Ziele angepasst

VW macht Milliardenverlust - Aktie gefragt

28.10.15 17:42 Uhr

VW macht Milliardenverlust - Aktie gefragt | finanzen.net

Der Wolfsburger Autobauer Volkswagen hat im dritten Quartal einen milliardenschweren Verlust gemeldet. Die Aktie ist dennoch gefragt.

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Der kürzlich bekannt gewordene Skandal um manipulierte Abgaswerte hat Deutschlands größtem Autobauer Volkswagen-Konzern im dritten Quartal einen milliardenschweren Verlust beschert. Wie das Unternehmen mitteilte, lag der Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) bei rund 3,5 Milliarden Euro. Damit hatten auch Analysten gerechnet. Vor einem Jahr hatte ein Gewinn von 3,3 Milliarden Euro zu Buche gestanden. Auch unter dem Strich ist das Ergebnis mit minus 1,7 Milliarden Euro tiefrot. Warum das Nachsteuerergebnis nicht noch, liegt in der Besonderheit des China-Geschäftes bei den Wolfsburgern. Da Volkswagen im Reich der Mitte mit Partnern unterwegs ist, behandeln die Buchhalter die Gewinne von dort nur wie eine Art Beteiligung. Daher fließt der Ertrag ins Finanzergebnis und taucht somit vor Zinsen und Steuern noch gar nicht auf. Bis Ende September lagen die anteiligen operativen Ergebnisse der chinesischen Joint Ventures stabil bei 3,8 (3,9) Milliarden Euro.

Milliarden-Rückstellungen

Die Rückstellungen für die millionenfachen Rückrufe von Dieselfahrzeugen wegen der Manipulation von Abgaswerten stockte Volkswagen leicht auf 6,7 Milliarden Euro auf. Im September hatte der Konzern die Summe von 6,5 Milliarden Euro genannt.

Wegen der Belastungen musste der Vorstand um den neuen Konzernchef Matthias Müller die Jahresziele anpassen: Das operative Ergebnis des Konzerns und des Bereichs Pkw werde 2015 deutlich dem des Vorjahres liegen. Die operative Rendite des Konzerns solle vor Sondereinflüssen zwischen 5,5 und 6,5 Prozent liegen, die des Bereichs Pkw zwischen 6,0 und 7,0 Prozent. Bisher hatte Volkswagen diese Spanne ohne Herausrechung von Sonderbelastungen in Aussicht gestellt.

"Wir werden alles daran setzen, verlorengegangenes Vertrauen wiederzugewinnen", sagte VW-Konzernchef Matthias Müller im Rahmen der Zahlenvorlage.

Schadensersatzzahlungen in unbekannter Höhe

Weltweit geht es um etwa 11 Millionen Autos der Konzernmarken VW-Pkw, VW-Nutzfahrzeuge, Audi, Seat und Skoda. Allein in Deutschland müssen 2,4 Millionen Diesel in die Werkstatt zurückbeordert werden. Diese Aktion soll im Januar beginnen. EU-weit sind rund 8,5 Millionen Fahrzeuge betroffen. Neben Ausgaben für Rückrufe drohen noch größere Kosten, etwa für Klagen und möglichen Schadenersatz. Die Softwaremanipulationen dürften Volkswagen in den nächsten Jahren also weiter hohe Beträge kosten. Das ganze Ausmaß des Schadens ist allerdings offen. Es sei nicht klar, ob der Konzern weitere Rückstellungen vornehmen müsse, sagte Unternehmenschef Müller etwa in der vergangenen Woche. Außer den Ausgaben für den Umbau der betroffenen Autos könnten auf Volkswagen unter anderem in den USA hohe Straf- und Schadensersatzzahlungen zukommen.

Volkswagen verfüge über "eine sehr solide und robuste Liquiditätsausstattung", zitierte der Konzern nun seinen neuen Finanzvorstand Frank Witter. Dies werde dem Unternehmen helfen, "die angespannte Situation durch die finanziellen Belastungen der Dieselthematik zu managen".

Experten sehen noch "dickes Ende"

Andreas Paciorek von CMC Markets sagte, es hätten sowieso alle damit gerechnet, dass der Abgas-Skandal den Niedersachsen das Quartal verhagele. Der Blick auf das laufende Geschäft mache aber Hoffnung, dass der Konzern die Krise langfristig in den Griff bekommen könne. Dass sich an den Umsatzerwartungen von Volkswagen nichts geändert habe, wertete Paciorek als positives Signal. Tags zuvor war bekannt geworden, dass der Skandal auf den Bestelleingang noch keine Auswirkungen hatte.

Händler Oliver Roth von der Investmentbank Oddo Seydler sieht bei Volkswagen das dicke Ende erst noch kommen, und zwar zum Jahresausklang - "wenn die eigentlichen Rückstellungen vorgenommen werden".

VW-Aktie gefragt

Auf den ersten Quartalsverlust von Volkswagen seit mehr als 20 Jahren haben die Anleger am Mittwoch gelassen reagiert. Nachdem die im DAX notierten Vorzugsaktien des Autobauers unmittelbar nach Börsenstart zunächst kurz abgerutscht waren, berappelten sie sich gleich wieder und drehten ins Plus. Dass Papier ging um 3,99 Prozent fester bei 109,35 Euro aus der Xetra-Sitzung - und damit als Spitzenreiter im Leitindex.

Seit das Management von Volkswagen im September zugegeben hatte, Abgastests in den USA manipuliert zu haben, haben die Vorzugsaktien gut ein Drittel ihres Wertes verloren. Von dem Anfang Oktober markierten Tief bei 86 Euro haben sie sich inzwischen aber wieder klar nach oben abgesetzt. Vor dem Hochkochen des Skandals kostete die Aktie 162 Euro.
Marktteilnehmer ließen durchblicken, dass sie dem dritten Quartal im Grunde keine allzu Bedeutung beigemessen haben. Die Geschäftszahlen seien eigentlich Makulatur - die wahren Belastungen aus der Krise seien hier noch gar nicht enthalten. Entscheidend werde die erwartete Strafe aus den USA sein, hieß es.

Redaktion finanzen.net mit Material von Reuters, Dow Jones Newswires und dpa (afx)

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