Immobilien

Gute Lage schützt doch vor Inflation

aktualisiert 20.06.11 11:55 Uhr

Die Gewissheit, dass Immobilien vor Inflation schützen, ist in den vergangenen Jahren gleich mehrfach erschüttert worden. Gastautor Jürgen Michael Schick erläutert, unter welchen Bedingungen und an welchen ­Standorten ein Inflationsschutz dennoch gegeben ist.

von Jürgen Michael Schick, Gastautor

Gleich zwei repräsentative Studien, eine von BulwienGesa (2009/10) und eine Un­tersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (2009), kamen zu dem Ergebnis, dass es keinen empirischen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Teuerung und der Wertentwicklung von Immobilien gibt, und dass viele Immobilieneigentümer seit den 70er-Jahren sogar Wertverluste hinnehmen mussten. Mit Kaufpreissteigerungen von lediglich 84 Prozent schnitten Gewerbeimmobilien dabei besonders schlecht ab. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum (1975 bis 2008) erreichte die Inflation 130 Prozent. Nur bei westdeutschen Wohnungen lagen die durchschnittlichen Miet- und Preissteigerungen in diesen Jahren mit 141 Prozent darüber. Im bundesweiten Durchschnitt wurden für Wohnimmobilien nur Miet- und Kaufpreissteigerungen von insgesamt 125 Prozent ermittelt. Die Ergebnisse der genannten Studien haben viele verunsichert, weil die Zahlen nur eine grobe Ori­en­tierung geben und eventuell Vermögensverluste drohen.

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Besonders hohe Mietzuwächse
vor allem bei Altbauten

Der Immobilienverband Deutschland (IVD) hat nun in einer Studie nachgewiesen, dass es in den sieben deutschen Topstädten – Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Düsseldorf – überwiegend einen hinreichenden Inflationsschutz gibt. Die Studie vergleicht die Miet- und Kaufpreisentwicklung zwischen 1977 und 2009 mit der durchschnittlichen Teuerung (plus 111 Prozent). Das Ergebnis: Die Mieten von Wohnungen und Büros sowie die Kaufpreise von Wohnungen und Eigenheimen stiegen in den sieben deutschen Topstädten im Schnitt schneller als die Inflation. Im Wohnungssegment gingen beispielsweise nur Mietsteigerun­gen von neu gebauten Einheiten zeitweise auf das Niveau der Inflationsrate zurück. Besonders hohe Mietzuwächse von 237 Prozent hat es in den zurückliegenden 30 Jahren dagegen vor allem bei Altbauwohnungen (vor 1948 gebaut) gegeben. Büromieten erreichten im selben Zeitraum bei hoher Volatilität nur Zuwächse zwischen 133 und 170 Prozent – die durchschnittliche Steigerung der Büromieten liegt an den Topstandorten somit ebenfalls über Inflation.

Demografie und Zinsen sind
wichtige Einflussfaktoren

Das von den vorangegangenen Studien abweichende Ergebnis lässt sich theoretisch begründen. Einen Inflationsschutz geben Immobilien­investitionen nur an Standorten mit einer hinreichenden Flächen- beziehungsweise Wohnungsnachfrage. Bei Büroimmobilien wird die Nachfrage vor allem durch das Wirtschaftswachstum vor Ort und den Bedarf nach Büroarbeitsplätzen getrieben. Bei Wohnimmobilien sind hingegen Einkommensentwicklung sowie Demografie und Zinsentwicklung maßgebliche Einflussfaktoren. Steigende Einkommen und eine wachsende Bevölkerung in den Wirtschaftszentren sorgen dort für steigende Wohnungsmieten und -preise, während sie in strukturschwachen Regionen stagnieren oder gar zurückgehen.

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Inflationsschutz funktioniert außerdem nur, wenn sich an den ­jeweiligen Märkten Angebot und Nachfrage die Waage halten. Nur dann führt ein Aufschwung auch zur Angebotsverknappung auf den Immobilienmärkten und folglich auch zu steigenden Immobilienpreisen. Beim Inflationsschutz kann es somit erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen ­regionalen Märkten und Markt­segmenten geben. Denn für einen gleichmäßigen Inflationsschutz müssten sich Angebot und Nachfrage an allen Standorten, für alle Lagen und Ausstattungen sowie für alle Immobilienklassen synchron entwickeln. Das aber wäre ein seltener Zufall.

Daher empfiehlt es sich, die ­einzelnen Immobilienklassen getrennt voneinander zu betrachten. So notierte beispielsweise in Düsseldorf die Kaufpreisentwicklung von Eigentumswohnungen mit gutem Wohnwert mit 97 Prozent unter der Inflation, während die Preissteigerung für Einfamilienhäuser mit gutem Wohnwert mit plus 117 Prozent deutlich über der durchschnittlichen Teuerung lag.

