Finanzfahrplan-Serie

Eigene Immobilie: Wie es geht

01.02.15 03:00 Uhr

Eigene Immobilie: Wie es geht | finanzen.net

Je zahlreicher der Nachwuchs, desto mehr Platz ist nötig. Was sollte eine junge Familie beachten, wenn sie über ein Eigenheim nachdenkt? €uro am Sonntag gibt wichtige Ratschläge.

von Martin Reim, Euro am Sonntag

Weil in jeder Lebenssituation spezielle Probleme rund ums Geld entstehen, hat die unabhängige Finanzberaterin Stefanie Kühn mit Menschen in vier verschiedenen Altersstufen gesprochen. Weitere Protokolle lesen Sie in den beiden folgenden Ausgaben von €uro am Sonntag.

Finanzfahrplan Teil 2:
Sie haben dasselbe Problem wie viele andere junge Familien. Kevin Knecht, Diplom-Betriebswirt, angestellt bei einem Pharmaunternehmen, verheiratet mit Sarah-Careen Knecht, Diplom-Betriebswirtin, die Teilzeit (50 Prozent) bei einem Lebensmittelkonzern arbeitet. Sie haben zwei kleine Kinder und leben in einer Frankfurter Wohnung, die ihnen komplett gehört und so langsam zu klein wird.

Deshalb überlegt das Ehepaar, eine größere Wohnung zu kaufen. Es plant mit einem Preis von etwa 500.000 Euro. Nun stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie sich dieser Wunsch erfüllen lässt. Die unabhängige Finanzberaterin Stefanie Kühn aus Grafing bei München meint: "Ich sage nicht grundsätzlich nein, aber es wird eng."

Falls die alte Wohnung nicht vor dem Neuerwerb verkauft wird, dürfte speziell das relativ geringe Eigenkapital ein Problem sein. "Wenn man eine Notreserve behalten will, was sinnvoll ist, kommt man auf eine gegenwärtige Quote des Eigenkapitals von knapp 20 Prozent. Weniger als 20 Prozent sehen die Banken nicht so gern", sagt die Expertin (siehe Text unten). Zugunsten der Pläne der Knechts spricht allerdings das hohe laufende Einkommen, das eine zügige Tilgung erlaubt.

"Alles Kapital zusammenziehen"
"Alles Kapital in absehbarer Zeit zusammenziehen", lautet Kühns Ratschlag. Einfacher Grund: Je mehr Eigenkapital, umso weniger Fremdkapital ist nötig. Daraus ergibt sich eine schnellere Rückzahlung und eine niedrigere Zinsbelastung. Dafür sollte alles Geld auf einem oder mehreren Tagesgeldkonten zusammengezogen werden und in nächster Zeit noch möglichst viel zusätzliches Eigenkapital aufgebaut werden.

Einer der Schritte: einige private Rentenversicherungen, die die Knechts laufen haben, beitragsfrei stellen. Kühn: "Ich bin ein großer Freund der Abtrennung von Sparen und Vorsorge, gerade in einer Situation wie jetzt." Kündigen, um das ­Eigenkapital zu erhöhen, lohne sich aber nicht - zu groß seien die Verluste bei einem solchen Vorgehen.

Auch jene Riester-Versicherung, die auf Herrn Knecht läuft, sollte vermutlich beitragsfrei gestellt werden, weil es als Grundzulage vom Staat nur 154 Euro pro Jahr gibt. Allerdings winkt ein Steuervorteil, falls dieser höher wäre als die Zulage; was günstiger ist, errechnet das Finanzamt selbstständig.

In jedem Fall fehlen die zu zahlenden Riester-Beiträge bei der Sparrate für das Eigenkapital. "Eine Kündigung der Police ist zwar möglich, aber nicht sinnvoll, denn dann müssten alle Vorteile zurückbezahlt werden." Die Riester-Police von Frau Knecht sollte hingegen weiterlaufen. Hauptgrund: Die nötigen Einzahlungen (maximal vier Prozent des Bruttoeinkommens des Vorjahres minus Zulagen) sind bei ihr relativ gering.

Zudem gibt es umfangreiche Subventionen: 154 Euro Grundzulage plus je 300 Euro für ihre Kinder, die auf diesen Vertrag laufen; für ältere Kinder, die vor Anfang 2008 geboren sind, wären es jeweils 185 Euro.

Kühn: "Die Fonds in Ihrem Port­folio sollten ebenfalls in absehbarer Zeit verkauft werden. Kostengünstige Lösungen wären eine Rückgabe an den Emittenten." Sie empfiehlt zudem, auch den Bausparvertrag beitragsfrei zu stellen. Denn er ist noch lange nicht zuteilungsreif und die monatliche Rate ist hoch.

