€uro am Sonntag

Steuern: Spanien kassiert bei Auswanderern ab

19.11.11 06:00 Uhr

Die Regierung in Madrid bittet nicht nur Finca-Besitzer zur Kasse. Wer alles von der neuen Reichensteuer betroffen ist, mit welche anderen Belastungen zu rechnen ist.

von Hans-Lothar Merten, €uro am Sonntag

Amancio Ortega, Gründer und Großaktionär des Mode­imperiums Zara, ist der reichste Mann Spaniens. Der Mulitmillionär gehört zu jenen 4.000 Spaniern, die über sechs Millionen Euro besitzen und damit mehr als ein Fünftel der Steuereinnah­men stemmen. Jetzt wird er ein zusätzliches Notopfer bringen müssen.

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Um von den hohen Staatsschulden runterzukommen, hat die spanische Regierung Nägel mit Köpfen gemacht und im September die Vermögensteuer wieder eingeführt. Zunächst befristet für die Jahre 2011 und 2012. Der Öffentlichkeit wird die neue alte Abgabe als Reichensteuer verkauft. Schließlich fällt sie anders als die alte Vermögensteuer erst bei Beträgen über 700.000 Euro an.

Die Wiedereinführung der 2007 ausgesetzten Abgabe ist das Abschiedsgeschenk von Ministerpräsident José Luis R. Zapatero, der bei den Neuwahlen am 20. November nicht wieder antritt. Insgesamt will Spanien damit jährlich eine Milliarde Euro zusätzliche Steuern einnehmen. Das ist nicht mal die Hälfte dessen, was bis 2007 in die Kasse kam.

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Was für die amtierende spanische Regierung ein kluger Schachzug im Wahlkampf ist, kann auch für Ausländer, die in Spanien wohnen oder dort Vermögen besitzen, etwa in Form einer Finca, enorme Folgen haben. Vor allem die in Spanien extrem stark vertretenen Deutschen trifft die Steuer besonders. Rund eine halbe Million Bundesbürger leben ständig in Spanien, über 100.000 haben auf dem Festland, den Balearen oder den Kanaren eine Immobilie.

Wer dauerhaft in Spanien lebt, ist ein sogenannter Residente. Er hat zwar zusätzlich einen Freibetrag von 300.000 Euro, doch bei teuren Villen und Jachten, die mit Schwarzgeld bezahlt wurden, sind die Freibeträge schnell überschritten.

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Ähnlich wie in Deutschland haben die spanischen Regionen in bestimmten Steuerfragen das letzte Wort, weil sie diese Steuern auch vereinnahmen. So sind momentan auf den Kanaren lediglich 120.000 Euro steuerfrei, in Katalonien sogar nur 108.000 Euro. Die Höhe des Freibetrags können Betroffene bei der jeweiligen Regionalregierung erfragen.

Hypotheken mindern die Last
Neben dem Immobilienvermögen werden alle Vermögensgegenstände erfasst. „In der Regel unterliegen alle Vermögenswerte der Vermögensteuer, vom Haus bis zum Auto über die Kunstwerke oder Schmuck“, weiß Antonio Torralba Villaverde, spanischer Anwalt in der Stuttgarter Kanzlei von Buttlar. Nicht unter die Vermögensteuer fallen die Altersvorsorge, der Hausrat und solche Vermögenswerte, die an eine Berufs- oder Geschäftstätigkeit gebunden sind. Hypo­theken, Darlehen und sonstige Verbindlichkeiten vermindern die steuerliche Bemessungsgrundlage.

Konkret bedeutet das bei einem Nettovermögen von 167.000 Euro eine Steuerbelastung von rund 0,2 Prozent oder 330 Euro. Danach steigt die Belastung progressiv auf maximal 2,5 Prozent. Letztere Quote greift ab ­einem Nettovermögen von 10,7 Mil­lionen Euro. Der Fiskus kassiert dann 183.000 Euro.