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Einfamilienhäuser haben ein
großes Nachholpotenzial

Außerdem gibt es erhebliche Dif­ferenzen zwischen den einzelnen Städten. Bei den Einfamilienhäusern stehen derzeit etwa Frankfurt und München an der Spitze der Preisentwicklung. Bis Ende 2009 hatte sich der Preis eines Einfamilienhauses mit gutem Wohnwert dort seit 1977 um 242 beziehungsweise 286 Prozent erhöht. Wertverluste während des Untersuchungszeitraums mussten dagegen die Eigentümer von Einfamilienhäusern in Berlin hinnehmen. Mit einem Zuwachs von nur 14 Prozent bei Häusern mit gutem Wohnwert blieb die Preisentwicklung in der Hauptstadt deutlich hinter der Inflation zurück. Seit 2005 beobachtet der IVD allerdings wieder steigende Preise in diesem Segment. Makler gehen zudem von einem erhebli­chen Nachholpotenzial aus.

Analog, aber nicht identisch stellt sich die Situation im Segment der Eigentumswohnungen mit gu­tem Wohnwert dar (siehe Grafik). Bei den Angaben handelt es sich ­jedoch um Durchschnittswer­te, die die Preisentwicklung in den ein­zelnen Lagen nur bedingt wiedergeben. Denn Toplagen schneiden deutlich besser ab als der Durchschnitt der Kommune.


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Dass Immobilieninvestitionen in der Hauptstadt trotz der unterdurchschnittlichen Kaufpreisentwicklung einen guten Inflationsschutz bieten können, zeigt ein Blick auf die Mietentwicklung. Im Untersuchungszeitraum erhöhten sich die Mieten für Wohnungen mit gutem Wohnwert in Berlin um 454 Prozent. Das heißt, hier stiegen die Mieten deutlich stärker als in München (plus 323 Prozent), Hamburg (plus 202 Prozent) oder Düsseldorf (plus 142 Prozent). Doch auch an diesen Standorten lag das Mietwachstum noch deutlich über der Inflationsrate.

Investitionen in die Wirtschaft
fördern den Immobilienmarkt

Allerdings gilt auch hier die Einschränkung, dass es sich bei den zugrunde liegenden Preisdaten um aggregierte Schwerpunktpreise handelt, die nicht die einzelnen ­Lagen einer Stadt darstellen können. Das heißt: Eindeutige Aussagen über den möglichen Inflationsschutz einzelner Immobilieninvestitionen können nur detaillierte Analysen der jeweiligen Lagen geben. Denn nur dort, wo die Menschen auch künftig gern leben und arbeiten, wird es Zuwächse bei Preisen und Mieten geben.

Mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand lässt sich jedoch sagen: Der Inflationsschutz bei Immobilien in den deutschen Wirtschaftszentren kann gut funktionieren. Denn die Miet- und Preisentwicklung in den sieben Top­städten liegt sowohl bei Büro- als auch bei Wohnimmobilien in der Langfristbetrachtung meist über der durchschnittlichen Teuerung.

Dass diese Investition sich ­auszahlt, belegt eine Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts Österreichs. Dabei wurde am Beispiel Österreich nachgewiesen, dass mit jedem Euro Förderung für Forschung und Entwicklung durch die öffentliche Hand Unternehmen zusätzlich eigene Investitionen im Verhältnis von 1 : 1,7 Euro tätigen, sich die Produktion der Gesamtwirtschaft um den Faktor 1 : 14 erhöht, zusätzliche Steuern und Abgaben im Verhältnis 1 : 3 Euro an­fallen sowie die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung ansteigt und zwar bei einer Million Euro Förderung um 132 Beschäftigte.

Vor allem die Lage zählt
Berlin (plus 25 Prozent) und Hamburg (plus 55 Prozent) schneiden bei der historischen Entwicklung der Kaufpreise deutlich schlechter ab als Stuttgart (plus 139 Prozent) oder München (plus 135 Prozent). Dabei handelt es sich jedoch um Durchschnittswerte, die die Preisentwicklung in einzelnen Lagen nur bedingt wiedergeben. ­Insbesondere in Hamburg und Berlin ­haben sich die Preise von Eigentumswohnungen in dynami­schen Stadt­teilen wie Prenzlauer Berg, dem Schanzenviertel oder St. Pauli vielfach deutlich besser entwickelt.
Entwicklung Wohnungsmieten Altbau (pdf)

zur Person:

Jürgen Michael Schick, Vizepräsident
und Sprecher beim Immobilienverband IVD

Werner Jürgen Michael Schick ist seit 19 Jahren im Immobiliensegment aktiv. 1994 gründete er das Invest­mentmaklerhaus ­Michael Schick Immobilien, ein Fachmaklerunternehmen für Wohn- und Geschäftshäuser, dem er auch heute noch als Geschäftsführer vorsitzt.
Seit 2002 ist Schick Vize­präsident und Sprecher beim Immobilienverband IVD. 2010 wurde Jürgen Michael Schick als erster Makler Deutschlands mit der neuen EU-Norm DIN EN 15733 für Anlageimmobilien zertifiziert.