Gold-Experte Stöferle: Goldbestände sollten jetzt aufgebaut werden
Der Wiener Edelmetall-Experte Ronald Stöferle bewertet den Gold-Bullenmarkt als intakt. In der aktuellen Korrektur gingen vor allem die zittrigen Hände, also die Spekulanten, aus dem Markt.
von Benjamin Summa
Nach Meinung Stöferles agierten hingegen die sogenannten starken Hände antizyklisch und nutzten so den günstigen Edelmetallpreis zum Kauf. Stöferles Langfristszenario ist das der „finanziellen Repression“. Stöferle ist Autor der viel beachteten Goldstudie „In Gold We Trust“.
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Seitdem im September 2011 mit rund 1.920 US-Dollar ein neues Allzeithoch erreicht wurde, befindet sich der Goldpreis in einer volatilen Korrekturphase. Einige Analysten unken bereits, Gold habe seinen Status als „sicherer Hafen“ verloren und der seit 2008 bestehende deutliche Aufwärtstrend sei gebrochen. Wie bewerten Sie die Lage?
Ronald Stöferle: Ich bin davon überzeugt, dass wir derzeit eine ganz normale, gesunde Korrektur innerhalb eines intakten Aufwärtstrends erleben. Derzeit gehen nur die zittrigen Hände, also Spekulanten, aus dem Markt, starke Hände agieren hingegen antizyklisch. Die Stimmung der Goldanleger ist mittlerweile auf einem sehr pessimistischen Niveau - egal ob man sich „Public Opinion“, den Hulbert Sentiment Index oder den „Commitment of Traders Report“ anschaut. Dieser extreme Pessimismus, der in den vergangenen Monaten aufgekommen ist, muss meiner Meinung nach als Kontraindikator gewertet werden. Ich denke schon, dass wir relativ nah am Boden der Korrekturphase sind, aber man muss auch wissen, dass der Markt oft wie ein Schmerzmaximierer funktioniert. Es ist also gut möglich, dass es noch ein wenig tiefer geht. Ein Trost: Für uns Euro-Anleger fällt die Korrektur glimpflicher aus, wir sind lediglich 8 Prozent vom Allzeithoch entfernt.
Der starke Goldpreis-Anstieg in den vergangenen beiden Jahren war insbesondere folgenden Faktoren geschuldet: Der Flucht der Anleger in sichere Anlagen infolge der Finanzkrise, den steigenden Inflationsängsten sowie der Änderung der Reservepolitik der Notenbanken, die auf die Nachfrageseite gewechselt sind. Werden diese Faktoren weiterhin bestimmend für die Goldpreisentwicklung sein?
Wenn es wirklich nur einen Indikator gäbe, der für den steigenden Goldpreis verantwortlich ist, dann wären es aus meiner Sicht die Realzinsen, die nicht nur in den USA, sondern rund um den Globus negativ sind - vor allem auch in Europa, Indien und China. Die beiden Schwellenländer sind mit weitem Abstand die wichtigsten Märkte für die Goldnachfrage. Indien verbraucht beispielsweise knapp viermal so viel Gold wie die USA. Insofern sollten Anleger immer die Entwicklung der Realzinsen dort im Auge behalten. Die amerikanische Notenbank Fed möchte bis mindestens Ende 2014 bei einem Zins von Null bleiben, auch das spricht für eine langfristig negative Realverzinsung. Solange die Realzinsen nicht bei zwei oder drei Prozent angekommen sind, braucht man sich über den Gold-Bullenmarkt keine Sorgen machen. Es gibt einen statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen der Goldperformance und der Entwicklung der Realzinsen: Liegen die Realzinsen bei über 3,5 Prozent, kann Gold auf Jahressicht durchschnittlich 2,1 Prozent zulegen, liegen die Zinsen zwischen null und 3,5 Prozent, legt das Edelmetall 13,1 Prozent zu – bei negativen Realzinsen ist die Goldpreisentwicklung am besten, im Durchschnitt liegt sie bei 17,3 Prozent pro Jahr.
Dennoch: Die Anlegernachfrage ist in den vergangenen Monaten zurückgegangen: Die Notenbanken kauften weniger Gold, in Indien dämpft derzeit die schwache Rupie und damit der hohe lokale Goldpreis sowie das vergleichsweise geringe Wirtschaftswachstum die Goldnachfrage etwas. Nur China scheint dies mit seinem enormen Goldhunger etwas auszugleichen. Spricht die Nachfrageentwicklung gegen einen substantiellen Anstieg des Goldpreises in den kommenden Monaten?
Das sind sicherlich Faktoren, die auf den Goldpreis wirken. Mittelfristig wird sich aber auch die Goldnachfrage in Indien wieder auf alte Niveaus erholen. Den Hauptgrund für die starken Korrekturen der vergangenen Monate sehe ich vielmehr in der geschürten Panikmache vor einem deflationären Crash. Hierzu möchte ich sagen, dass Gold in einer Deflation wesentlich besser performt als die meisten anderen Anlageklassen. Denn in Deflationsphasen zählt die Qualität von Cash. Solche Phasen sind geprägt von steigenden Solvenzrisiken und niedrigem Zinsniveau – beides ist für Gold klar positiv.
Sie gehen in ihrem nächsten Gold-Report auf das Thema „Gold und Deflation“ genauer ein. Können Sie vorab schon einige Ergebnisse ihrer Analyse und Ihr persönliches Konjunkturszenario darlegen?