Zugleich sollten die Knechts versuchen, die Wohnung in der Zwischenzeit zu verkaufen - unter der Bedingung, bis zum Einzug in eine andere Wohnung zur Miete wohnen bleiben zu dürfen. Vorteil: Obwohl die Knechts die Wohnung noch keine zehn Jahre besitzen, müssen sie bei einem Verkauf keine Steuer auf den Wertzuwachs bezahlen. Das gilt generell, wenn eine Immobilie ausschließlich selbst oder im Jahr des Verkaufs und den beiden vorangehenden Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. "Das ist bei den Knechts der Fall", sagt die Beraterin.

Wenn es in die Kreditverhandlungen geht, sollte bedacht werden, eine Notfallreserve zu bewahren, falls mal Waschmaschine und Auto gleichzeitig kaputtgehen sollten. Die anfängliche Tilgung des Kredits sollte zwei Prozent pro Jahr nicht unterschreiten. "Besser wären drei Prozent", erklärt Kühn. "Falls Sie die Wohnung verkaufen, müsste das ebenfalls gut gehen, da der Darlehensbetrag dann geringer ist."

Suche nach der richtigen Laufzeit
Bei einem Verkauf wäre auch eine Laufzeit von zehn Jahren vermutlich ausreichend, eventuell sollte man eine Laufzeit von 15 Jahren suchen. "Bei einer lediglich zehnjährigen Laufzeit könnte es das Problem geben, dass die Zinsen stark gestiegen sind, während noch ein Gutteil des Kredits abzutragen ist", sagt Kühn.

Überlegenswert wäre auf der anderen Seite, die bisherige Wohnung zu vermieten, wenn man gewechselt hat. Aber Vorsicht: Die Schuldzinsen sind nicht von der Steuer absetzbar. Das wäre nur möglich, wenn man die vermietete Wohnung direkt durch einen Kredit finanziert hätte.

In jedem Fall hält es Kühn für dringend angebracht, eine Risiko­lebensversicherung abzuschließen. Diese leistet im Todesfall und sichert damit die Rückzahlung des Kredits. Die Beraterin empfiehlt eine Überkreuzversion der Police. "Hier wäre Herr Knecht Versicherungsnehmer, Beitragszahler und Begünstigter, seine Frau wäre versicherte Person - und jeweils umgekehrt."

Vor dem Abschluss eines solchen Vertrags müssen beide Versicherungsnehmer in der Regel einige Gesundheitsfragen beantworten. Für die Versicherungshöhe wichtig: Die Auszahlung im Todesfall ist immer steuerfrei. Denn es handelt sich nicht um ein (eventuell steuerpflichtiges) Erbe, sondern um eine sogenannte vertragliche Leistung.

Thema Immobilie

Geht es ums Wohnen, entscheiden viele Menschen mit dem Bauch, obwohl gerade hier der Kopf gefragt ist. Denn ein Haus zu bauen oder eine Wohnung zu kaufen ist für die meisten der größte finanzielle Kraftakt des Lebens. Drei Fragen helfen, dass der Schritt in die eigenen vier Wände nicht zum finanziellen Desaster wird:

Wie hoch ist mein Eigenkapital? Wer weniger als 20 Prozent des Kaufpreises oder der Bau- und Ausstattungskosten mitbringt, hat es in der Regel schwer, einen Kredit zu bekommen. Finanzierungen zu 90 und 100 Prozent gewähren Banken nur Spitzenverdienern.

Welche Rate kann ich mir leisten? Grundsätzlich gilt, je mehr Eigenkapital, desto niedriger der Darlehenszins. Je höher die Tilgung, desto höher die monatliche Rate und desto schneller ist die Immobilie abbezahlt. Wer auf kalkulierbare Raten angewiesen ist, sollte ein Darlehen mit langer Zinsbindung wählen.

Wo liegt die Immobilie? Nicht nur Investoren, sondern auch Selbstnutzer sollten darauf achten, dass sie in einer Region bauen oder kaufen, die sich langfristig wirtschaftlich stabil entwickelt. Dies sind in erster Linie wachsende Ballungsräume wie Hamburg, Berlin, Köln, Düsseldorf, Dresden, Stuttgart, München und deren Umland sowie das Rhein-Main-Gebiet, wo Familie Knecht kaufen will. In diesen Regionen ist Wohnraum zwar teuer, aber er wird auch in den kommenden Jahrzehnten gefragt bleiben, und man kann sein Anwesen, wenn nötig, mit Gewinn oder zumindest ohne größere Verluste verkaufen. Zudem sind die Jobaussichten in wirtschaftlich starken Regionen besser als anderswo. Und auch die Nachkommen freuen sich, wenn sie eine Immobilie in einer attraktiven Region erben.

Wer die beiden ersten Fragen für sich nicht befriedigend beantworten kann, sollte eine kleinere Immobilie ins Auge fassen oder weiterhin mieten. Bei der dritten Frage kommt es auf die persönliche Lebensplanung und bei allem Kalkül doch auch aufs Bauchgefühl an.

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