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All jene, die keinen dauerhaften Wohnsitz auf der Iberischen Halb­insel haben, sind der Steuerpflicht für „Güter und Forderungen“ unterworfen, „deren Inhaber sie sind, wenn diese sich auf spanischem Territorium befinden, hier ausgeübt werden können oder erfüllt werden müssen“. Somit sind neben dem Immobilienvermögen auch andere Vermögens­gegenstände zu erfassen.

Das bedeutet auch, das Aktien von „nicht wirtschaftlich tätigen Gesellschaften” mit zum Vermögen zählen. Das trifft auch auf Gesellschaften zu, die ausschließlich die Spanien-Immobilie im Eigentum halten. Im Klartext: Neben dem Immobilienvermögen unterliegen auch alle anderen Vermögensgegenstände wie etwa Konten und Depots bei einer Bank mit spanischer Zahlstelle der Steuer. Auch sogenannte nicht wirtschaftlich tätige Gesellschaften, die ausschließlich Spanien-Immobilien im Eigentum halten, will der Fiskus besteuern.

Ausweichmanöver mit Tücken
Doch bevor die Steuerverwaltung den Obolus vom Immobilienvermögen kassieren kann, muss sie einen zeitnahen Bewertungswert ermitteln. Und hier lauern Probleme. Im Gesetz steht, dass der höchste der drei folgenden Werte anzusetzen ist: der Katasterwert, der Ankaufspreis oder -wert inklusive Erwerbsnebenkosten und schließlich der Finanzamtswert, der für andere Steuer­zwecke festgestellt wird. Bei der Vermögensaufstellung zum 31. Dezember 2011 müssen diese Werte ermittelt werden. Da die Katasterwerte in den Gemeinden teilweise signifikant erhöht wurden, kann es sein, dass diese die einstigen Anschaffungskosten übersteigen.

Wer um die Steuer herumkommen will, könnte etwa eine ausländische Kapitalgesellschaft gründen. Doch eine solche Nicht-Residente-Gesellschaft, deren einziger Zweck es ist, die spanische Steuer zu umgehen, könnte den spanischen Fiskus dazu bewegen, die spanische Erbschaftsteuer beim Übertrag im Todesfall anzuwenden, indem er sich auf den Standpunkt stellt, dass die besagte Gesellschaft keinen anderen wirtschaftlichen Zweck hat als die Vermeidung der Besteuerung in Spanien.

Damit nicht genug. Zum 1. Januar 2012 soll zwischen Deutschland und Spanien ein neues Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Kraft treten. Das hat Auswirkungen auf Einkommen-, Körperschaft- und Erbschaftsteuer. Wichtig: Das neue DBA vermeidet nicht die Erbschaftsteuer. Damit kann in Deutschland die in Spanien gezahlte Erbschaftsteuer nur eingeschränkt angerechnet werden. Das gilt aber nicht für Geldvermögen. Dort liegt eine effektive doppelte Belastung vor.

„Die einfachste Variante wäre, in einer Region zu leben, die in der eigenen Gesetzgebung einen Erlass vorsieht“, sagt Anwalt Torralba Villaverde. Dazu gehört etwa die Region Madrid.

Nicht unter die reanimierte Vermögensteuer fällt Kunst, zum Beispiel Gemälde von bekannten spanischen Meistern. Doch wer allein zum Zweck der Steuer­ersparnis zum Kunstmäzen wird, sollte bedenken: „Wenn ein Steuerzahler zum Beispiel einen Velázquez kauft, ist das Bild zwar als kulturhistorisches Vermögen von der Steuer freigestellt, unterliegt aber besonderer Schutzmaßnahmen“, erläutert Torralba Villaverde.

So müssen solche Kunstschätze meist in ihrem Ursprungsland bleiben und dürfen auch von den Erben nicht außer Landes gebracht werden. Dem Modezaren Ortega kann das ­allerdings gleich sein.