Aramco-IPO: Ist der arabische Ölkonzern viel weniger wert als gedacht?
Der Börsengang des Öl-Produzenten Aramco soll das größte IPO aller Zeiten werden. Saudi-Arabien rechnet mit einer Marktbewertung von mindestens zwei Billionen Dollar - doch Experten sehen das anders.
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Spätestens im Jahr 2018 soll der staatliche Öl- und Chemiekonzern Aramco aus Saudi-Arabien an die Börse gehen. An private Investoren sollen dabei jedoch weniger als fünf Prozent der Anteile verteilt werden. Nichtsdestotrotz wird erwartet, dass die Anleger diese den Saudis regelrecht aus den Händen reißen werden. "Selbst wenn nur ein Prozent der Aramco-Anteile an die Börse gebracht würden, wäre es das größte IPO weltweit", sagte Vize-Kronprinz Mohammed bin Salman in einem Interview, denn Saudi-Arabien rechnet bei Aramco mit einem Börsenwert von mindestens zwei Billionen Dollar. Damit wäre der Konzern auf einen Schlag das größte börsennotierte Unternehmen weltweit und würde auch das IPO-Volumen von Alibaba übertreffen. Beim bis dato größten Börsengang waren rund 24 Milliarden Dollar mit der Platzierung der Aktien erlöst worden. Ein nur fünfprozentiger Anteil an Aramco wäre bei der obigen Bewertung jedoch bereits 100 Milliarden Dollar wert.
Als Grundlage für seine Berechnung verweist Saudi-Arabien auf Aramcos Ölvorräte. Diese belaufen sich auf ungefähr 261 bis 266 Milliarden Barrel. Jedes Barrel soll acht Dollar wert sein. Damit käme man auf eine Bewertung von 2,088 bis 2,128 Billiarden Dollar. Es gibt bei dieser Rechnung nur ein Problem: Bei anderen Ölkonzernen funktioniert sie nicht und auch die Experten kommen zu einer völlig anderen Bewertung.
Ölreserven bei anderen Ölkonzernen nicht entscheidend
Analysten von "Bloomberg" haben die Berechnungsmethode der Saudis auf den russischen Ölkonzern Rosneft übertragen. Das Ergebnis: Geht man nach den Ölvorräten, müsste Rosneft an der Börse ungefähr viermal so viel wert sein, wie es das tatsächlich ist. Auch bei Exxon Mobil haut die Berechnung nicht hin: Hier müsste die Marktkapitalisierung eigentlich rund 50 Prozent tiefer liegen. Für den Wert eines Unternehmens an der Börse ist eben mehr ausschlaggebend, als nur der Wert seiner Assets - oder Ölvorräte. Saudi-Arabien macht es sich mit dieser Rechnung also etwas zu einfach - und schürt dabei womöglich viel zu hohe Erwartungen.
Experten kürzen Aramco-Bewertung drastisch
Die Investmentbank EFG Hermes hat bei einer Konferenz in Dubai 510 Fondsmanager und andere institutionelle Investoren nach ihrer Einschätzung für den Börsenwert von Aramco befragt. Nur 24 Prozent von ihnen gaben an, dass der Markt Aramco voraussichtlich mit mehr als 1,5 Billionen Dollar bewerten würde. 39 Prozent glaubten hingegen, die Marktkapitalisierung des Öl-Produzenten aus Saudi-Arabien werde zwischen 1 und 1,5 Billionen Dollar liegen, 36 Prozent sahen sogar an eine noch niedrigere Bewertung.
Offensichtlich legen die Börsenexperten eine andere Methode zu Grunde, um den Wert von Aramco zu ermitteln. Dabei kalkulieren sie höchstwahrscheinlich den Börsenwert anderer Unternehmen aus der gleichen Peer Group mit ein, blicken auf andere Firmen aus demselben Sektor, die zuletzt Aktien bei Investoren platziert haben und betrachten außerdem den Kapitalfluss. Kurz: Sie verlassen sich auf Daten vergleichbarer Geschäfte, die sie an den Märkten beobachten konnten.
Das haben auch die Experten der "Financial Times" getan. Ihre Schätzung basiert auf den jüngsten Aktienplatzierungen von BP und dem brasilianischen Petrobras-Konzern - und auch sie kommen für Aramco lediglich auf einen Börsenwert von maximal 1,1 Billionen Dollar. Auch die unabhängige Beratungsfirma Wood MacKenzie hat den Wert der Saudi-Firma eingeschätzt und gibt diesen sogar mit nur 400 Milliarden Dollar an. Hier ist allerdings unklar, welche Bewertungsmethode zur Anwendung kam.
Eines machen all diese Zahlen jedoch deutlich: Die Zwei-Billionen-Dollar-Bewertung für Aramco scheint deutlich zu hoch gegriffen, und für Saudi-Arabien könnte auf den Hype um den Börsengang ein böses Erwachen folgen. Ein kleines Trostpflaster gibt es aber: Die meisten Experten glauben immerhin, dass der Ölproduzent zumindest eine Billion Dollar wert sein wird. Auch damit wäre Aramco - nach jetzigem Stand - die wertvollste börsennotierte Firma der Welt.
Redaktion finanzen.net
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Bildquellen: FAYEZ NURELDINE/AFP/Getty Images
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