Disinflation, also abnehmende Inflation, ist das schlechteste Umfeld für Gold. Steigende Inflation und hohe Inflationsraten sind das beste Szenario. Es gibt jedoch nur relativ wenige Beispiele für die Entwicklung des Goldpreises in einem deflationären Umfeld. Aber die Assetklasse, die man in der Deflation haben will, ist Cash! Die Anleger werden sich meines Erachtens darauf zurückbesinnen, was ich vor einigen Jahren als „Re-Monetarisierung“ von Gold beschrieben habe - nämlich auf Gold als älteste Währung der Welt. Als der Dollarpreis noch goldgedeckt war, war es meistens so, dass für Gold in Deflationsphasen am Schwarzmarkt höhere Preise als die tatsächlichen Kurse gezahlt wurden. Als Goldanleger braucht man vor der großen Deflation also keine Panik haben.
Welches Szenario haben Sie? Inflation oder Deflation?
Fakt ist, dass unsere Notenbanker und Politiker, sollte im Zuge von einer dramatischen Rezession wirklich ein deflationärer Kollaps drohen, die monetären Pforten endgültig aufreißen werden, denn das inflationäre Szenario ist natürlich eher im Sinne der Politik.
Mein Langfristszenario ist demzufolge das der so genannten „finanziellen Repression“. In dieser Phase gibt es über viele Jahre negative Realzinsen, Kapitalverkehrskontrollen und große institutionelle Investoren wie Lebensversicherer und Pensionsfonds werden angehalten, einen größeren Anteil an Staatsanleihen zu halten und weniger in (vermeintliche) risky assets wie Aktien und Rohstoffe zu investieren. Das ist ein Szenario, in dem Gold aufgrund der vorherrschenden negativen Realzinsen sicherlich gut performen wird.
Die Alternativen zur „finanziellen Repression“ wären Staatsbankrott, Hyperinflation oder drastische Sparprogramme, die jahrelange, unpopuläre Programme und das Risiko einer deflationären Depression mit sich bringen. Eine weitere Alternative wäre ein starker wirtschaftlicher Aufschwung mit hohen Wachstumsraten - aber das sehe ich momentan leider nicht.
Acht Prozent der Bundesbürger in Deutschland ab 18 Jahre besitzen laut aktuellen Umfragen Goldbarren/ -münzen oder Silberbarren/-münzen, also Edelmetalle zur Kapitalanlage. Gleichzeitig sagen 34 Prozent der Deutschen in Befragungen, Gold sei für sie die beste langfristige Anlage. Welche Begründung haben Sie dafür, dass viele Anleger Gold für die beste langfristige Anlage halten – aber selbst noch nicht investieren?
Einerseits gibt es am Markt viele falsche Annahmen zur Goldanlage. Beispielsweise, dass Gold wahnsinnig volatil sei. Quantitativ ist jedoch belegbar, dass Gold eine viel geringere Volatilität aufweist als Aktien. Viele Anleger denken zudem nominal und scheuen den Einstieg in Gold angesichts des relativ hohen Preisniveaus. Häufig sind die Investoren, die bei höheren Preisniveaus den Einstieg scheuen auch die, die angesichts einer Korrektur das Ende des Goldbullenmarktes diskutieren. Mein Tipp an diese Anleger ist, Gold sukzessive als Portfolioversicherung zu akkumulieren. Des Weiteren kenne ich viele, die einfach nicht wissen, wie man physisches Gold kauft. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig.
Wenn der Goldpreis anzieht, ist im Allgemeinen zu erwarten, dass auch der Gewinn der Goldminenunternehmen steigt und demzufolge ihr Aktienkurs. Die Edelmetallaktien hinken dem Goldpreis derzeit jedoch weit hinterher. Warum ist das so und welche Performance erwarten Sie künftig von den Minenaktien?
Derzeit ist die Enttäuschung bei den Anlegern und den Mining-Unternehmen natürlich groß. Die Energie- und Personalkosten sind eindeutig ein Problem. Und die Branche hat es in den vergangenen Jahren nicht ausreichend geschafft, Shareholder-Value zu kreieren. Ich vernehme gerade jedoch mit Wohlwollen, dass einige Minenunternehmen dazu übergehen, höhere Dividenden auszuschütten. Dann werden diese Aktien auch für ganz neue Investorenklassen interessant werden. Die kleinen Minenunternehmen tun sich zudem sehr schwer, an Finanzierungen zu kommen. Hier könnten Übernahmen durch große Minenunternehmen eine Lösung des Problems darstellen. Wenn ich derzeit behaupte, ich sei bullisch auf Edelmetallaktien, dann wäre das sicherlich eine Contrarian-Haltung, also antizyklisches Handeln – sicherlich nicht die schlechteste Strategie. Denn Edelmetallaktien sind für mein Dafürhalten aufgrund der extrem niedrigen Bewertungsniveaus (KGV, Gold/XAU-Ratio, P/NAV) noch immer ein Screaming Buy auf Sicht von einigen Jahren. Jedoch muss man klar differenzieren: Wenn ich physisches Gold empfehle, dann sehe ich das als Sparform, während Goldaktien eine Investition darstellen.
Silber stand vor einem Jahr bei knapp 50 Dollar je Unze, halbierte sich anschließend und notiert aktuell bei rund 27 Dollar. Warum kann die steigende Nachfrage der Industrie den Silber-Kurs nicht stabilisieren? Wie ist hier ihr Ausblick?
Silber wird in der letzten Phase des übergeordneten Gold-Bullenmarktes sicherlich besser performen als Gold. Ich weiß nicht, ob das Ratio-Ziel von 1 zu 16 erreicht werden wird. Aber es wird der Zeitpunkt kommen, an dem Gold den normalen Anlegern zu teuer wird. Beim Silber muss man jedoch mit der extremen Volatilität leben können. Ein Tipp für Anleger könnte auch hier sein, sukzessive zu akkumulieren, um eine Mischkalkulation hinzubekommen.
Mehr zum Thema: Investieren in Gold ETFs und ETCs. Wie es geht.