Euro am Sonntag-Titel 2

Tagesgeld, Festgeld und Co: Keine Nullnummer

19.12.13 14:00 Uhr

Derzeit schützen nur die höchsten Zinsen vor Inflation. €uro am Sonntag zeigt, wer sie bietet und welche Alternativen Sparer haben.

von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Annabel Oelmann redet nicht lange um den heißen Brei herum: „Die meisten Sparer verlieren schon seit Langem Geld“, sagt sie. Diese unbequeme Wahrheit muss die Expertin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen immer häufiger erklären. Denn sie und ihre Kollegen in Düsseldorf und anderen Teilen Deutschlands sehen sich immer mehr Menschen gegenüber, die Angst um ihr Erspartes haben. Oelmann ist fast versucht, die jüngste Leitzinssenkung einen Glücksfall zu nennen: „Die Angst vor Nullzinsen hat die Menschen endlich aufgerüttelt.“

Auch Niels Nauhauser, Oelmanns Pendant bei der Verbraucherzen­trale Baden-Württemberg, kennt diese Sorgen. „Real hatten wir schon viel niedrigere Zinsen“, sagt er und verweist auf die derzeit niedrige Inflationsrate. Die Zinsen auf Tagesgeld, Festgeld und Sparkonten sind momentan zwar rekordverdächtig niedrig, doch die Sparer haben Glück im Unglück. Die Inflationsrate, die man vom Zins abziehen muss, um die wahre Rendite seines Investments zu sehen, ist sehr niedrig. 2012, als die Teuerung über zwei Prozent lag, war die Lage sogar noch dramatischer.

Seit 2008 sind die Zinsen für Sparprodukte vom Tagesgeld bis zum Sparbrief über zehn Jahre gesunken. Nun nähern sich die Tagesgeldzinsen der Nulllinie. Dass die Zinsen niedrig bleiben oder noch weiter sinken, ist ein offenes Geheimnis — schließlich hat Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, erklärt, dass er den Leitzins durchaus noch weiter senken könne.

Banken brauchen das Geld nicht
Sparer würde es dann noch härter treffen. Denn der Leitzins gibt auch die Richtung vor, wie sich die Zinsen für Kleinsparer entwickeln. Die Kurven für Tagesgeld und Leitzinsen laufen fast parallel. Seit Frühjahr 2009 liegen sie sogar sehr eng bei­einander. Das heißt auch, dass es sich für Banken kaum lohnt, Geld bei ihren Kunden einzusammeln. Sie bekommen es von der Zentralbank derzeit viel günstiger.

„Für die Kunden bedeutet das: umdenken“, sagt Expertin Oelmann. Sie rät allen, die ihr Geld schlecht verzinst auf Tagesgeldkonto, Festgeldkonto oder Sparbuch liegen haben, zu streuen. „Das bedeutet auch, einen Teil am Kapitalmarkt zu investieren.“ ETFs eignen sich nach ihrer Ansicht dafür am besten, da diese börsengehandelten Indexfonds das Risiko am breitesten streuen und in der Regel viel günstiger sind als aktiv gemanagte Fonds. Ein anderer Teil sollte schnell verfügbar sein. „Hier müssen Sparer eben in den sauren Apfel beißen und niedrige Zinsen ertragen oder bereit sein, öfter zu wechseln.“

Eine Auswertung von €uro am Sonntag und der FMH-Finanzberatung zeigt: Wer mit seinem Tagesgeldkonto von Zeit zu Zeit von einem Spitzenanbieter zum nächsten wechselt, verdient noch recht ordentlich. In diesem Jahr waren immerhin 1,7 Prozent drin. Vor allem die Onlinebanken ING-DiBa, Cortal Consors und die Renault Bank direkt als Neuling am Markt waren laut den Zinsübersichten, die €uro am Sonntag Woche für Woche veröffentlicht, am häufigsten unter den besten Anbietern.

Doch die Spitzenzinsen werden bald wohl eher gegen 1,0 Prozent tendieren, befürchtet FMH-Inhaber Max Herbst. Die aktuelle Situation ist auch für ihn, der seit über 20 Jahren Zinsvergleiche erstellt, Neuland: „Kurzfristig werden die Zinsen weiter sinken, aber wer sich jetzt auf fünf Jahre oder länger bindet, verpasst womöglich einen Anstieg“, beschreibt er das Dilemma. Wohin also mit dem Geld?

