo oeconomicus hat zwei x-Chromosomen.
Ganz neu ist die Anlageidee auch in Deutschland nicht. In der hiesigen Finanzwelt gilt die Diskriminierung von Frauen als Ausschlusskriterium bei verschiedenen nachhaltigen Anlagestrategien. "Dies gehört zum Bereich Unternehmensführung und ist seit mindestens fünf Jahren ein Thema", erläutert Dominik Benedikt, Nachhaltigkeitsexperte beim Vermögensverwalter Erste Asset Management.
Den reinen Effekt eines höheren Frauenanteils auf die Wertentwicklung zu belegen, sei schwierig, sagt Analystin Barbara Claus vom Fondsanalysehaus Morningstar. Sollte es ihn geben, würde er wahrscheinlich durch weitere Einflussfaktoren wie Unternehmensgröße, Branchenzugehörigkeit oder andere externe Einflüsse überlagert. "Das Thema Genderfonds oder Genderindizes ist daher zunächst einmal eine gute Marketingstrategie für neue Produkte genauso wie zuletzt Demografiefonds oder Multi-Asset-Income-Produkte."
Denn Ideen, um die sich gute Marketingstrategien weben lassen, sind für die Fondsindustrie goldwert - wie aus einer Statistik von Morningstar hervorgeht, fließen mit großem Abstand die meisten Anlegergelder in Fonds, die frisch auf den Markt gekommen sind.
Eine Bankerin, die vermögende Kunden bei der Zusammenstellung ihrer Portfolien berät und seit Jahren selbst eine Führungsposition inne hat, wähnt ebenfalls eine Marketingmasche: "Die Aktien im deutschen Gender-Index und in den US-Fonds unterscheiden sich so gut wie gar nicht zu den Portfolien anderer deutscher oder globaler Aktienfonds." So hat es die Deutsche Bank in den German Gender Index geschafft - mit einer Frau im achtköpfigen Vorstand und sieben Frauen im zwanzigköpfigen Aufsichtsrat.
Seit seiner Auflage hat der German Gender Index, der Unternehmen aus DAX, MDAX, TecDAX und SDAX enthält, bisher einen Verlust von etwas mehr als 6 Prozent eingefahren. In ähnlicher Größenordnung hat auch der HDAX verloren, der die 110 Unternehmen aus Dax, MDax und TecDax bündelt.
Das Portfolio des Krawcheck-Fonds, das aus europäischen und zu zwei Dritteln aus amerikanischen Standardwerten besteht, verbuchte im Krisenjahr 2008 einen Megaverlust von knapp 40 Prozent und war damit nur einen Prozentpunkt besser als der MSCI-World-Index. In diesem Jahr schneidet das frauenfreundliche Portfolio seit Jahresbeginn etwas mehr als ein halbes Prozent besser ab als das globale Börsenbarometer.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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