Stoiber in Bedrängnis wegen BayernLB-Affäre
Ab Februar wird der bayerische Landtag das Milliardendebakel um den Kauf der Hypo Group Alpe Adria kären. Für Ex-Ministerpräsident Stoiber wird es immer enger.
von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
Der Untersuchungsausschuss zur BayernLB-Affäre soll neben zahlreichen Vorstands- und Verwaltungsratsmitgliedern der Bank auch die politische Verantwortung von Exministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) klären. Stoiber gehöre zu den Personen, die vor den Ausschuss zitiert werden sollen, sagte die Vizechefin der BayernLB-Kontrollkommission, Inge Aures (SPD), dieser Zeitung.
Der Ausschuss soll voraussichtlich am 27. Januar vom Bayerischen Landtag eingesetzt werden. Weiter befragt werden sollen laut Aures neben den ehemaligen Chefs Werner Schmidt und Michael Kemmer auch Exministerpräsident Günther Beckstein (CSU), Ex-CSU-Chef Erwin Huber, Exfinanzminister Kurt Faltlhauser, CSU-Fraktionschef Georg Schmid, der Regensburger OB Hans Schaidinger (CSU) sowie Ex-Bayern-Sparkassenchef Siegfried Naser. „Sie haben über den Verwaltungsrat die HGAA-Übernahme maßgeblich vorangetrieben“, sagte Aures, die neben Harald Güller die SPD in dem voraussichtlich neunköpfigen Untersuchungsgremium vertreten soll.
Dem Ausschuss sollen außerdem der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr sowie Bernhard Pohl von den Freien Wählern angehören. Das Gremium will sich Anfang Februar konstituieren und sich zunächst einen umfassenden Einblick in die Aktenlage und die Beweismittel verschaffen. Im März werde der Ausschuss zu seiner ersten Sitzung zusammentreffen und mit den Befragungen beginnen, sagt Aures. „Stoiber hat die politische Gesamtverantwortung“, glaubt Sepp Dürr, „weil eine so weitreichende Entscheidung, die den Haushalt mit Milliarden belastet, sicher nicht ohne sein Mitwirken getroffen wurde.“
Bislang kümmert sich eine sogenannte BayernLB-Kontrollkomission des Landtags um akute Schadensbegrenzung bei der Bank. Der BayernLB-Untersuchungsausschuss soll dagegen die politische Verantwortung klären. Parallel ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft derzeit die strafrechtlichen Tatbestände. Im Visier steht bislang der ehemalige Bankchef Werner Schmidt. Beobachter rechnen aber damit, dass die Ermittlungen ausgeweitet werden könnten – unter anderem auf Michael Kemmer, der zum Zeitpunkt der Übernahme BayernLB-Finanzchef war. Neben der Staatsanwaltschaft klärt ein Gutachten zivilrechtliche Schadensersatzansprüche.
Die BayernLB hatte 2007 die marode Hypo Group Alpe Adria für 1,7 Milliarden Euro übernommen, die später wegen fauler Kredite in Schieflage geriet und verstaatlicht werden musste. Die HGAA belastete die BayernLB bislang mit 3,7 Milliarden Euro. Die BayernLB selbst musste mit zehn Milliarden Euro Staatshilfe vor dem Untergang gerettet werden. „Für eklatant halten wir insbesondere, dass die Übernahme der HGAA?– die größte Finanztransaktion, die das Land Bayern jemals vollzogen hat – nicht einmal von einer ordentlichen Sitzung des Verwaltungsrats beschlossen worden ist, sondern in einem sogenannten Umlaufbeschluss“, so Aures.
Grünen-Experte Dürr wiederum wirft Exministerpräsident Stoiber vor, bei der Übernahme persönlich mitgemischt und dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider eine enge Wirtschaftskooperation zugesagt zu haben. Auch als die kroatische Nationalbank ihr Veto eingelegt habe, habe Stoiber sich eingeschaltet. „Wenn Stoiber nicht interveniert hätte, wäre der Deal geplatzt und Bayern mindestens vier Milliarden Euro reicher.“ Schon beim Kauf seien die enormen Risiken der HGAA bekannt gewesen, noch vor dem Closing im Sommer hätte sich zudem abgezeichnet, dass der Kapitalmarkt vor dem Zusammenbruch stehe.
Was die Stützungsmaßnahmen für die Bank im vergangenen Jahr angehe, so Dürr, gerieten auch die aktuellen Regierungsvertreter ins Blickfeld, insbesondere Ministerpräsident Horst Seehofer, Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und Finanzminister Georg Fahrenschon.
Seehofer hatte sich nach längerem Zögern zuletzt im CSU-Parteiorgan „Bayernkurier“ hinter die ehemalige Führungsriege der Partei gestellt und sich gegen Kritik an Stoiber verwahrt. „Wenn sich Seehofer nun vor Stoiber und die Altvorderen der CSU stellt, dann muss er eben selbst mit Beschuss rechnen“, sagt Dürr. „Umso mehr, als ja auch Seehofers Regierung durchaus noch Chancen gehabt hätte, den Gesamtschaden zu mindern. Also werden wir im Ausschuss auch Seehofer, Zeil und Fahrenschon befragen.“