Handelskrieg mit Folgen
Die weitreichenden Zölle von US-Präsident Donald Trump haben ein wirtschaftliches Chaos ausgelöst, das die Aktien- und Anleihemärkte erschüttert und weltweit – insbesondere in einkommensschwachen Ländern, die stark vom Export in die USA abhängig sind – Panik verursacht hat. Das Ergebnis könnte eine vollständig künstlich herbeigeführte globale Rezession sein, bei der die Entwicklungsländer die Hauptlast tragen müssten.Die kurze Beruhigung der Finanzmärkte nach Trumps abrupter Ankündigung einer 90-tägigen „Pause“ bei den meisten seiner „reziproken“ Zölle – mit Ausnahme der Zölle auf chinesische Importe, die er auf 145 Prozent erhöhte – hat sich als verfrüht erwiesen. Während einige Milliardäre und Loyalisten durch richtige Interpretation von Trumps Posts in den sozialen Medien im Vorfeld seiner plötzlichen politischen Kehrtwende ein Vermögen gemacht haben mögen, stellen die durch seine Zölle verursachten Störungen des globalen Handels und Finanzwesens weiterhin ernsthafte Risiken dar.Trotz Aussetzung einiger Zölle bleiben ein allgemeiner Zoll von 10 Prozent auf alle US-Importe sowie sektorspezifische Zölle von 25 Prozent auf Stahl, Aluminium, Autos und Autoteile in Kraft. Es gibt neue Ausnahmen für Smartphones, Computer und andere elektronische Geräte, während Trump zugleich neue Zölle auf Arzneimittel, Halbleiter, Kupfer und Holz angedroht hat. In der Summe werden diese Maßnahmen die Verfügbarkeit von Importgütern verringern, die Preise für die US-Verbraucher erhöhen und den Exportländern hohe Kosten auferlegen.Welche Zölle den einzelnen Ländern letztlich auferlegt werden, hängt jedoch von den künftigen Verhandlungen ab, bei denen die USA voraussichtlich mit harten Bandagen kämpfen werden. Trump hat bereits seine Verachtung für ausländische Regierungen deutlich gemacht, indem er sich brüstete, dass viele von ihnen „seinen Hintern küssen“ und bereit seien, „alles zu tun“, um die Zölle rückgängig zu machen. Infolgedessen bleibt der endgültige Umfang von Trumps Zöllen ungewiss.Vor allem aber stellt Trumps jüngste Erhöhung der Zölle auf chinesische Importe so gut wie sicher, dass der chinesisch-amerikanische Handelskrieg weiter eskalieren wird. Die Erhöhung auf 145 Prozent ist weitgehend symbolisch – eine Retourkutsche, nachdem China seine eigenen Zölle erhöht hatte –, da bereits der vorherige Satz von 104 Prozent die meisten chinesischen Importe wirtschaftlich unrentabel gemacht hatte. Tatsächlich hat die Regierung ihre Absicht signalisiert, den Handel mit China zu unterbinden.Die Folgen für die US-Verbraucher und für jene US-Hersteller, die auf chinesische Vorleistungen angewiesen sind, sind tiefgreifend. Trumps offenes Misstrauen gegenüber Waren aus chinesischen Fabriken – selbst, wenn sie über Drittländer vertrieben werden – hat Regierungen, die sich den Zugang zum US-Markt erhalten wollen, gezwungen, sich nach alternativen Beschaffungs- und Produktionsmöglichkeiten umzusehen. Die bloße Erwartung dieser Veränderungen hat die globalen Lieferketten bereits erheblich destabilisiert.Ungewissheit war schon immer ein großes Hindernis für die Wirtschaftstätigkeit, und die Unberechenbarkeit der Politik der Trump-Regierung – gekennzeichnet durch sprunghafte Entscheidungen, plötzliche Kehrtwendungen und ständig neu verkündete und dann zurückgenommene Ankündigungen – macht es nahezu unmöglich, künftige Entwicklungen mit Standard-Risikomodellen vorherzusagen. Trumps Vorliebe für Schocktaktiken, die an andere „starke Männer“ wie den indischen Premierminister Narendra Modi erinnert, verschärft das Problem.Die zunehmende Unsicherheit wird unweigerlich zu einem Rückgang