Verbraucherschutz: So zahlt der Versicherer in jedem Fall
Egal ob ein Schaden spektakulär oder alltäglich ist: €uro am Sonntag zeigt die besten Wege, damit die Versicherung sich nicht drücken kann.
von Uwe Schmidt-Kasparek, Euro am Sonntag
Wenn es um Versicherungen geht, gilt für viele Verbraucher das alte Sprichwort: Sie kaufen die Katze im Sack. "Versicherungsbedingungen sind für den normalen Kunden unverständlich", sagt der Gießener Sprachforscher Günther Zimmermann. "Schon im Beratungsgespräch bietet sich die Gelegenheit, spätere Konflikte zu vermeiden", appelliert daher Versicherungsombudsmann Günter Hirsch an alle Vermittler.
Dabei ist das längst deren gesetzliche Pflicht. Selbst Vertreter, die nur die Produkte ihres Unternehmens verkaufen, müssen "irrige Vorstellungen" beim Kunden richtigstellen und dies im Beratungsprotokoll dokumentieren. So das Oberlandesgericht München in einem Urteil gegen einen Vermittler (Az. 25 U 3343/11). Noch immer gibt es aber deutliche Missstände. €uro am Sonntag zeigt, wie Sie gefährliche Fallen umgehen und gibt Hilfe zur Selbsthilfe.
Allgemeines
Bei Vertragsumstieg die Nachteile bedenken
Schwere finanzielle Nachteile drohen, wenn Versicherungsvermittler vorschlagen, bestehende Renten-, Berufsunfähigkeits- oder private Krankenversicherungen zu kündigen, weil es ein vermeintlich besseres Produkt gibt. In diesen Fällen müssen Vermittler auf die Nachteile hinweisen, beispielsweise neue Abschlusskosten oder Gesundheitsprüfung. "Fehlen solche Warnungen im Beratungsprotokoll, hat der Kunde gute Karten, den Vermittler schadenersatzpflichtig zu machen", sagt Birgit Janßen, Fachanwältin für Versicherungsrecht in Potsdam. Auf keinen Fall sollten Verbraucher daher auf ein Beratungsprotokoll verzichten. "Es dient dem Schutz und dem späteren Nachweis von Fehlern", so Janßen.Berufsunfähigkeit
Beim Antrag alle Krankheiten nennen
Es ist sehr riskant, beim Antrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung aus Unkenntnis oder Vergesslichkeit fehlerhafte Angaben zu Gesundheitszustand und früheren Behandlungen zu machen. Das bietet den Assekuranzen später die Möglichkeit, eine Leistung komplett zu verweigern. Dieser Fehler lässt sich einfach vermeiden. "Fragen Sie Ihren Hausarzt und lassen Sie sich einen Auszug aus Ihrer Patientenkartei geben. Auch Ihre Krankenkasse gibt Ihnen Auskunft über Behandlungsdaten", empfiehlt Theo Sieven, Versicherungsberater in Aachen.Hausrat
Fahrrad einschließen,
Trickdiebstahl berücksichtigen
Fahrräder, die zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens draußen auf der Straße stehen, sind oft nicht durch die Hausratversicherung geschützt. Die sogenannte Nachtklausel kann gegen Aufpreis oder durch Umstieg in einen neuen Tarif meist vermieden werden. Weiteres Problem: Wenn Gauner sich unter einem Vorwand Zugang zur Wohnung verschaffen, gibt es üblicherweise keine Leistung für gestohlene Sachen. Nur bei Einbruch wird in jedem Fall bezahlt. "Trickdiebstahl lässt sich heute aber bei hochwertigen Tarifen bis zu bestimmten Höchstgrenzen einschließen", sagt Kerstin Hußmann-Funk von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Hausrat
Safe korrekt verankern,
Stehlgutlisten duplizieren
Wertgegenstände und höhere Bargeldbeträge müssen nach den Vorschriften der Hausratversicherung in einem "Wertbehältnis" aufbewahrt werden - also in einem Safe. Doch an dessen Sicherheit werden hohe Ansprüche gestellt. Das wurde einer Düsseldorferin zum Verhängnis. Zwar hatte sie einen zertifizierten Safe gekauft und durch eine Fachwerkstatt einbauen lassen. Doch die hatte gepfuscht. Der Safe war nicht sicher verankert, die Diebe nahmen ihn einfach mit. Der Hausratversicherer ersetzte die in ihm befindlichen 40.000 Euro nicht. "Lassen Sie sich den Einbau nach Herstellerangaben bestätigen", rät der Versicherungsmakler Johannes Brück aus Düsseldorf.
