Fossil und Swatch: Warum die Aktien durch die Decke gehen
Mit Uhren im Retro-Stil und anderen Trendprodukten hat das texanische Unternehmen Fossil den Markt erobert. Die Aktie ist dagegen weitgehend unbekannt. Höchste Zeit, sie kennenzulernen.
Werte in diesem Artikel
An den Weihnachtstagen beschenkt sich die Uhren- und Schmuckbranche regelmäßig selbst: mit den größten Umsätzen des Jahres. Nur nicht Fossil. Dort ist das ganze Jahr über Weihnachten.
Seit gut zwei Jahren dürfen die Fossil-Aktionäre eigentlich ununterbrochen feiern. In dieser Zeit ist der Kurs von rund zehn auf 75 Euro gestiegen. Einen großen Sprung nach oben – um zwölf Prozent – gab es zuletzt am 10. Mai, als die Ergebnisse des ersten Quartals verkündet wurden: Sie lagen deutlich über den Erwartungen. Und das tun sie immer.
Der Umsatz stieg in den ersten drei Monaten des Jahres um 36,6 Prozent. 55,8 Millionen Dollar Nettogewinn hat das Unternehmen eingefahren, 55 Prozent mehr als im Vorjahr. Fossil, das ist eine jener Aktien, die kaum einer auf dem Schirm hat – und die doch jeder gern in seinem Depot sehen würde.
Trendige und zugleich hochwertige Uhren für Preise zwischen sieben und 2.000 Dollar, dazu Modeschmuck, Handtaschen, Kleidung, Lederwaren, Sonnenbrillen – die Produkte von Fossil kommen an. Sie sind schicker Mainstream mit Stil und einer Prise Humor. Und sie sind überwiegend in einem Preissegment angesiedelt, in dem auch die Viertuhr nicht wehtut. Das gilt auch für all jene klingenden Marken, unter deren Lizenz die Texaner mit Schweizer Filiale Uhren und Schmuck produzieren: Adidas, Burberry, Diesel, DKNY, Emporio Armani, Michael Kors oder Marc by Marc Jacobs. All diese Labels sind nichts anderes als Fossil.
Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass so viel Zeitgeist ausgerechnet aus Texas kommt, dem Land der Rinder, Rancher und Ölbarone, das als Hochburg des amerikanischen Konservatismus gilt. So verwunderlich ist das bei näherer Betrachtung aber gar nicht.
Gegründet wurde Fossil 1984 von Tom Kartsotis, der damals als Mittzwanziger mit Tickets für Sportveranstaltungen handelte. „Aber das wollte ich als 30-Jähriger nicht mehr machen“, erzählte er zehn Jahre später der US-Zeitschrift „Forbes“ in einem der wenigen Interviews, die der pressescheue Kartsotis je gab.
Sein älterer Bruder Kosta, der seinerzeit noch für eine Warenhauskette in Dallas arbeitete, erkannte den aufkommenden Trend zu Modeuhren. Am besten günstig gefertigt in Fernost. Kurz entschlossen flog Tom einfach mal nach Hongkong. Er bestellte die ersten 1.500 Uhren und verkaufte sie an Geschäfte daheim in Dallas – mit Erfolg. Wenig später gründete er eine Firma namens Overseas Products International.
Kurz darauf stellte der damals 24-Jährige die Designerin Lynne Stafford ein. Sie verpasste den Zeitmessern den Retrostil, jenes gewisse stilistische Augenzwinkern, das in den Folgejahren die Entwicklung des Unternehmens mächtig befeuern sollte.
Die Firma bekam noch den passenden Namen: „Fossil“ – so nannten die Kartsotis-Brüder ihren Vater. Dann kam die Sache mit der Dose. 1989 verkauften die Brüder – Kosta war inzwischen bei Fossil eingestiegen – ihre Uhren erstmals in Metalldosen im Design der 50er-Jahre-Grafik. Das machte sie erst zum richtigen Renner und bedeutete den endgültigen Durchbruch.
Fossil wurde zur ersten US-Uhrenmarke, die die Zeitmessung von der puren Funktion zum Lifestyleprodukt erhob. Und die damit zu einer der bekanntesten Marken der Vereinigten Staaten wurde. Der Umsatz verzehnfachte sich binnen zwei Jahren auf 20 Millionen Dollar.Den Weg für diesen Erfolg hatten freilich andere gebahnt – von der Schweiz aus. Swatch-Gründer Nicolas G. Hayek hatte seine Billiguhren 1983 auf den Markt gebracht und mit ihnen maßgeblich zur Rettung der eidgenössischen Uhrenindustrie beigetragen. Durch Hayek wurden Uhren zum Modethema und Swatch zum weltgrößten Hersteller. Im vorigen Jahr setzte Swatch 6,45 Milliarden Franken (5,3 Milliarden Euro) um und verdiente 1,08 Milliarden (rund 880 Millionen Euro). Auch bei Swatch feiern die Aktionäre seit gut zwei Jahren Weihnachten. Der Kurs hat sich nahezu vervierfacht.