der Investitionen führen.Die zunehmende Unsicherheit wird unweigerlich zu einem Rückgang der Investitionen führen, da die Unternehmen neue Projekte zurückstellen und geplante Expansionen aufschieben, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Der resultierende Abschwung könnte das Wachstum und die Beschäftigung in den USA stark belasten, mit Folgen, die weit über die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen von Trumps Zöllen hinausgehen.Noch schlimmer ist, dass die USA ihren Handelskrieg mit China nicht gewinnen können. Die chinesische Regierung ist sich dessen klar bewusst und verfolgt geduldig eine langfristige Strategie. Der wirtschaftliche Zermürbungskrieg der beiden Supermächte könnte sich jederzeit zu einer großen Finanzkrise oder sogar zu einer militärischen Konfrontation ausweiten.Die Alarmglocken schrillen bereits. Der Rückgang der Nachfrage nach US-Staatsanleihen, die lange als sicherste Anlage der Welt galten, ist ein Zeichen für das schwindende Vertrauen in die wirtschaftliche Führungsrolle der USA. Darüber hinaus deuten die gleichzeitigen Kursrückgänge bei US-Aktien, US-Anleihen und beim Dollar auf wachsende Zweifel an der Fähigkeit von US-Staatsanleihen hin, als globale Benchmark für die Preise von Vermögenswerten zu dienen, auch wenn sie das bevorzugte Instrument für Finanztransaktionen mit hohem Volumen bleiben.Wie bei früheren selbstverschuldeten Wirtschaftskrisen wird die US-Wirtschaft zweifellos leiden, doch die schwerste Last werden die Entwicklungsländer zu tragen haben. Schon jetzt untergraben stornierte oder verzögerte Exportaufträge die Produktion und befeuern die Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig bedroht die finanzielle Volatilität die wirtschaftliche Stabilität, lange bevor die Auswirkungen von Trumps Zöllen in vollem Umfang zu spüren sind.Diese Entwicklungen spiegeln sich bereits in den Renditespannen der Staatsanleihen von Entwicklungsländern wider, insbesondere von Ländern niedrigen und mittleren Einkommens. Im Monat vor dem 9. April sanken die Werte auf Dollar lautender Staatsanleihen von Schwellenländern um durchschnittlich 2,9 Prozent, während die durchschnittlichen Renditen auf 7,4 Prozent stiegen. Die Staatsanleihen von schuldengeplagten Ländern wie den Malediven, Sri Lanka, Gabun und Sambia fielen um mehr als zehn Prozent.Leider sind die Entwicklungsländer mit dieser Art von finanziellen und wirtschaftlichen Turbulenzen nur allzu vertraut. Seit Jahrzehnten sind viele von ihnen in einem Kreislauf aus Währungsabwertungen, steigenden Kreditkosten, angespannten öffentlichen Finanzen, erzwungenen Ausgabenkürzungen und Instabilität der Binnenmärkte gefangen, der die Investitionstätigkeit und die Aktivität des Privatsektors einschränkt.Die Lehren für die Entwicklungsländer liegen auf der Hand. Nicht nur der globalisierte Handel wird derzeit destabilisiert; auch die Finanzglobalisierung dürfte für Länder, die stabile, langfristige Finanzierungen zur Unterstützung ihrer Entwicklungsziele suchen, noch unattraktiver werden.Trump ist entschlossen, die globale Wirtschaftsordnung zu demontieren, die es seiner Ansicht nach anderen Ländern ermöglicht, die USA zu übervorteilen. Als Reaktion darauf dürften viele Entwicklungsländer beginnen, ihre Beteiligung an einem ihren Interessen nicht länger dienenden ungleichen System – und ihre Unterordnung unter dieses System – zu überdenken. Doch der vor ihnen liegende Weg wird gefährlich bleiben, solange keine glaubwürdige Alternative erkennbar wird.Aus dem Englischen von Jan Doolan© Project SyndicateWeiter zum vollständigen Artikel bei IPG Journal
Quelle: IPG Journal