Kompromisse eingehen
Einen „guten Kompromiss“ nennt Herbst jene Kombigelder, wie sie die niederländische NIBC direct und die VTB Direktbank, eine österreichische Bank mit russischen Wurzeln, anbieten. Bei Ersterer wird die eine Hälfte festverzinslich, die andere täglich verfügbar angelegt. Kunden, die mindestens 5.000 Euro auf drei Jahre parken, bekommen 1,85 Prozent. Wer zehn Jahre dabeibleibt, erhält 2,4 Prozent im Jahr. Beim Duo Konto der VTB sind nur 20 Prozent frei verfügbar, dafür bekommen Kunden auf drei Jahre zwei Prozent und können schon ab 500 Euro einsteigen. Da diese Banken ihren Sitz im Euroausland haben, gilt bei beiden die gesetzliche europäische Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Kunde. Für Anleger, die mit ihrer Depotbank unzufrieden sind, gibt es von Zeit zu Zeit sehr attraktive Wechselangebote. Hier bieten die beiden Direktbanken Cortal Consors und die DAB Bank Bemerkenswertes. Erstere zahlt Wechslern, die mindestens 6.000 Euro auf das neue Depot übertragen, zwei Prozent aufs Tagesgeld. Wird das alte Depot gleichzeitig dichtgemacht, gibt es noch einmal ein Prozent obendrauf, sodass unterm Strich drei Prozent Zinsen stehen. Das Angebot gilt allerdings nur für Beträge bis 20.000 Euro.

Noch höhere Zinsen bietet die DAB Bank, allerdings mit kürzerer Laufzeit. Wer sein Depot wechselt und Wertpapiere im Wert von mindestens 5000 Euro mitbringt, darf sich für sechs Monate über — auf ein Jahr hochgerechnet — 2,5 Prozent freuen. Neukunden, die ihr altes Depot dichtmachen, bekommen noch ein Prozent obendrauf. Auch hier gibt es eine Obergrenze, nämlich 25.000 Euro.

Genossenschaften als Alternative
Die Sicherheit einer Bank, aber höhere Zinsen bieten einige Spareinrichtungen von Wohnbaugenossenschaften. So zahlt die Flensburger Gewobau Nord derzeit einen Jahreszins von zwei Prozent auf ihr Sparkonto, wenn 50.000 Euro eingezahlt werden. Niedrigere Summen werden etwas geringer verzinst. Bei der Bremer Espabau kassieren Festgeldanleger, die ihr Geld auf fünf Jahre parken, stolze drei Prozent im Jahr. Die einzige Hürde bei diesen Angeboten: Wer Geld anlegen will, muss Mitglied werden.

Bei der Gewobau müssen Neumitglieder einen Genossenschaftsanteil von 52 Euro erwerben, bei der Espabau sind zwei Anteile für zusammen 520 Euro fällig. Das Geld ist zwar gebunden, wirft aber eine variable Dividende ab; aktuell bieten beide Genossenschaften vier Prozent. (Eine vollständige Liste solcher Angebote finden Sie in der aktuellen Ausgabe von €uro, Schwesterzeitschrift von €uro am Sonntag, die ab 18. Dezember erhältlich ist.)

Fremdgehen lohnt sich selten
Im Vergleich zu Deutschland sind in einigen europäischen Ländern die Zinsen für Spareinlagen höher. So bekommen Sparer in den Niederlanden noch knapp zwei Prozent aufs Tagesgeld. In Spanien sind bei Festgeld zwei Prozent bei einem Jahr Laufzeit üblich.

Doch die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Kontos sind sehr ­unterschiedlich. So müssen Kunden niederländischer Banken ihren Hauptwohnsitz in den Niederlanden haben. Spanische Banken verlangen bei der Kontoeröffnung eine Wohnsitzbescheinigung, Gehaltsnachweise und einen Nachweis, dass der Neukunde Steuern zahlt. Darüber hinaus muss er persönlich vorbeikommen, um das Konto zu eröffnen. „Für Spanien-Freunde ist ein solches Konto eine echte Alternative, aber extra anzureisen, um ein wenig mehr Zinsen zu haben, lohnt sich kaum“, so Herbst.

Ein Vorteil: Seit einiger Zeit gilt in Europa die Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Kunde. Nachteil: Wer die Sprache des Landes, in dem er „Gastsparer“ werden will, nicht beherrscht, hat oft schlechte Karten. Denn die meisten Formulare sind nur in der Landessprache erhältlich. Darüber hinaus müssen sich Sparer mit den komplizierten Regeln zu Quellensteuern auseinandersetzen. Zwar können sich Sparer in den meisten Fällen die im Ausland gezahlte Steuer auf die deutsche Abgeltungsteuer anrechnen lassen, doch oft ist das mit Formularen und einigem Aufwand verbunden.

Unterm Strich bleiben Sparern drei Möglichkeiten: erstens ein häufiger Wechsel der Anbieter, zweitens die Suche nach Alternativen zu Fest- und Tagesgeld, drittens die Sicherung eines noch passablen Festgeldzinses — in der Hoffnung, dass die Zinsen erst dann steigen, wenn die Frist abgelaufen ist. 

