Bruce Greenwald: Die Value-Koryphäe
Er redet gern Klartext: Der New Yorker Wirtschaftsprofessor Bruce Greenwald erklärt Anlegern, wie sie am besten investieren.
Werte in diesem Artikel
von Ralf Ferken, Euro Magazin
Bruce Greenwald ist Professor in New York. Eigentlich ein ganz normaler Job — aus seiner Sicht. Doch das stimmt nicht. Greenwalds Lehrstuhl an der Columbia Business School ist außergewöhnlich. Bereits Warren Buffett studierte dort, einer der reichsten Menschen der Gegenwart. Dessen Lehrer wiederum hieß Benjamin Graham, so etwas wie der geistige Vater des Value-Investing. Buffett und Graham am eigenen Lehrstuhl? Mehr geht nicht im Value-Bereich. Heute unterrichtet Greenwald das Fach Value-Investing und ist selbst zu einer Value-Koryphäe geworden. Bei seinen Studenten ist er populär. Sie strömen in seine Vorlesungen und haben ihn mehrfach zum besten Professor der Universität gekürt. Dass sie bei ihm einnicken, ist unwahrscheinlich. Greenwald weiß sein Publikum zu unterhalten. Er argumentiert leidenschaftlich und spricht lebhaft.
Gern altmodisch
Das war auch im Juni 2013 so, als Greenwald in München auf der Value Intelligence Conference auftrat. Fondsmanager Stefan Rehder, Chef der Fondsboutique Value Intelligence Advisors, hatte das Vorbild für seine eigene Anlagestrategie erneut nach Deutschland gelotst.
Auf der Bühne lieferte sich Greenwald einen Schlagabtausch mit Felix Zulauf, dem renommierten Hedgefondsmanager aus der Schweiz. Werden Dienstleistungen für eine Volkswirtschaft überschätzt? Zulauf meinte ja, Greenwald hielt dagegen. Ist Nestlé immer noch eine attraktive Aktie? Greenwald sagte ja, da die Aktie in den vergangenen Jahren alle Krisen überstanden habe und das Unternehmen bei Inflation höhere Preise durchsetzen könne. Das stimme, aber kurzfristig könne der Aktienkurs dennoch fallen, schränkte Zulauf ein. Die Mittagspause unterbrach ihre Diskussion.
Später hielt Greenwald seinen eigenen Vortrag — und die Zuhörer staunten. Greenwald, der im Jahr 1946 geboren wurde, nutzte dafür keine computergestützte Powerpoint-Präsentation, sondern einen Diaprojektor. Geradezu passend für einen Value-Investor, der auf bewährte Dinge setzt. „Der Diaprojektor ist immer noch eine überlegene Technik“, gab sich Greenwald überzeugt, außer, man stolpere über das Kabel, räumte er lachend ein.
Richtige Fragen stellen
„Was ist Value“?, fragte Greenwald schließlich. Einen Dollar für 60 Cent zu kaufen, wie es die bekannte Value-Kurzformel sagt? Nein, das allein sei zu simpel, erklärte er. Denn wenn jemand eine Aktie kaufe, würde jemand anderes sie verkaufen, der nicht an steigende Kurse glaube. Nur einer von beiden könne recht haben. Greenwald liebt es, seine Zuhörer auf diese grundsätzlichen Fragen aufmerksam zu machen. Sein Rat an Anleger: Sie sollten nur dort investieren, wo sie sich auskennen. Auch Warren Buffett habe seinen Erfolg in nur wenigen Sektoren erreicht, in Konsumwerten und Versicherungen. Zudem müssten Anleger die richtigen Fragen stellen. Etwa bei BMW, dem deutschen Autohersteller. „Wird es in 20 Jahren noch eine Autoindustrie geben? Ja natürlich“, so Greenwald. „Wird es in 20 Jahren noch eine Autoindustrie in Deutschland geben? Das ist nicht so sicher.“ Und habe BMW gegenüber anderen Autoherstellern einen unschlagbaren Vorteil? Eher nicht. Daher sei die BMW-Aktie schwer zu beurteilen.
Leichter tut er sich da bei Coca-Cola. In jedem Land würden die Menschen verschiedene Biersorten bevorzugen. Aber wer eine Cola trinken wolle, kaufe meist dieselbe Marke: Coca-Cola. Ein Wettbewerbsvorteil, den kein Konkurrent aufholen könne. Und wie bewertet er Apple, die momentan meistdiskutierte Aktie? „Apple ist eine Gewinnmaschine und die Aktie nicht zu teuer“, urteilt Greenwald. Das gelte aber nur für den Moment. Auch Motorola und Nokia hätten ihre Erfolge verspielt, warnt er.
Theorie in der Praxis
Sein Wissen wendet Greenwald auch in der Praxis an. Bei der amerikanischen Fondsgesellschaft First Eagle leitet er das Research und unterstützt die Fondsmanager. An seiner Seite steht Jean-Marie Eveillard, Jahrgang 1940, eine andere wahrhaftige Koryphäe des Value-Investing.
In Deutschland können Anleger den globalen Aktienfonds von First Eagle zwar nicht kaufen. Der französische Fondsanbieter Amundi vertreibt jedoch eine Art Kopie des First Eagle Global Fund, den Amundi International Sicav. Gerade in Baissephasen überzeugte der Amundi International Sicav. Als Aktien in den Jahren 2000 bis 2003 und 2008 bis 2009 massiv einbrachen, verlor der Amundi-Fonds nur moderat.
Da er nie hohe Verluste aufholen musste, liegt er nun über fünf und zehn Jahre deutlich vor dem MSCI World Aktienindex. Kurzum: Was Greenwald in der Theorie lehrt, funktioniert auch praktisch.
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