Stuttgarter LV-Vorstand: "Auf sinkende Renditen reagieren"

Ralf Berndt, Der Vorstand der Stuttgarter Lebensversicherung über die Entscheidung, als erster Branchenakteur die Abschlussprovision der Vermittler zu kürzen.
von Martin Reim, €uro am Sonntag
Die Kritik von Verbraucherschützern ist uralt: Lebensversicherer zahlen ihren Vermittlern zu viel für einen Vertragsabschluss. Nun senkt die Stuttgarter als erster Branchenakteur die übliche Abschlussprovision von vier auf 2,5 Prozent. Die Zahlen beziehen sich auf das, was der Kunde voraussichtlich in die Police einzahlen wird. Im Gegenzug erhöht die Stuttgarter die Provision, die im Vertragsverlauf fließt. Diese neue Lösung ist insbesondere für Sparer gut, die ihren Kontrakt vorzeitig kündigen. Denn dann ist mehr im Guthabentopf vorhanden. Stuttgarter-Vertriebsvorstand Ralf Berndt über die Gründe dieser Entscheidung.
€uro am SonntaG: Warum zahlt die Stuttgarter ihren Vermittlern weniger pro Vertragsabschluss?
Ralf Berndt: Seit einem Jahrzehnt schrumpfen die Renditen für die Kunden. Die Kosten haben sich aber nicht verändert. Aus diesem Grund müssen wir angesichts der anhaltenden Niedrigzinsen auf die sinkenden Renditen reagieren und die Kosten unseres Produkts anpassen. Wir können nicht für immer geringere Leistungen dasselbe verlangen.
Das klingt selbstlos. Reagieren Sie nicht vielmehr auf Druck des Gesetzgebers?
In der Tat hat der Gesetzgeber ganz klar gezeigt, dass er solch eine Senkung wünscht, auch wenn er sie nicht explizit vorgegeben hat. Wir als Branche tun gut daran, dem zu folgen. Sonst werden uns irgendwann Daumenschrauben angelegt, und das kann keiner wollen. Außerdem gilt: Würden wir die bisherigen Abschlussprovisionen beibehalten, so müssten wir den Teil über 2,5 Prozent aus dem eigenen Ertrag bezahlen und dürften dies nicht mehr dem Kunden in Rechnung stellen. Dies ist für die Versicherungsbranche, die sowieso schon stark belastet ist, schlichtweg nicht möglich.
Bislang stehen Sie mit Ihrer Initiative allein.
Wie lange noch?
Wir glauben, dass es sich kein Versicherer in Deutschland leisten kann, die Reform nicht im Sinne des Gesetzgebers umzusetzen. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Branche in den nächsten zwölf bis 18 Monaten folgen wird.
Die Finanzaufsicht Bafin hat die Anbieter bereits davor gewarnt, die neuen Regeln zu umgehen.
Was steckt dahinter?
Es ist nicht auszuschließen, dass Versicherer doch noch versuchen, die bisherigen Abschlussprovisionen weiterzuzahlen und diese Kosten dem Kunden anzulasten. Dies ist nicht in Ordnung, und ein solches Verhalten müsste nach unserer Ansicht auch öffentlich verurteilt werden.
Wie können Kunden herausfinden, ob ein Versicherer korrekt kalkuliert?
Indem er von verschiedenen Anbietern die Rückkaufswerte, insbesondere der ersten zehn Versicherungsjahre, vergleicht - also das, was bei einem vorzeitigen Vertragsende ausbezahlt wird. Wer hier mehr bietet, arbeitet vermutlich korrekt.
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Bildquellen: Stuttgarter Lebensversicherung a.G.