Depression droht

Die Lösung der Weltschuldenkrise

09.11.14 16:00 Uhr

Die Lösung der Weltschuldenkrise | finanzen.net

Der Höhepunkt der weltweiten Schuldenkrise steht uns noch bevor, meint Eckart Langen von der Goltz. Alles, was bislang unternommen wurde, habe nur zu einer Insolvenzverschleppung in den wichtigsten Industriestaaten geführt.

von Eckart Langen von der Goltz, Gastautor von Euro am Sonntag

Es kann in der Europäischen Union noch so gespart oder Steuern können erhöht werden - eine Rückzahlung der Staatsschulden ist auf normalem Weg nicht mehr möglich. Auch ein staatlich verordneter Schuldenschnitt zulasten der Sparer, wie bereits in Griechenland geschehen, würde der EU den Rest geben. Die Privatwirtschaft ist heute mit etwa 200 Prozent zum Bruttosozialprodukt verschuldet. Sie kann weder Staat noch Banken retten. Der jüngste Vorschlag des Internationalen Währungsfonds, zehn Prozent aller Sparguthaben in der EU zur Rückzahlung von Staatsschulden zu verwenden, führt direkt in die nächste größere Wirtschaftskrise.

Manche Experten wie der bekannte und oft zitierte Professor Sinn wollen es sogar auf Staatspleiten ankommen lassen. Auch ein Bestseller mit dem Titel "Der Crash ist die ­Lösung" sieht den Kollaps unseres Finanzsystems als einzigen Weg aus der Weltschuldenkrise. Dies wäre die dümmste aller Lösungen. Die Folgen wären Massenarbeitslosigkeit, Massenpleiten und soziale Unruhen. Auch ein Auseinanderbrechen des Euro wäre dann möglich. Welchen Sinn macht das, Herr Professor Sinn? Anschließend müssten die Staaten das Vielfache an neuen Schulden machen, um aus dieser Misere herauszukommen.

Ein schwacher Euro befreit nicht
aus der Schuldenkrise

Der berühmte US-Ökonom Joseph Stiglitz behauptete Anfang Oktober im "Handelsblatt", der Euro sei schuld an der Konjunkturschwäche in der EU. Den Amerikanern ginge es wirtschaftlich besser als den Europäern, so seine Aussage. Kein Wunder, die USA haben nicht wie die EU in den vergangenen sechs Jahren gespart, sondern neue Haushalts­defizite in Höhe von rund 8.000 Milliarden US-Dollar gemacht. An der Konjunkturschwäche der EU ist nicht der Euro schuld, sondern unsere verfehlte Sparpolitik. Der Euro ist auch nicht schuld an der Überschuldungskrise. Alle wichtigen Industriestaaten wie die USA, Japan und China sind ­genauso überschuldet, unabhängig von der jeweiligen Währung. Keiner käme in diesen Ländern auf die Idee, dass die Währung verantwortlich ist.

Auch ein schwacher Euro befreit uns weder aus der Schuldenkrise noch trägt er wesentlich zur Konjunkturerholung bei. Japan hat in den vergangenen zwölf Monaten seine Währung um 30 Prozent abgewertet, ohne dass bisher der Export belebt wurde. Wir befinden uns heute in einem Abwertungswettlauf ähnlich wie in den 30er-Jahren. Jedes Land will mehr exportieren. Das kann nicht richtig funktionieren, solange sich die Weltwirtschaft in einer Stagnation befindet.

Nur noch ein Schuldenerlass der Noten­banken durch die Hintertür kann uns vor Staatsbankrotten und einer neuen Weltwirtschaftskrise retten. Aber keine Zentralbank wird offiziell einen Schuldenerlass erklären, sonst würde sie ihr Gesicht verlieren. Ohne eine dauerhafte Staatsfinanzierung mittels Notenpresse lassen sich die Probleme nicht mehr bewältigen. Japan, China und die USA sowie auch Großbritannien praktizieren diese Lösung seit Jahren. Zur Lösung der Weltschuldenkrise müssen Entscheidungen getroffen werden, die bislang undenkbar erschienen. Der Lösungsweg, den wir hier vorschlagen, ist ein indirekter Schuldenerlass durch die Notenbanken. Dazu muss die Europäische Zentralbank (EZB) EU-Staatsanleihen in Höhe von circa drei bis vier Billionen Euro aufkaufen. Diese Anleihen sind dann auf 30 bis 40 Jahre zinslos zu verlängern, bis sie sich schließlich durch Inflation stark entwerten. Ansatzweise wird dieser Weg von der EZB bereits in Irland beschritten. Dort wurde eine Streckung der Rückzahlung von 30 Milliarden Euro auf vier Jahrzehnte geduldet.

