Schlechtes Omen

Bill Gross warnt vor einem möglichen Wirtschaftskollaps

22.07.17 10:05 Uhr

Bill Gross warnt vor einem möglichen Wirtschaftskollaps | finanzen.net

Der weltweit bekannte Bond-Guru Bill Gross sieht in der aktuell strafferen Notenbankpolitik der USA eine Gefahr für die größte Volkswirtschaft der Welt. Steht uns jetzt ein Wirtschaftskollaps á la 2008 bevor?

Laut dem neusten Investment Outlook von Janus Henderson Investors vom Juli 2017 - in dem Bill Gross monatlich seine Gedanken zu den internationalen Märkten preisgibt - warnt der Investmentmanager vor einer möglichen Rezession in der Weltleitwirtschaft USA. Nach Gross könnten die Zinsanhebungen der US-Notenbank Fed die Renditen auf ein Niveau befördern, welches zu einer flachen oder gar inversen Zinsstruktur führt. Zu einer flachen Zinsstruktur kommt es, wenn die kurzfristigen Renditen - oftmals gemessen an den dreimonatigen Treasury Bills - sich den langfristigen Renditen - beispielsweise gemessen an den zehnjährigen Treasury Bonds - stark annähern. Das heißt, die Rendite von lang- und kurzfristigen Staatsanleihen ist in etwa gleich hoch, beziehungsweise es herrscht nur noch ein sehr geringer Renditeabstand zwischen beiden Renditen vor. Bei einer inversen Zinsstruktur rentieren kurzfristige Staatsanleihen sogar unter langfristigen Staatsanleihen. Diese Konstellation ist zwar aus Rendite/Risikoüberlegungen heraus absurd - dennoch zeigt die Empirie hierfür diverse Beispielphasen. Eine Inversion der Zinskurve wäre aus historischer Perspektive der mögliche Todeskuss für den aktuellen Wirtschaftsaufschwung. Laut Gross könnte es jedoch schon früher der Fall sein - doch dazu später mehr.

Inverse Zinsstruktur als böses Omen

In den letzten 25 Jahren ist es immer dann zu einer Rezession in den USA gekommen, wenn die Zinsstruktur zuvor invers wurde. Somit sind die letzten drei Rezessionen im Jahr 1990, 2001 und 2007-2009 durch eine Inversion der Zinskurve korrekt im Voraus prognostiziert worden. Der mögliche Mechanismus dahinter: Im Wirtschaftsaufschwung übertreibt es die Notenbank häufig mit ihren Zinserhöhungen, was die Renditen am kurzen Ende steigen lässt. Da viele Marktteilnehmer nach Jahren der Prosperität jedoch wieder einen nahen Wirtschaftsabschwung heraufziehen sehen und aus dem haussierenden Aktienmarkt aussteigen und ihre Gelder in langfristige Staatsanleihen umschichten, lässt die verstärkte Kaufnachfrage nach langfristigen Staatsanleihen die Renditen am langen Ende fallen. Das Resultat kann eine Inversion sein, die an den Märkten eher selten und untypisch ist, da es für Zinspapiere normalerweise umso mehr Rendite geben sollte, je länger man auf sein Geld verzichtet - quasi als Risikoausgleich. Kommt es jedoch zur Inversion, so war dies zumindest in den letzten Dekaden ein böses Omen für die Konjunktur.

Aktuelle Lage

Trotz der Querelen um den amtierenden US-Präsidenten Trump, geht es der US-Wirtschaft aktuell gut. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie lange nicht mehr und der Einkaufsmanagerindex des ISM als vielbeachteter Wirtschaftsindikator signalisiert Wachstum. Daneben liegt das Konsumentenvertrauen auf einem hohen Niveau und zeigt, dass die US-Verbraucher positiv gestimmt sind. Da der Konsum in den USA rund zwei Drittel der Wirtschaftskraft ausmacht, kann ein hoher Wert beim Konsumentenvertrauen nur gut sein. Aber aufgepasst: In der Historie fielen positive Extremwerte bei wichtigen US-Wirtschaftsindikatoren beziehungsweise niedrige Arbeitslosenquoten häufig mit dem Beginn von Wirtschaftsabschwüngen zusammen. Eigentlich klar: Da jedem Boom der Bust folgt, muss die Baisse am Ende des Booms geboren werden.
Was die Zinsstruktur anbetrifft: Hier ist aktuell noch keine Inversion festzustellen. Die Betonung lautet "noch nicht". Es kommt wohl darauf an, wie oft und wie stark die Notenbank noch an der Zinsschraube dreht. Aber dennoch gibt Gross bei der aktuellen Marktlage zu bedenken, dass die kurzfristigen Zinsen nicht unbedingt bis auf beziehungsweise über das Renditeniveau der langfristigen Zinsen steigen müssten, um eine Rezession auszulösen. Allein schon eine flachere Zinsstruktur als jetzt könnte einen Wirtschaftsabschwung signalisieren. Die Notenbank sollte somit aufpassen, es mit ihren Zinsanhebungen nicht zu übertreiben. Aufgrund der hohen Verschuldung - angefangen von jungen Studierenden, über Privathaushalte bis hin zu Unternehmen - könnten höhere Zinsen ein Risiko sein, so Gross.



Redaktion finanzen.net

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