Hayek dient den Fossil-Machern in gewisser Weise als Vorbild, auch wenn er einen völlig anderen Weg ging. Die Erfolge der Billigmarke nutzte der vor Jahresfrist verstorbene Patriarch, um im High-End-Segment anzugreifen.
Zum Swatch-Konzern gehören heute Luxusmarken wie Glashütte, Breguet, Blancpain, Omega, Tissot und Certina. Während die Texaner ihrer Maxime der kostengünstigen Produktion treu blieben, griff Hayek nach den höheren Weihen der Schweizer Uhrmacherkunst – und hinterließ seinen Kinder Nick und Nayla, die den Konzern heute führen, damit kein leichtes Erbe: Swatch kontrolliert 70 Prozent der Schweizer Uhrenproduktion, zumal das Unternehmen auch Uhrwerke und andere Komponenten für die Konkurrenz fertigt.
Da Swatch die immense Nachfrage nach den eigenen Marken, vor allem aus China, kaum mehr bedienen kann, wären die Geschwister Hayek die Rolle als Zulieferer gern los. Denn die Produktionskapazität stößt an Grenzen, weshalb es schwierig werden dürfte, den Umsatz im laufenden Jahr auf über sieben Milliarden Franken zu steigern. Gleichwohl stellt Konzernchef Nick Hayek neue Rekorde bei Umsatz und Gewinn in Aussicht.
Als er mit dem Plan, die Liefermenge für Dritte schnellstmöglich zugunsten der Eigenmarken zu reduzieren, bei der Schweizer Wettbewerbskommission vorstellig wurde, handelte er sich jedoch eine Abfuhr ein: Erst 2012 darf die Lieferung von Uhrwerken auf 85 Prozent der 2010 produzierten Menge zurückgefahren werden. Die Uhrmacherei sei ihrer Natur nach eben ein langfristig ausgerichtetes Geschäftsmodell, kommentierte der Vorstandschef die Entscheidung der Wettbewerbshüter. Die Entwicklung eines hochwertigen Uhrwerks dauere sechs, die Ausbildung eines Uhrmachers für solche Werke über 15 Jahre. So viel Zeit lässt man sich in Texas nicht.
Rein optisch allerdings wirken die überwiegend metallenen Fossil-Chronometer hochwertiger als die Plastikuhren der Kernmarke Swatch. So bedienen beide Unternehmen zwar den Markt für Modeuhren, aber nicht unbedingt das gleiche Publikum. Und im Gegensatz zu Swatch gelang es Fossil, das Sortiment nachhaltig zu erweitern. Erst kamen Lederwaren hinzu, dann Sonnenbrillen. Heute vertreibt Fossil auch sehr erfolgreich Schmuck – unter anderem gab es eine Kooperation mit Designer Philippe Starck –, Bekleidung und neuerdings Schuhe.
Beide Unternehmen erregen auch durch ihre Innovationsfreude immer wieder Aufmerksamkeit. Allerdings gelingen den Amerikanern die nachhaltigeren Erfolge: Mit ihrem 1996 eröffneten Online-Shop gelten sie als Pioniere des E-Commerce in den USA. Und ein Jahr später unterzeichneten die Kartsotis-Brüder ihren ersten Lizenzvertrag mit einem Modelabel. Seither stellen sie Emporio-Armani-Uhren her, vertreiben und vermarkten sie weltweit.
Beinahe jedes Jahr folgt der Abschluss eines neuen Lizenzvertrags oder die Geburt einer neuen Produktlinie. Obwohl Verkaufszahlen in der Uhrenindustrie strengstens geheim gehalten werden, gilt Fossil mittlerweile als die in Deutschland führende Uhrenmarke. Der Konzern setzt heute umgerechnet gut eine Milliarde Euro im Jahr um und beschäftigt weltweit über 8.000 Mitarbeiter. Die Produkte sind in über 100 Ländern erhältlich, allein in Europa gibt es 12.000 Handelspartner.Seit 2004 steht die Europazentrale in Basel, die Schweizer Uhrenmarken Zodiac und Michele gehören inzwischen zum Konzern. Und längst besitzt er eigene Produktionsstätten.
