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Allianz-Vorstand: "Ich rate ab, nur deshalb zu ­unterschreiben"

25.10.14 08:00 Uhr

Allianz-Vorstand: "Ich rate ab, nur deshalb zu ­unterschreiben" | finanzen.net

Alf Neumann, der Allianz-Vorstand, über den ­sinkenden Garantiezins, neue Lebensversicherungen - und den Wechsel von Starinvestor Bill Gross.

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von Martin Reim, €uro am Sonntag

Lebensversicherungen sind immer eine Schlagzeile wert. Kein Wunder, denn die Deutschen sorgen für ihr ­Alter am liebsten mit Kapitallebens- und privaten Rentenpolicen vor. Doch so viel mediale Aufmerksamkeit wie in diesem Jahr gab es wohl noch nie. Hauptgrund ist eine umfassende Gesetzesreform, die seit August gilt. Seitdem haben Kunden, deren Verträge auslaufen, große Nachteile. Ihre Schlusszahlungen schrumpfen erheblich oder können sogar komplett wegfallen. Weitere wichtige Neuerung: Der sogenannte Garantiezins sinkt ab Anfang 2015 für neue Verträge von 1,75 auf 1,25 Prozent. Grund genug also, mit dem Privatkundenvorstand des bundesweit größten Anbieters, Allianz Leben, zu reden. Doch am Anfang soll eine Personalie aus dem Hause Allianz stehen, die weltweit Aufmerksamkeit erregte.

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€uro am Sonntag: Niemand verwaltet so viel Geld der Allianz Leben wie die Fondsgesellschaft Pimco. Vor Kurzem ist deren ­Star-investor Bill Gross gegangen. Macht Sie das unruhig?
Alf Neumann: Keineswegs. Der Wechsel hat aus meiner Sicht keine Auswirkungen. Es geht nicht um Bill Gross, sondern um die Expertise der individuellen Fondsmanager und Analysten. Und sie bleiben bei Pimco die gleichen, auch die Strategie ist unverändert.

Das sagen Sie doch nur, weil Pimco der Allianz gehört und es Ärger geben würde, wenn Sie Geld abzögen.
Wir können unsere Mandate so vergeben, wie wir möchten. Aber wir wollen gar nichts ändern. Pimco hat fast immer überdurchschnittlich gute Ergebnisse geliefert.

Die Kapitalanlage ist entscheidend für das, was letztlich bei den ­Kunden ankommt. Wie hoch wird die Überschussbeteiligung bei ­Lebensversicherungen Ihres ­Hauses für 2015 liegen?
Das entscheiden wir am Jahresende. Wir haben belastende Faktoren, nämlich die Senkung der Zinsen, ­gegenüber der Situation vor einem Jahr, und wir sehen entlastende.

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Das hätten wir gern konkreter.
Wie Sie sicherlich wissen, haben sich im August die gesetzlichen Regeln geändert, nach denen wir die Kunden an den Bewertungsreserven auf Anleihen beteiligen. Solche Reserven entstehen, wenn der Marktpreis von Papieren über dem Kaufpreis notiert. Die Beteiligung an den Bewertungsreserven auf Anleihen wird künftig auf den Teilbetrag begrenzt, der den sogenannten Sicherungsbedarf übersteigt ...

... also den Puffer, der die ­langfristige Stabilität der Anbieter ­garantieren soll.
Mit der neuen Regelung werden die Ausschüttungen für ausscheidende Kunden und die vertraglichen Verpflichtungen besser in Einklang gebracht. Dadurch verbleiben Erträge im Unternehmen, die der gesamten Versichertengemeinschaft zugutekommen.

Bekommen Kunden überhaupt noch Bewertungsreserven auf Anleihen ausgeschüttet?
Das ist im aktuellen Niedrigzins­umfeld unwahrscheinlich. Allerdings sollte man im Auge behalten, dass der sogenannte Sockelbetrag, mit dem wir unterjährige Schwankungen der Bewertungsreserven abfedern, bestehen bleibt. Die Kunden erhalten also bei jetzt ablaufenden Verträgen mindestens die Gesamtleistung, die wir in der letzten Standmitteilung des Vertrags genannt ­haben.

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Es wird jährlich festgelegt, ob es diesen Sockelbetrag gibt und wie hoch er ist. Was ist für 2015 ­geplant?
Auch diese Entscheidung fällt im Dezember. Für die Kunden zählt dabei stets die gesamte Verzinsung. Wenn sich der Sockelbetrag eventuell ändern sollte, so ist das immer in der Summe aller Deklarationskomponenten zu betrachten.

Viele Lebensversicherer haben Absatzprobleme. Bei Ihnen geht es steil nach oben. Warum?
Das hat mehrere Gründe. Wir haben schon früh eine umfassende Produktpalette eingeführt, die passgenau auf die Kunden und die sich wandelnden Finanzmärkte abgestimmt ist. Wir haben sehr gute Ergebnisse der Kapitalanlage, wir haben eine extrem hohe finanzielle Stabilität. Und unser Vertrieb ist breit aufgestellt.

So weit der Werbeblock. Auch bei Ihnen ist die klassische Lebensversicherung mit durchgehendem Garantiezins unter Druck.
Tatsächlich ist der Anteil klassischer Verträge im ersten Halbjahr auf 40 Prozent gesunken. Das gilt für den Absatz über unseren eigenen Vertrieb in der privaten Vorsorge, also ohne betriebliche Altersvorsorge. Der Rückgang liegt aber nicht zuletzt am Erfolg von Policen, die näher am Kapitalmarkt sind. So hat die Produktlinie "Perspektive", die erst im Juli 2013 eingeführt wurde, mittlerweile einen Anteil am Neuzugang in diesem Segment von gut einem Viertel. Noch nie ist bei Allianz Leben ein neues Produkt so gut gestartet.

