ifo-Präsident Sinn will höhere Überziehungszinsen für Griechen
Der Präsident des Münchener ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, hat höhere Überziehungszinsen und eine jährliche Tilgung bei Überziehungskrediten zwischen Euro-Notenbanken gefordert.
"Es kann nicht sein, dass dafür nur 0,05 Prozent Zinsen im Jahr gezahlt werden und dass diese Kredite niemals getilgt werden müssen. Diese Bedingungen fordern zu zusätzlicher Verschuldung geradezu auf und fördern auch noch die Kapitalflucht aus Griechenland", sagte Sinn am Freitag in München.
Sinn bezog sich dabei auf die Tatsache, dass Zahlungen zwischen Notenbanken im Rahmen des Target2-Systems als Verbindlichkeiten und Forderungen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) saldiert, aber nicht regelmäßig ausgeglichen werden. Zudem zahlen die beteiligten Zentralbanken nur einen "Überziehungszins" in Höhe des Hauptrefinanzierungssatzes von 0,05 Prozent.
"Überziehungszins" bezieht sich auf die Tatsache, dass manche Länder über längere Zeit mehr Geld "abheben", als ihnen zufließt. In Ländern mit eigener Währung würde das unweigerlich eine Zahlungsbilanzkrise herbeiführen. Im Euroraum wird die Lücke über eine erhöhte Geldschöpfung der nationalen Zentralbank geschlossen.
Ökonomen beobachten die Entwicklung der Target2-Salden, weil sie beispielsweise im Falle Griechenlands frühzeitig Informationen über eine Kapitalflucht geben können. Sie sind aber mehrheitlich der Ansicht, dass der Target-Mechanismus eine stabilisierende Rolle für die Eurozone spielt.
Kritiker wie Sinn jedoch rechnen regelmäßig nach, wie hoch Deutschlands Target-Außenstände sind und wie hoch die Verluste wären, sollte ein Land aus dem Euro ausscheiden oder die Gemeinschaftswährung gänzlich verschwinden.
Der Münchener Ökonom setzt sich deshalb schon seit längerem dafür ein, das in den USA übliche System einzuführen, bei dem Überziehungskredite zwischen den Distrikten der Notenbank einmal im Jahr ausgeglichen werden müssen. "Das würde die Möglichkeit der Selbsthilfe mit der elektronischen Notenpresse deutlich verringern und die Länder frühzeitig zur Einführung von Kapitalverkehrskontrollen veranlassen, wenn eine Kapitalflucht droht", argumentiert er.
Die Kapitalflucht aus Griechenland betrug nach neuesten Zahlen der griechischen Notenbank im März 5,3 Milliarden Euro. Um diese Summe stiegen die Target2-Verbindlichkeiten Griechenlands bei der EZB. Im Februar und Januar waren es 15,163 und 26,675 Milliarden Euro gewesen. Laut ifo Institut belaufen sich die Target2-Verbindlichkeiten Griechenlands derzeit auf 96,4 Milliarden Euro.
Italiens Target2-Verbindlichkeiten nahmen im März um 5,263 Milliarden Euro zu, während Deutschlands Forderungen um 18,335 Milliarden stiegen.
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