€uro am Sonntag

Marc Faber im Interview: Eine Blase folgt auf die nächste

aktualisiert 03.11.11 10:11 Uhr

€uro am Sonntag im Gespräch mit Investmentstratege Marc Faber über die Schweiz, China, Gold und die Aktienmärkte.

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Finanzielle Sorgen macht sich Marc Faber nicht. Der Invest­mentprofi sitzt unter an­derem im Verwaltungsrat von drei kanadischen Minengesellschaf­ten und mischt bei diversen Aktienfonds mit Schwerpunkt Asien mit. Vor allem aber hat er in seiner Laufbahn erfolgreich Geld angelegt. Und er weiß, wie man sein Kapital in schwierigen Zeiten schützt. Derzeit steckt sein Kapital in Gold und Immobilien. Faber rechnet mit heftigen Schwankungen an den Finanzmärkten. Die Schuldenprobleme in der Eurozone und die wirtschaftliche Schwäche der USA sind seiner Meinung nach nur zum Teil ­dafür verantwortlich.

Was die Finanzmärkte schon jetzt belastet und zu weiteren massiven Einbrüchen führen kann, sind vielmehr die Entwicklungen im Reich der Mitte: „In China stimmt etwas nicht“, sagt Faber. Der dortige Untergrund-Darlehensmarkt und sinkende Immobilienpreise könnten eine Rezession auslösen und die Weltwirtschaft in eine schwere Krise stürzen. Der langfristige Ausblick von „Dr. Doom“ gibt zu Optimismus wenig Anlass. „Die Nullzinspolitik zwingt Anleger, ihr Geld zu investieren. So folgt eine Blase auf die nächste.“

€uro am Sonntag: Die Finanzwelt scheint erneut auf einen Abgrund zuzusteuern. Droht ein Kollaps?
Marc Faber:
Ich habe Verständnis für jene, die an einen Kreditkollaps glauben. Sie befürchten, dass die gesamte Finanzwelt zusammenbricht. Ich glaube aber nicht, dass es so weit kommen wird. Die expansive Geld­politik der Amerikaner nötigt die anderen Notenbanken, auch die Europäische Zentralbank, ebenfalls Geld zu drucken. Wenn sie es nicht tun, ­haben sie ein starke Währung. Eine starke Währung muss allerdings nicht immer ein Nachteil sein. Denn sie zwingt die Unter­nehmen dazu, die Produk­tivität fortwährend zu erhöhen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Länder wie zum Beispiel die Schweiz sind aber stark vom Export abhängig.
Die Schweiz kauft die meisten Rohstoffe im Ausland. Diese werden mit einem starken Franken billiger. Zudem produzieren die Schweizer Firmen weitgehend einzigartige Produkte, denken Sie etwa an die Uhrenindustrie. Ein Chinese kauft immer noch eine Rolex, auch wenn sie zehn Prozent mehr kostet. Ich behaupte, dass die Schweizer In­dustrie zu 70 Prozent nicht unter dem starken Franken leidet.

Die Politiker wollen nach der Dexia- Rettung die Banken in Europa re­kapitalisieren. Können sie auf diese Weise Bankpleiten abwenden?
Sämtliche Banken müssen rekapitalisiert werden, und größere Abschreibungen sind notwendig. Darüber hinaus sollte das Trennbankensystem eingeführt werden.

Schätzen Investoren die Krise denn richtig ein?
Die Probleme in Europa sind riesig. Aber ich glaube nicht, dass die Weltbörsen deswegen um 20 Prozent gefallen sind.

Was ist der wahre Grund?
In China stimmt etwas nicht. Es werden noch einige große Skandale ans Licht kommen. Es gibt sehr viel Betrug, und auch die Inflationsrate ist viel höher als offiziell ausgewiesen. Tatsächlich beträgt sie zehn bis 15 Prozent. Zudem hat sich in China ein sehr fragwürdiger Untergrund-Dar­lehensmarkt entwickelt, der durch die lokalen Regierungen unterstützt wird.

Können Sie das näher erklären?
Das funktioniert so: Die Regierung gibt einem lokalen Kredithai Geld, der ihr eine Rendite von fünf Prozent garantiert. Er verleiht das Geld dann zu zehn Prozent an Personen, die von den Banken keine Hypotheken er­halten. Doch sobald die Immobilienpreise sinken, bricht dieser Markt ­zusammen. Dies würde das Wirtschaftswachstum in China stark beeinträchtigen.

Mit welchen Folgen?
Wenn sich das Wirtschaftswachstum in China nur um einige Prozent verlangsamt, hat das großen Einfluss auf die Immobilienmärkte, Währungen und Rohstoffe. Wenn die Welt ­eines Tages aufwacht und China in ­einer Rezession steckt, werden die Märkte massiv einbrechen.

Wie stark werden die Börsen kor­rigieren?
Die meisten westlichen Länder haben Nullzinsen. Die Anleger sind gezwungen, das Geld zu investieren. Es fließt in die Aktienmärkte, Rohstoffe und Immobilien. Eine Blase folgt auf die nächste. Dies kreiert gewaltige wirtschaftliche und finanzielle Volatilitäten.

Nach technischen Faktoren sind die Börsen überverkauft?
Ja, die Aktienkurse könnten also noch etwas zulegen, bevor der nächste Einbruch folgt. Wenn der US-Index S & P 500 unter 1.000 Punkte fällt, wird Fed-Chef Ben Bernanke aber wieder die Gelddruckmaschine anwerfen.

