Lindner bringt Stufenmodell für Soli-Abschaffung ins Spiel
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--FDP-Chef Christian Lindner hat als Kompromiss in den Jamaika-Verhandlungen ein Stufenmodell für die Abschaffung des Solidaritätszuschlags ins Gespräch gebracht, das zunächst untere und mittlere Einkommensschichten entlasten würde. "Wir erinnern an unser Modell von 2015, den Soli im ersten Jahr für Einkommen bis 50.000 Euro entfallen zu lassen", sagte Lindner dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Der Solidaritätszuschlag solle "noch vor der nächsten Wahl dann komplett" entfallen.
Lindner nahm zudem die Forderung aus dem FDP-Wahlprogramm zurück, den europäischen Rettungsschirm ESM auslaufen zu lassen. "Als Elf-Prozent-Partei kann man nicht Deutschland und ganz Europa den Weg diktieren." Der ESM habe Kompetenz bei der Überwachung der Stabilitätsziele aufgebaut und sei oft objektiver als die Kommission. "Wenn der ESM bleibt, könnte er ein Instrument für mehr Disziplin werden", sagte Lindner.
Im Streit um die Einhaltung der Klimaziele stellte er sich hinter den Vorschlag des Sachverständigenrates, einen europaweiten Mindestpreis für CO2 einzuführen. Das werde den Einsatz von Kohle "automatisch, effizient und sozial verträglich zurückgehen" lassen.
Der FDP-Vorsitzende war Anfang der Woche bereits von der Forderung der Liberalen nach einer großen Steuerreform abgerückt und hatte damit auf eine Kompromissbereitschaft der Grünen in für sie zentralen Fragen reagiert. Grünen-Chef Cem Özdemir hatte signalisiert, nicht mehr auf einem Ende des Verbrennungsmotors bis 2030 zu bestehen, und von einem nur noch schrittweisen Kohleausstieg gesprochen. Die FDP will aber eine Abschaffung des Solidaritätszuschlages in dieser Legislaturperiode. Ursprünglich hatte sie dies allerdings bereits für 2019 gefordert. Vor den Sondierungen am Freitag nannte Lindner nur noch allgemein die "Zukunft des Soli" als Thema.
Die Verhandler von Union, FDP und Grünen wollen am Freitag erste Beschlüsse in zentralen Fragen fassen. Dazu tagen sie in unterschiedlichen Zusammensetzungen, später auch in der großen Sondierungsrunde. Es soll außerdem zu einem Treffen der Parteivorsitzenden kommen. In den bisherigen Sondierungen hatten sich die Bereiche Finanzen, Migration, Klimaschutz und Verkehrspolitik als besonders strittig gezeigt. Nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sollen die Sondierungen am kommenden Donnerstag enden.
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November 10, 2017 06:23 ET (11:23 GMT)