Durch einen solchen Bilanztrick kommt es zu einem faktischen Schuldenerlass. Das ist die einzige Möglichkeit, den Staatsbankrott zu verhindern und die Weltwirtschaft nicht weiter zu gefährden. In unseren Augen ist es auf Dauer die einzig praktikable Lösung, der beste unter all den schlechten Lösungsansätzen. Aber auch das bringt keinen dauerhaften Wirtschaftsaufschwung. Ein indirekter Schuldenerlass in der EU durch die Notenbank kann nur ein Anfang sein.

Der Dreh- und Angelpunkt für eine anhaltende Konjunkturbelebung bleibt der Konsument. Die Verbraucher haben einen Anteil von fast 70 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Sie sind weltweit überschuldet, die Reallöhne sind in den jüngsten zehn Jahren gesunken. Wie soll da die Konjunktur in Schwung kommen oder eine größere Inflation entstehen? Solange die Konjunktur nicht dauerhaft anspringt, braucht sich keiner große Sorgen um die Inflation zu machen. Wer da noch von einer möglichen Währungsreform spricht, betreibt Panikmache.

Die überschuldeten europäischen Staaten inklusive Deutschland sind nicht mehr in der Lage, eine größere Konjunkturankurbelung zu finanzieren. Deutschland kann kein Haftungsrisiko für andere Staaten eingehen, sonst geht es selbst bankrott. Zur dauerhaften Konjunkturbelebung braucht Europa eine Marshall-Plan-Hilfe in Form von Euro-Anleihen in der Größenordnung von mindestens 3.000 bis 4.000 Milliarden Euro. Die EZB muss dabei die Garantie für diese Euro-Anleihen übernehmen.

Wer in Sachwerte investiert,
versäumt Gewinnchancen

Wir sind uns bewusst, dass sich unsere ­Lösungsvorschläge zur Weltschuldenkrise politisch nicht von heute auf morgen verwirklichen lassen. Die Politiker werden erst handeln, wenn das europäische Haus unter Schuldenbergen einzubrechen droht. Oder, um George Orwell zu zitieren: "In einer Welt universeller Täuschung ist das Aussprechen von Wahrheiten ein revolutionärer Akt."

Ein Vermögensverwalter hat vor einiger Zeit erklärt, wer sein Kapital in Papiergeldwährungen investiere, begehe Selbstmord. Wir sind anderer Meinung. Wer alles Geld jetzt schon in Sachwerte investiert, versäumt später die besten Gewinnchancen an den Finanzmärkten. Mit Festgeld und Bundesanleihen ist kaum noch eine Rendite zu erzielen. Deswegen investieren aktuell viele Anleger ihre gesamte Liquidität in Immobilien zu oft überhöhten Preisen. Falsche Inflationsängste haben diesen Boom verursacht.

Wir sind kein Fondsmanager, der in der Regel immer in Aktien investiert sein muss, egal ob die Papiere überteuert sind oder nicht. Für einen Aktien- oder Mischfonds ist es ganz normal, dass er zeitweise mehr als 30 Prozent verlieren kann. Für unsere Kunden aber wäre ein solcher Verlust vollkommen inakzeptabel. An der Börse gibt es eine Zeit des Säens und des Erntens. Dazwischen liegt eine längere und manchmal frustrierende Zeit des Wartens. Wir investieren nur dann in Aktien, wenn sich gute Chancen bei akzeptablen Risiken bieten. Dabei setzen wir auf unterbewertete und finanziell saubere Spezialaktien, die ein großes Kurspotenzial aufweisen. Und: Auch wenn der Goldpreis weiter fallen sollte, bleibt das Edelmetall auf Dauer ein interessantes Investment.

zur Person:

Eckart Langen von der Goltz,
Gründer der PSM Vermögens­verwaltung

Geboren in Berlin und aufgewachsen in München studierte Eckart Langen von der Goltz Volkswirtschaft. 1965 gründete er die PSM in Grünwald bei München, die eine der ältesten bankenunabhängigen Vermögensverwaltungen Deutschlands ist. Aktuell verwaltet die PSM mehr als 750 Millionen Euro Kundengelder.

Bildquellen: PSM Vermögensverwaltung GmbH