Trotz aller Probleme in den USA ­fliehen die Anleger in US-Staats­anleihen. Warum?
Sehr viele Anleger trauen den Banken nicht mehr. Sie legen ihr Geld lieber in Treasuries an, die kurzfristig sicher sind. Hinzu kommt noch ein anderer Grund. Lange war der Dollar sehr schwach gegenüber allen anderen Währungen. Der Dollar schwächt sich ab, wenn sich die Liquidität in der Welt erhöht. Und er steigt, wenn sich die Liquidität verringert. Das ist im Moment der Fall. Meine Interpretation ist, dass die Liquidität schrumpft, weil die Banken Probleme haben, Geld aufzunehmen.


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Und der Euro?
Wenn ich vom Mars kommen würde und wählen könnte, welche Währung ich kaufe, würde ich eher den Greenback kaufen als den Euro. Wer aber langfristig eine wirklich starke Währung haben will, sollte Gold kaufen. Zwar ist es möglich, dass der Goldpreis aufgrund der aktuellen Liquiditätsverknappung kurzfristig noch um rund 200 Dollar pro Unze fällt, doch ich sage immer: Wenn Sie etwas kaufen und darauf nicht 30 Prozent verlieren können, dann machen Sie lieber gar nichts.

Was haben Sie zuletzt gekauft?
Alle fragen mich, was ich in diesen Zeiten mache. Ich mache gar nichts.

Gold müssten Sie doch erworben ­haben – Sie kaufen ja monatlich ein wenig dazu?
Ja, wenn Gold einbricht, kaufe ich wesentlich mehr. Ich halte mich aber an die Regel, je rund ein Viertel des Depots in Bargeld, Immobilien, Aktien und Gold zu halten.

Wann kaufen Sie Aktien zu?
Wenn die Börsen um 20 Prozent fallen, werde ich Aktien übergewichten. Wenn sich die Aktienmärkte um 15 Prozent erholen, verkaufe ich einen Teil.

Sind die Börsen in Schwellenländern attraktiver als in Europa und den Vereinigten Staaten?
Die Schwellenländerbörsen werden noch um 20 Prozent fallen. Dann werden vor allem die Aktien in Singapur, Malaysia, Hongkong und Thailand ­relativ günstig sein. Es sei denn, die Welt fällt in eine Depression. Dies denke ich aber nicht. Wie ich eingangs schon sagte: Die Notenbanken rund um den Globus werden wie verrückt Geld drucken.

Droht dann eine Hyperinflation?
Bei den Konsumgütern nicht unbedingt. Die Inflation kann sich aber auch in steigenden Aktienmärkten und steigenden Rohstoffpreisen bemerkbar machen.

Machen Sie sich Sorgen um die ­Zukunft?
Ich mache mir höchstens Sorgen um meine Gesundheit. Das sind für mich die größeren Bedenken, als wenn die Weltwirtschaft fällt. In der großen Depression der 30er-Jahre sind übrigens viele Leute reich geworden. Das Leben ging weiter. Der Alkoholhandel blühte. Finanziell mache ich mir keine Sorgen. Ich habe keine Schulden. Wenn jedoch Gold schlecht läuft, ist alles schlecht. Daneben habe ich aber wie gesagt noch Aktien, Immobilien und Bargeld.

Liegt Ihr Vermögen in der Schweiz?
Ich habe ein Konto bei der Credit-­Suisse-Tochter Clariden Leu. Ich habe dort allerdings nur Aktienportfolios und Gold im Safe.

Dieser Safe muss ja riesige Ausmaße haben!
Ich habe zwei Safes (lacht). Bedenken Sie, dass ein Kilo Gold kleiner ist als eine Zigarettenschachtel.

Wie viele Kilo Gold besitzen Sie?
Ich habe keine Ahnung. Und wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen.

Ist das Gold in der Schweiz am ­sichersten?
Nein, im Gegenteil. Ich werde mein Gold mehr und mehr nach Singapur und Hongkong verlagern.

Warum?
Eine Möglichkeit, alle Probleme auf der Welt in den Griff zu kriegen, wäre, den Goldpreis massiv zu erhöhen und zum Goldstandard zurückzukehren. Der Dollar könnte mit 10.000 Dollar pro Unze gedeckt werden. Dazu könnten die Amerikaner wie in den 30er-Jahren das Gold zum heutigen Preis einsammeln. Dann würden die Europäer und insbesondere die Schweizer nachziehen. Die Schweizer Bankiers lenken ja schnell ein, wenn man ihnen droht, ihnen alle Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten wegzunehmen.

Investor-Info

DB Physical Gold ETC
Gekoppelt an den Goldpreis

Die Wertentwicklung des von der Deutschen-Bank-Tochter db x-trackers ausgegeben Papiers ist an den Goldkassakurs gekoppelt. Es wird durch die Hinterlegung von Goldbarren gesichert. Der Anleger muss den Rohstoff Gold daher nicht physisch erwerben.

Craton cap. Precious Metal
Gewinner des Goldbooms

Der Fonds investiert in Unternehmen, die in der Förderung und dem Abbau von Gold und anderen Metallen tätig sind. Auf Sicht von drei Jahren erzielte Manager Markus Bachmann 116 Prozent.

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