Die Besten ihrer Klasse

Zinsvergleiche sind Momentaufnahmen. Um herauszufinden, bei welcher Bank Geld langfristig am besten aufgehoben ist, haben wir die wöchent­lichen Zins­tabellen in €uro am Sonntag seit Jahresbeginn analysiert. Bei der Auswertung gab es für Platz 1 drei Punkte, für Platz 2 zwei Punkte und für Platz 3 einen Punkt. In den folgenden Tabellen ­wurden die Banken nach ihrer Einlagensicherung aufgeteilt. Oben stehen Institute mit einer Einlagensicherung, die über die gesetzliche Grenze von 100.000 Euro hinausgeht.

Vor allem beim Festgeld und den Sparbriefen sind auch bei den Banken mit hoher Einlagensicherung einige Exoten vertreten. Bei Akbank, Isbank, Oyak Anker und Ziraat Bank handelt es sich um ursprünglich deutsche Banken, die von türkischen Instituten übernommen und umbenannt wurden.


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Sicherheit

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Die deutsche Einlagensicherung umfasst Sicht- und Termineinlagen, also Giro- und ­Tagesgeldkonten, Sparbücher sowie Festgelder und Sparbriefe. Anders als in den meisten europäischen Nachbarstaaten gibt es hierzulande unterschiedliche Sicherungssysteme. Alle in Deutschland eigenständig ­tätigen Privatbanken und Bausparkassen müssen der gesetzlichen Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) angehören. Sie sichert ­– wie EU-weit üblich – 100.000 Euro pro Anleger und Bank ab. Eine Liste der teilnehmenden Institute gibt es online auf www.edb-banken.de. Friert die Bafin im Ernstfall alle Konten einer Bank ein, bekommen die Kunden binnen 20 Tagen ihre Einlagen zurück – inklusive der Zinsen, die bis dahin aufgelaufen sind. Fremdwährungskonten werden nur berück­sichtigt, wenn die Einlagen auf die Währung eines EU-Mitgliedsstaates lauten.

Die meisten Privatbanken haben sich zusätzlich dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) angeschlossen. Er übernimmt die Einlagen, die über die 100.000- Euro-Grenze hinausgehen. Die Sicherungsgrenze ist von Institut zu Institut verschieden. Sie entspricht 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank, mindestens aber 1,5 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2025 soll diese Untergrenze auf 437.500 Euro sinken. Mehr dazu im Internet auf www.bdb.de. Die privaten Bausparkassen besitzen einen eigenen Sicherungsfonds, der im Schadensfall zusätzlich zur EdB einspringt. Bauspareinlagen sind unbegrenzt geschützt, Spareinlagen bis zu 250.000 Euro. Sparkassen sowie die Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken haben eigene Haftungsverbünde gegründet. Sie garantieren 100 Prozent der Einlagen über die sogenannte Institutssicherung. Das bedeutet, die Gemeinschaft unterstützt schwächelnde Institute so lange, bis sie wieder solvent sind. Daher ist auch nicht bekannt, ob Sparkassen oder Genossenschaftsbanken jemals in Schieflage waren. So weit die Theorie. Geht eine Großbank mit Millionen Kunden pleite, werden die Sicherungsverbünde wohl an ihre Grenzen stoßen. Dann müsste der Bund mit Steuermilliarden eingreifen und die Bürger würden auf diese Weise ihre Ersparnisse selbst retten.

... bei ausländischen Banken
Europaweit gilt analog zu Deutschland die gesetz­liche Einlagensicherung, die 100.000 Euro pro Konto garantiert. Die Frist, binnen derer die Kunden ihr Geld inklusive der bis dahin angelaufenen Zinsen im Schadensfall wiederbekommen, soll – bezogen auf die Grenze von 100.000 Euro – höchstens 30 Arbeitstage betragen. Großbritannien hat seine Einlagen­sicherung der des europäischen Festlands angepasst. Auf der Insel liegt die Obergrenze für die Einlagensicherung bei 85.000 Pfund.

... bei Versicherungen
Gerät ein Versicherer in Schieflage, obliegt es der ­Finanzaufsicht Bafin, das Unternehmen möglichst mit seinen eigenen Mitteln zu sanieren. Schlägt dies fehl, versucht die Bafin, die Verträge an andere Gesellschaften weiterzugeben. Funktioniert auch das nicht, gehen die Policen an eine Auffanggesellschaft der Branche namens Protektor. Sie hat knapp 800 Millionen Euro in der Kasse. Reicht das nicht, müssen die Versicherer noch einmal so viel nachschießen. Erst dann können die Renten der Versicherten um maximal fünf Prozent sinken. Hilft auch das nicht, be­stehen keine weiteren rechtlichen Regelungen.