Agora: Treibhausgasemissionen sinken 2024 in Deutschland um 3 Prozent
Von Andrea Thomas
DOW JONES--Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind 2024 zum dritten Mal in Folge aufgrund des Ausbaus der Erneuerbaren, einer schwächeren Wirtschaft und eines historischen Tiefs bei der Kohleverstromung deutlich zurückgegangen. Laut vorläufigen Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende gingen die Treibhausgasemissionen 2024 um 18 Millionen Tonnen bzw. 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt 656 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) zurück. Damit hält Deutschland das nationale Jahresklimaziel ein, verfehlt zugleich aber die EU-Klimavorgaben aufgrund fehlender Fortschritte in den Bereichen Gebäude und Verkehr. Hier müsse die Bundesregierung in absehbarer Zeit Emissionsrechte aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zukaufen, ansonsten drohten Strafzahlungen. Dies stellt laut Agora "ein milliardenschweres Haushaltsrisiko" dar.
Das deutsche Jahresklimaziel wird nach dem neuen Klimaschutzgesetz um 36 Millionen Tonnen CO2 übererfüllt, das europäische Ziel verfehlt es den Berechnungen zufolge hingegen um 12 Millionen Tonnen CO2, so die Berechnungen der Denkfabrik. Im Vergleich zum Referenzjahr 1990 gingen die deutschen Treibhausgasemissionen 2024 insgesamt um 48 Prozent zurück.
Hauptursache des Rückgangs waren laut Agora positive Effekte in der Energiewirtschaft, die mehr als 80 Prozent der Emissionsreduktionen ausmachten. So wurden 2024 Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 6,1 Gigawatt stillgelegt, was 16 Prozent der installierten Kohle-Kapazität entsprach. Der Wegfall ist der Untersuchung zufolge durch eine Rekorderzeugung bei den erneuerbaren Energien in Höhe von 55 Prozent des Bruttostromverbrauchs und gestiegene Importe ausgeglichen worden, die zu 49 Prozent aus Erneuerbaren stammten.
Niedrigere Börsenstrompreise
Der Börsenstrompreis sank trotz gleichbleibender Stromnachfrage gegenüber 2023 um durchschnittlich 18 Prozent bzw. 17 Euro je Megawattstunde auf 78 Euro je Megawattstunde, wie Agora erklärte. Weitere Gründe für den Emissionsrückgang waren milde Witterungsbedingungen und eine schwächere Wirtschaftsleistung.
"Im Stromsektor zeigen die Klimaschutzmaßnahmen der letzten Jahre immer stärker ihre Wirkung: Deutschland bereitet mit einem deutlichen Plus bei den erneuerbaren Energien und der positiven Entwicklung beim Netzausbau den Weg für eine erfolgreiche Transformation in allen Sektoren. Dabei profitiert die Bundesrepublik zunehmend von sinkenden Emissionen und günstigeren Börsenstrompreisen", sagte Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland.
In den Nachfragesektoren Industrie, Gebäude und Verkehr zeigten sich allerdings anders als im Stromsektor keine strukturellen Fortschritte. Vielmehr seien im Gegenteil die Investitionen in klimaneutrale Technologien wie Wärmepumpen oder E-Pkw gegenüber dem Vorjahr sogar rückläufig gewesen. In der Industrie stiegen die Emissionen trotz der wirtschaftlichen Stagnation im vergangenen Jahr um 3 Millionen Tonnen CO2 leicht an, insbesondere wegen eines gesteigerten Verbrauchs fossiler Brennstoffe in der Schwerindustrie, so die Denkfabrik.
Gebäude und Verkehr verfehlen Ziele
Die geringfügigen Emissionsreduktionen im Gebäudebereich von 2 Millionen Tonnen CO2 gingen dem Bericht zufolge im Wesentlichen auf den verringerten Heizenergiebedarf wegen milder Witterung zurück. Wäre die Witterung im Vergleich zu 2023 gleichgeblieben, wären nach Einschätzung der Experten die Emissionen sogar gestiegen.
Im Verkehrssektor wurde ebenfalls nur eine geringfügige Reduktion von 2 Millionen Tonnen CO2 gegenüber dem Vorjahr erreicht, was Agora vor allem auf den geringeren Lkw-Verkehr infolge der wirtschaftlichen Schwäche zurückführte. Zugleich sei aber der Pkw-Verkehr angestiegen. Insgesamt habe der Verkehrssektor mit Emissionen in Höhe von 144 Millionen Tonnen CO2 das im Klimaschutzgesetz definierte Jahresziel deutlich um 19 Millionen Tonnen CO2 verfehlt.
"Ein zentraler Grund für den Mangel an strukturellem Klimaschutz in den Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr ist die Verunsicherung bei Haushalten und Unternehmen. Diese führte zu einer allgemeinen Investitionszurückhaltung - trotz 2024 insgesamt rückläufiger Stromkosten", sagte Müller. So sei der Absatz von Wärmepumpen und die Neuzulassungen von E-Pkw im Vergleich zum Vorjahr um 44 bzw. 26 Prozent zurückgegangen. "In der nächsten Legislaturperiode gilt es, die Transformationsdynamik aus dem Stromsektor auch in die Nachfragesektoren zu übertragen. Zentral hierfür sind politische Maßnahmen, die die soziale Ausgewogenheit sichern und es Haushalten und Unternehmen ermöglichen, den Umstieg zur Klimaneutralität zu schaffen."
Die kommende Legislaturperiode sei entscheidend, um die für die nationalen und europäischen Klimaziele notwendigen Investitionen zu tätigen, so der Verband.
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January 07, 2025 04:18 ET (09:18 GMT)