Chinas Wirtschaft wächst robust - aber kaum Hoffnung auf Reformen

Die Wirtschaft in China bleibt dank einer starken Kreditvergabe weiter auf robustem Wachstumskurs.
Von Juli bis September sei die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im Quartalsvergleich um 6,8 Prozent gewachsen, teilte das nationale Statistikbüro am Donnerstag mit. Analysen hatten dies erwartet. Im dritten Quartal war das Wachstum damit minimal schwächer als im zweiten Quartal. Die konjunkturelle Dynamik liegt aber immer noch deutlich über dem Jahresziel der Regierung, die "rund 6,5 Prozent" anstrebt. Als gefährlich sehen Experten allerdings die hohe Verschuldung an.
Nach Einschätzung des Chefvolkswirten Thomas Gitzel von der VP Bank aus Liechtenstein liefern die Daten aus China eine eindeutige Botschaft: "Derzeit braucht man sich um das chinesische Wachstum nicht zu sorgen." Ökonomen führten das kräftige Wachstum auf die anhaltend hohe Kreditvergabe zurück, durch die der Bausektor einen Boom erlebe und viele Staatsbetriebe künstlich am Leben gehalten würden.
Durch immer höhere Unternehmensschulden würden Probleme jedoch nicht gelöst, sondern nur verschoben. Chefvolkswirt Gitzel wies auf die Gefahren der starken Verschuldung in China hin: "Die Dynamik des Schuldenaufbaus nimmt unheilvolle Dimensionen an".
"Die Regierung hat sich entschieden, dass ihr ein stabiles Wachstum derzeit wichtiger ist, als die Entschuldung voranzutreiben", kommentierte Christopher Balding von der HSBC Business School in Shenzhen. China habe zwar versprochen, Maßnahmen gegen die hohen Schulden zu ergreifen. "Die realen Taten belegen aber etwas ganz anderes."
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte sich zuletzt positiv zur konjunkturellen Entwicklung in China geäußert. Er hob in der vergangenen Woche zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Wachstumsprognose für die zweitgrößte Volkswirtschaft um 0,1 Prozentpunkte auf 6,8 Prozent an. Allerdings warnte der IWF in seinem Bericht auch, dass China das stärker als erwartete Wachstum nach wie vor durch höhere Schulden erkaufe. Dies könne in Zukunft zu "einem starken Abschwung" führen. Der IWF forderte Peking auf, die Kreditvergabe zu zügeln.
Zum Auftakt des chinesischen Parteikongresses, einem nur alle fünf Jahre stattfindenden politischen Schlüsseltreffen, gab es kaum Anzeichen, dass die Regierung die Stützungsmaßnahmen für die Konjunktur bald zurückgefahren wird. Statt neuer Rezepte für die Wirtschaft, wiederholte Staats- und Parteichef Xi Jinping schon früher von der Regierung ausgegebene, aber noch immer nicht umgesetzte Reform-Versprechen.
"Chinas offene Tür wird nicht geschlossen, sondern nur noch weiter geöffnet", hatte Xi Jinping zur Eröffnung des Parteitages am Mittwoch gesagt. Die Regierung wolle Regeln und Praktiken "ausradieren", die fairen Wettbewerb behindern. Der Markt müsse eine "entscheidende Rolle" spielen. Im gleichen Satz hob der Präsident aber hervor, dass der Staat seine Rolle besser spielen müsse.
Zuletzt hatte sich unter anderem die Industrieproduktion spürbar verstärkt. Im September gab es bei der Fertigung nach Daten der Statistikbehörde ein Plus von 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im August hatte die Wachstumsrate nur bei 6,0 Prozent gelegen. Eine ähnlich positive Entwicklung zeigte sich auch im Einzelhandel. Hier legte der Umsatz im Jahresvergleich um 10,3 Prozent und damit etwas stärker als zuletzt zu. Volkswirte hatten im Mittel nur einen September-Anstieg um 10,2 Prozent erwartet./jpt/DP/jkr/jsl/zb
PEKING (dpa-AFX)
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