Eurokrise

Zu viele Schulden: Angriff auf das Geld der Bürger

28.02.14 17:00 Uhr

Auch wenn es ein Euro-Peripherieland wie Irland geschafft hat, sich vom Rettungsschirm für Krisenstaaten zu befreien - das Schuldenproblem von Staaten, Banken oder Unternehmen ist längst nicht gelöst.

von Daniel Stelter, Gastautor von Euro am Sonntag

Nach dem IWF hat nun auch die Bundesbank Vermögensabgaben als Instrument zur Bewältigung der Schuldenkrise ins Spiel gebracht. Dies zeigt vor allem eines: Die Verantwortlichen sind im Jahr sieben der Finanz- und Wirtschaftskrise mit ihrem Latein am Ende. Alle Versuche, Europas Wirtschaft wieder auf Kurs zu bekommen und die Dynamik immer weiter steigender Schuldenquoten zu durchbrechen, sind gescheitert. Die meisten Länder bleiben gefangen in tiefer Rezession, hoher Arbeitslosigkeit und Rekordständen unbedienbarer Schulden. Wir in Deutschland hingegen erfreuen uns einer Sonderkonjunktur, getragen von Exporterfolgen in aller Welt. Die Frage bleibt nur: Wie lange noch können wir uns dem Schlamassel um uns herum entziehen?

Die Medizin der Wirtschaftspolitiker hat zwar den Kollaps verhindert, eine Genesung jedoch nicht erzielt. Es wird immer deutlicher, dass ein "Heraussparen" aus der Krise nicht funktioniert. Die Schulden sind zu hoch, die Bereitschaft der Staaten, Strukturreformen auf den Weg zu bringen, zu gering. Je mehr die Länder versuchen, durch Sparen die Schuldenlast in den Griff zu bekommen, desto stärker leidet die Wirtschaft. Im Ergebnis haben sie weniger Wachstum und höhere Schulden. Hier rächt sich, dass im Eurosystem der festen Wechselkurse das Ventil einer Abwertung zur Stimulierung der eigenen Wirtschaft fehlt. Stattdessen sind die Krisenländer mit Deutschland zusammen in einem Boot und haben statt einer schwachen Währung eine besonders starke.

Andere Regionen der Weltwirtschaft machen sich dies zunutze: Japan versucht, durch eine drastische Abwertung des Yen die eigene Wirtschaft aus der jahrzehntelangen Lethargie zu befreien. China wird als Folge einer weiteren Abschwächung der eigenen Konjunktur und als Reaktion auf die Yen-Abwertung ebenfalls die Währung schwächen. Und die Furcht vor einem Tapering der US-Fed führt schon heute zu massiven Kapitalabflüssen aus den Schwellenländern mit entsprechender Abwertung der jeweiligen Währungen. All dies sind schlechte Nachrichten für Europa: Die Wettbewerbsfähigkeit nimmt ab und das Preisniveau kommt unter Druck. Die Gefahr einer Deflation wird damit real.

Der Vermögensbesteuerung zu entgehen, dürfte schwierig sein Nichts ist schlimmer für eine überschuldete Wirtschaft als eine Deflation. Die Schulden wachsen relativ zum Einkommen immer mehr an. Die von vielen Seiten erhoffte und befürchtete Inflation wird es in einem solchen Umfeld nicht geben. Angesichts steigender Schuldenquoten von Staaten und Privatsektoren wird offensichtlich, dass wir um die Streichung von Schulden - und damit auch Forderungen - nicht herumkommen.

Zwei Optionen, dies zu tun, stehen im Raum: die Restrukturierung von Schulden durch Umschuldungen und Zahlungseinstellungen oder das Eintreiben von zusätzlichen Steuern. Für die erste Option spricht, dass genau jene Gläubiger Geld verlieren, die es an unsolide Schuldner verliehen haben. Dagegen spricht, dass es vor allem Banken und Lebensversicherungen sind, die Staatsanleihen halten und Kredite an Unternehmen und private Haushalte begeben haben. Deren Verluste würden vor allem kleinere und mittlere Sparer ohne Anlagealternativen treffen. Die Befürworter einer steuerlichen Lösung, zu denen nun auch die Bundesbank gehört, sehen den Vorteil in der Belastung aller Vermögen und damit in einer sozial verträglicheren Form der Schuldenrestrukturierung.

Wahrscheinlich werden wir in den nächsten Jahren beides sehen. Restrukturierungen, die, wie in Zypern geschehen, nur jene belasten, die Gläubiger des zahlungsunfähigen Schuldners sind, und Vermögensabgaben.

Was sollte man nun als Investor tun? Zuerst: die derzeit gute Lage an den Finanzmärkten dazu zu nutzen, Forderungen gegen schlechte Schuldner abzubauen. Der ungerechtfertigte Optimismus, der sich in den geringen Zinsniveaus der Krisenländer zeigt, bietet eine gute Gelegenheit, aus den Märkten auszusteigen. Schwieriger ist es, einer Vermögensbesteuerung zu entgehen. Es bietet sich an, bestimmte Zahlungen, wie beispielsweise Steuern, bereits im Voraus zu leisten und Anschaffungen zu tätigen, die ohnehin auf der Agenda stehen. Die À-fonds-perdu-Zahlung an den Golfklub verschafft zwar lebenslange Spielfreude, aber eben kein Vermögen.

Zur Person

Daniel Stelter, Gründer des
Thinktanks Beyond the Obvious

Stelter war von 1990 bis 2013 Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group. Von 2003 bis 2011 verantwortete er dort weltweit das Geschäft der Praxisgruppe Corporate Development. Seit 2007 berät Stelter internationale Unternehmen bei der Vorbereitung auf die Herausforderungen der fortschreitenden Finanzkrise. 2013 erschien sein Buch "Die Billionen-Schuldenbombe".
Beyond the Obvious ist ein auf Strategie und Makroökonomie spezialisierter Thinktank.