Im Juni 1993 wurde Fossil erstmals an der Nasdaq notiert. Kosta Kartsotis, der den Konzern leitet, hält heute noch 18,8 Prozent der Aktien, Gründer Tom nur mehr zehn Prozent. Er verabschiedete sich im vergangenen Jahr aus dem Geschäft und widmet sich neuen Projekten. Zwischendurch hat er übrigens Lynne Stafford geheiratet, jene Designerin, die Fossil einst auf die Erfolgsspur gebracht hatte.
Und da soll das Unternehmen auch bleiben. Im Juli kommt Fossils Uhr fürs Internetzeitalter auf den Markt: Gemeinsam mit Texas Instruments entwickelte man die Meta-Watch, eine Art Zweitdisplay am Handgelenk. Via Bluetooth werden Daten von Notebooks, Smartphones oder Tablets auf die Uhr übertragen. E-Mails, SMS, Facebook-Nachrichten oder auch Börsendaten landen so auf der Uhr, weitere Funktionen können programmiert werden.
Die Meta-Watch geht mit zwei Modellen erst in den USA, dann in Europa in den Verkauf. Der Preis dürfte um die 140 Euro liegen. Ach ja, die Zeit kann sie auch anzeigen.Und das Datum, wann wieder Weihnachten ist.
Investor-Info
Fossil
Moderner als der Name
Übers Design lässt sich teuer verkaufen, was in der Produktion nur ein paar Euro kostet – das haben die Brüder Kartsotis früh erkannt. Im Unterschied zur Schweizer Philosophie, für die mechanische Präzisionsuhrwerke das Nonplusultra sind, steckt Fossil nur Knopfzellen ins Gehäuse und investiert stattdessen mehr Zeit, Geld und Energie in Präsentation und Verpackung. Das bringt jährliche Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozentbereich bei überdurchschnittlichen Gewinnsteigerungen. Wachstum wird in den USA allerdings anders bezahlt als in Europa. Mit einem KGV von 24 fürs laufende Jahr ist die Aktie für hiesige Verhältnisse stattlich bewertet. Trotzdem bleibt sie auch nach der Rally der vergangenen zwei Jahre aussichtsreich: Fossil übertrifft die Erwartungen regelmäßig, Analysten müssen beinahe nach jedem Quartalsbericht neu rechnen. Insofern ist das echte KGV nicht ganz so hoch, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Swatch
Die günstigere Alternative
Obwohl die Stärke der Schweizer Währung die Zahlen etwas verzerrt, lieferte Swatch 2010 einen Rekordgewinn von 1,08 Milliarden Franken ab – 41,5 Prozent mehr als 2009. Auch das bisher beste Ergebnis der Firmengeschichte aus dem Vorkrisenjahr 2007 wurde um mehr als sechs Prozent übertroffen. Da die Nachfrage weiter steigt, will Swatch-Boss Nick Hayek in neue Anlagen investieren und 800 bis 1000 Arbeitsplätze schaffen.
Allerdings sei es „nicht leicht“, qualifiziertes Personal zu finden. Auch wenn Swatch deshalb etwas langsamer wächst als Fossil, ist die Aktie wegen der günstigeren Bewertung ebenfalls ein Kauf. Die operative Marge von 23,5 Prozent spricht ebenso für den Titel wie die gesunde Bilanz mit 82,4 Prozent Eigenkapitalquote.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Nachrichten zu Swatch (I)
Analysen zu Swatch (I)
Datum | Rating | Analyst | |
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24.09.2024 | Swatch (I) Sell | UBS AG | |
17.01.2023 | Swatch (I) Buy | Jefferies & Company Inc. | |
09.09.2019 | Swatch (I) buy | HSBC | |
16.01.2015 | Swatch (I) Sell | Société Générale Group S.A. (SG) | |
25.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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17.01.2023 | Swatch (I) Buy | Jefferies & Company Inc. | |
09.09.2019 | Swatch (I) buy | HSBC | |
25.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Deutsche Bank AG | |
04.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Exane-BNP Paribas SA | |
02.07.2013 | Swatch (I) kaufen | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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12.07.2013 | Swatch (I) halten | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
09.07.2013 | Swatch (I) halten | Citigroup Corp. | |
08.07.2013 | Swatch (I) halten | Barclays Capital | |
21.06.2013 | Swatch (I) halten | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
29.05.2013 | Swatch (I) halten | Citigroup Corp. |
Datum | Rating | Analyst | |
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24.09.2024 | Swatch (I) Sell | UBS AG | |
16.01.2015 | Swatch (I) Sell | Société Générale Group S.A. (SG) | |
04.02.2013 | Swatch (I) verkaufen | S&P Equity Research | |
20.01.2011 | The Swatch Group sell | Société Générale Group S.A. (SG) | |
05.08.2010 | Swatch Group sell | Société Générale Group S.A. (SG) |
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