Weiteres Problem nach einem Einbruch: Der Kunde muss sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber der Hausratversicherung auflisten, welche Gegenstände gestohlen wurden. "Bei Abweichungen gibt es Probleme bis zur vollkommenen Ablehnung der Leistung", warnt Versicherungsexperte Theo Sieven. Daher rät er, die bei der Polizei eingereichte Liste als Kopie an den Versicherer zu senden. Wichtig ist zudem, dass es über hochwertige Hausratgegenstände Rechnungen gibt - am besten vor Dieben sicher im Banksafe aufbewahrt.
Private Krankenversicherung
Teure Behandlung nur mit Voranschlag
In der privaten Krankenversicherung (PKV) entfällt fast jede vierte Beschwerde auf Ärger um Leistungskürzungen wegen "medizinisch nicht notwendigen" Behandlungen. Tendenz steigend. "Aufgrund des Kostendrucks prüfen die Versicherer zunehmend kritischer", stellt der PKV-Ombudsmann Heinz Lanfermann fest. Daher sollten die Kunden vor teuren Behandlungen einen Kostenvoranschlag ihres Arztes von der Versicherung prüfen lassen. "In den meisten Fällen lehnt der Versicherer zu Unrecht ab. Entweder ist das medizinisch nicht haltbar oder der Kunde hat einfach zu wenig Unterlagen geliefert", sagt Stefan Albers, Versicherungsberater in Montabaur.Rechtsschutz
Ausschlüsse und Schlichtungszwang beachten
Ärger gibt es regelmäßig über viele Ausschlussklauseln. So sind alle Streitigkeiten rund um den Hausbau oder spekulative Geldanlagen meist ganz oder weitgehend ausgeschlossen. Bei älteren Verträgen müssen die Versicherer aber Kapitalanlegern oft Streitschutz gewähren. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az. IV ZR 84/12; 174/12; 211/11). Anwälte können prüfen, ob der Kunde ein Anrecht hat. Gefährlich sind zudem Tarife, die außergerichtlich keine Leistung bieten oder lediglich eine Schlichtung (Mediation) vorsehen. "Werden Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit nicht übernommen, so werden die Kunden in den Prozess gedrängt", warnt Arno Schubach, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Koblenz.
Wohngebäude und Hausrat
Grobe Fahrlässigkeiten ausschließen
Viele Kunden sind darüber erbost, dass Versicherer wegen "grob fahrlässiger Herbeiführung" des Schadens bei der Wohngebäude- und Hausratversicherung hohe Abzüge machen. Typische Fälle sind ein Brand durch eine vergessene Kerze oder ein Einbruchdiebstahl aufgrund eines gekippten Fensters. Zwar gibt es viele Tarife, in denen heute schon auf den sogenannten Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet wird. "Das ist aber vielfach mit einer Höchstentschädigungsgrenze von beispielsweise 10.000 Euro gepaart", warnt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Empfehlenswert sind daher nur Tarife, die ohne Einschränkung auch bei schweren Fehlern zahlen. Es gibt sogar einige Anbieter, die dies bei Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften machen. Dann zahlen die Versicherer sogar, wenn etwa im Winter eine zeitweilig unbewohnte Wohnung nicht ausreichend beheizt wurde und es zu einem Leitungswasserrohrbruch kommt.Wohngebäude und Hausrat
Versicherungssumme beachten
Bei Abzügen wegen "Unterversicherung" nach einem Wohngebäude- oder Hausratschaden fallen die Kunden aus allen Wolken. Dies zeigen die Beschwerden beim Versicherungsombudsmann. "Bei einem Schaden von 100.000 Euro und einer Versicherungssumme, die gemessen am Totalschaden beispielsweise 20 Prozent zu gering ausfällt, darf der Versicherer 20.000 Euro von der Entschädigung abziehen", warnt Verbraucherschützerin Elke Weidenbach. Daher sollten alle Kunden ihre Verträge prüfen, die Summen anpassen und den Versicherer auffordern, einen Unterversicherungsverzicht zu erklären.Wohngebäude
Wegschaffen von Bäumen einschließen
Richtig teuer wurde es in diesem Jahr für viele Hausbesitzer. Sie mussten mit Schrecken feststellen, dass ihre Wohngebäudeversicherung die bei Stürmen umgestürzten Bäume nicht abdeckt. "60 Prozent der Tarife sind nach meiner Schätzung ohne Baumkostenschutz", sagt Johannes Brück vom Bundesverband mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler. Je nach Schaden und Lage des Hauses kann die Baumentsorgung schon mal bis zu 15.000 Euro kosten.Weitere News
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