UPDATE/Mehr Beschränkungen für Bargeldverkehr in Europa

19.03.15 14:30 Uhr

   --SNB-Gouverneur: Höhere Bargeldanlagen nicht im gesamtwirtschaftlichen Interesse

   --Frankreich verbietet ab Herbst Barzahlungen von über 1.000 Euro

   --Bundesbank: Keine entsprechenden Pläne für Deutschland

   (NEU: Äußerungen des SNB-Gouverneurs Jordan, Kommentar eines Ökonomen)

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)--In Europa mehren sich die Anzeichen für Einschränkungen des Bargeldverkehrs. In der Schweiz verhindert die Zentralbank Barabhebungen in Millionenhöhe, in Frankreich sollen ab Herbst größere Barzahlungen verboten werden. In Deutschland ist nach Angaben der Bundesbank bisher nichts derartiges geplant.

   Pensionskassen in der Schweiz sind besonders stark von den Negativzinsen betroffen. Gerade hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) bestätigt, dass Banken für Einlagen ab einer bestimmten Höhe keine Zinsen erhalten, sondern Zinsen zahlen müssen, und zwar 0,75 Prozent.

   "Der Negativzins trägt dazu bei, Anlagen in Franken weniger attraktiv zu machen", heißt es in der geldpolitischen Erklärung der SNB. Dummerweise haben die Banken keine andere Wahl als Einlagen bei der SNB zu halten. Und deshalb geben sie die negativen Zinsen an ihre Großkunden, zum Beispiel Pensionsfonds weiter.

   Die versuchen offenbar, dem Druck zumindest teilweise auszuweichen. Einige Kassen überlegen laut dem Bericht des schweizerischen Fernsehens, Millionen Franken in bar zu bunkern anstatt sie auf der Bank zu lagern.

   Eine Bank hat nun aber offenbar entschieden, kein Bargeld auszuzahlen. Und das geschieht auf Geheiß der SNB. Die bestätigte dem Sender, dass sie den Instituten empfohlen habe, bei größeren Auszahlungswünschen restriktiv vorzugehen, vor allem, wenn das Geld nicht zu Zahlungszwecken benötigt wird.

   SNB-Gouverneur Thomas Jordan sagte in einer Pressekonferenz am Donnerstag in Zürich, eine starke Verschiebung von Anlagen in Bargeld würde nicht im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegen. Gebühren für den Bezug von Bargeld stünden derzeit aber nicht zur Diskussion.

   Frankreich geht die Sache anders herum an. Zwar sind dort noch größere Barabhebungen erlaubt, doch dafür sollen ab September Barzahlungen von über 1.000 Euro verboten werden.

   Finanzminister Michel Sapin begründete diese Entscheidung im Gespräch mit der Zeitung Le Parisien mit der Absicht, die Finanzierung des Terrorismus zu erschweren. Bisher sind bis zu 3.000 Euro erlaubt. Touristen dürfen künftig nur noch mit maximal 10.000 statt bisher 15.000 Euro nach Frankreich reisen.

   In Deutschland ist nach Aussage der Bundesbank keine Einschränkung des Bargeldverkehrs geplant. Der für Zahlungsverkehr zuständige Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele sagte: "Wir als Deutsche Bundesbank streben keine Änderung an und sehen auch keine Notwendigkeit dazu. Auch aus der Politik sind mir keine derartigen Pläne bekannt." Laut Thiele ist gegenwärtig auch "nicht zu sehen, dass jemand in Europa eine entsprechende Änderung anstrebt".

   In Deutschland ist Bargeld nach seinen Angaben weiterhin das meistgenutzte Zahlungsmittel beim Einkauf. Privatpersonen beglichen 2014 demnach rund 53 Prozent der Umsätze in Waren und Dienstleistungen mit Banknoten und Münzen.

   Thorsten Polleit, Chefvolkswirt des Goldhändlers Degussa, sieht im Bestreben, die Bargeldverwendung einzuschränken, vor allem eine Gefahr für die Privatsphäre: "Der Bürger wird gläsern. Hat der Staat das Bargeld abgeschafft, ist es nur noch ein ganz kleiner Schritt, bis der Staat entscheiden kann, wer was kaufen und wer wohin reisen darf", sagte er.

   Die umlaufende Euro-Bargeldmenge hat in den vergangenen Monaten beschleunigt zugenommen. Die Jahreswachstumsrate stieg von 5,9 Prozent im November 2014 auf 7,7 Prozent im Januar 2015. Dahinter stand ein monatlicher Anstieg des Bargeldumlaufs um 7, 22 und 16 Milliarden Euro. Allerdings geht die Europäische Zentralbank davon aus, dass größere Mengen Euro-Bargeld außerhalb des Währungsgebiets zu Wertaufbewahrungszwecken gehortet werden.

   Bundesbank-Vorstand Thiele wies darauf hin, dass die Bundesbank einen Anteil an der Banknotenproduktion von etwa 26 Prozent habe, über sie aber zugleich knapp 50 Prozent aller Barauszahlungen des Euroraums liefen. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir in Deutschland über leistungsfähige Flughäfen verfügen und Grenzen zur Schweiz und nach Osteuropa haben", sagte er.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   March 19, 2015 08:58 ET (12:58 GMT)

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