Bei besagter "Perspektive" gilt der Garantiezins erst ab Rentenbeginn, davor ist lediglich der Erhalt des Kapitals zugesichert. Die Kunden verzichten also auf Sicherheit ­wegen der vagen Aussicht auf zusätzliche Rendite.
Vage ist die Aussicht nicht. Wir haben für 2014 für "Perspektive" eine um 0,3 Prozentpunkte höhere gesamte Verzinsung festgelegt als bei einem klassischen Produkt. Diese Extraperformance von 0,3 Prozentpunkten bei "Perspektive" im Vergleich zu den klassischen Produkten wurde von uns als fairer, nachhaltiger Ausgleich der unterschiedlichen Garantieniveaus ermittelt, nachhaltig auch bei sich verändernden Rahmenbedingungen. Die Differenz kann aufgrund des Charakters der Überschussbeteiligung jedoch nicht garantiert werden.

Ein weiteres Produkt, das bei der Allianz sehr gut läuft, sind Policen gegen Einmalbeitrag. Hier zahlen Kunden das Kapital auf einen Schlag ein - mit der Option, es inklusive Überschussbeteiligung auf einen Schlag zurückzubekommen oder verrenten zu lassen. Warum sind diese Produkte so beliebt?
Weil die Gesellschaft altert. Viele ­Babyboomer denken angesichts der eingeschränkten Leistungen der gesetzlichen Rente darüber nach, ob sie genug fürs Alter vorgesorgt haben. Wenn die Antwort nein lautet, sind Policen gegen Einmalbeitrag naheliegend. Außerdem sind Verträge gegen Einmalbeitrag und gegen laufende Zahlungen seit 2005 steuerlich gleichgestellt, das hat ­einiges verändert. Die niedrigen Marktzinsen spielen ebenfalls eine Rolle. Wer jetzt investiert, bekommt Renditen, die - auch nach Kosten - sehr attraktiv sind im Vergleich zu alternativen, ähnlich sicheren An­lagen.

Anfang 2015 sinkt der Garantiezins für klassische Neuverträge von 1,75 auf 1,25 Prozent. Sollten Ihrer Meinung nach Kunden deshalb noch schnell abschließen?
Ich rate ab, nur deshalb zu unterschreiben. Wichtig ist die Gesamtrendite eines Lebensversicherungsvertrags, und die ist vom Garantiezins erst mal unabhängig.

Kurzvita

Ein Berufsleben beim blauen Riesen
Die Allianz dominiert die deutsche Assekuranz und liegt auch bei Lebensversicherungen vorn - so weit, dass die folgenden vier Anbieter in der Rangliste zusammengenommen so viel einnehmen wie der Versicherer mit dem blauen Logo allein. Alf Neumann leitet bei Allianz Leben das Geschäft mit Privatkunden, den nach Neubeiträgen größten Bereich. Der promovierte Mathematiker ist im Vorstand außerdem für den Bereich Produkte zuständig. Er ist 49 Jahre alt, in Hamburg geboren und hat sein gesamtes Berufsleben bei der Allianz verbracht.

Neuartige Policen

Tausche Sicherheit gegen Hoffnung auf Rendite
Lange Zeit sah die Produktwelt bei Lebensversicherungen so aus: Die klassische Variante hat einen gesetzlichen Garantiezins über die gesamte Laufzeit, alle anderen Arten kommen ohne diese Garantie aus. Um die Renditeaussichten zu steigern und ihre eigenen Risiken zu senken, haben Allianz und Konkurrent Ergo Verträge entwickelt, bei denen die Garantie lediglich zeitweise greift. Die Allianz-Produktlinie "Perspektive" garantiert zum Ende der Laufzeit lediglich den Erhalt der Prämien. Im Gegenzug soll die jährliche Überschussbeteiligung höher ausfallen als bei klassischen Policen. In der Rentenphase greift der dann gültige Garantiezins. Nachteil: Dieser Wert ist heute ebenso unklar wie andere Grundlagen der Rentenkalkulation, mit denen dann gerechnet wird.

Bei der "Rente Garantie" von Ergo gilt der Garantiezins ebenfalls lediglich in der Auszahlphase. Zum Ende der Ansparphase ist der Kapitalerhalt garantiert - wenn der Vertrag mindestens 15 Jahre läuft. Bei kürzeren Laufzeiten drohen Abschläge, jährliche Überschussbeteiligungen gibt es erst in der Auszahlphase. Zuvor profitiert der Kunde von Erträgen aus Fonds der Ergo-Mutter Munich Re. Ergo nennt ähnlich gute Verkaufszahlen, wie es Allianz-Vorstand Alf Neumann im nebenstehenden Interview tut. Allerdings gibt Ergo nur Spannen an. Nach Angaben eines Sprechers lag der Anteil der "Rente Garantie" am Absatz privater ungeförderter Rentenversicherungen - diese Grundgesamtheit ist also enger definiert als bei der Allianz - Ende Juni bei immerhin 35 bis 42 Prozent. Das gelte für alle Vertriebswege außer dem Vertrieb am Bankschalter.

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Bildquellen: Andreas Pohlmann/Allianz AG

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