Ökonomen-Barometer: Aufwärtstrend hält an
Der Blick in die Zukunft wird vorsichtiger. Den Euroaustritt Griechenlands halten Experten aber für unwahrscheinlich.
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von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag
Das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv hat seinen Aufwärtstrend auch im Mai fortgesetzt - ungeachtet eines etwas schwächeren deutschen Wirtschaftswachstums im ersten Quartal. Der Barometerstand legte um 1,9 Prozent auf 64,8 Punkte zu. Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate lagen mit 69,5 Punkten allerdings um 1,9 Prozent unter dem Vormonatswert. Damit nähern sich die Aussichten der aktuellen Lage an, die Wachstumsdynamik geht zurück.
Das Statistische Bundesamt hatte am Dienstag außerdem Zahlen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland im ersten Quartal veröffentlicht, die unter den Erwartungen lagen. Demnach legte das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März um 0,3 Prozent zum Vorquartal zu, nach plus 0,7 Prozent im Schlussquartal 2014. Die exportabhängige deutsche Wirtschaft bekommt die labile Weltkonjunktur jetzt stärker zu spüren. Vor allem große Schwellenländer wie Russland und Brasilien haben derzeit Probleme. Stütze der deutschen Konjunktur bleibt jedoch der Konsum. Die privaten Haushalte geben angesichts von Rekordbeschäftigung, steigenden Löhnen und niedriger Inflation mehr Geld aus.
Die Ökonomen beschäftigten sich in der Mai-Umfrage mit der Möglichkeit eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone ("Grexit"). Zu Wochenbeginn waren verschiedene Sitzungen der Euro-Gruppe und der Euro-Finanzminister zum Schuldenstreit ergebnislos verlaufen, was auch die Entwicklung an den Finanzmärkten belastete.
Hellas-Insolvenz als Chance
Rund 70 Prozent der führenden deutschen Volkswirte halten einen Grexit in den kommenden zwölf Monaten für eher unwahrscheinlich (Wahrscheinlichkeit unter 50 Prozent). Dagegen tendieren rund 25 Prozent zu einem Austrittsszenario. Dieser Wert lag in der Februar-Umfrage, unmittelbar nach der Wahl von Ministerpräsident Alexis Tsipras, noch bei 17 Prozent.Einige der befragten Ökonomen sind der Ansicht, dass ein Grexit ausbleiben werde, solange die griechische Bevölkerung ihn nicht wolle. "Deshalb wird im Notfall eher mit staatlichen Schuldverschreibungen (Parallelwährung) gearbeitet, als dass Griechenland austritt", sagt Volker Hofmann vom Bundesverband deutscher Banken. Für Andreas Freytag von der Uni Jena wiederum "werden die Europapolitiker den Grexit verhindern, koste es, was es wolle - und es wird viel kosten".
Frank Bulthaupt von der Hochschule der Sparkassen-Gruppe beschäftigt sich mit den Konsequenzen: "Der Verbleib Griechenlands im Euroraum ist in der Folge der Beginn einer Transferunion. Zudem ist eine Insolvenz Griechenlands aus heutiger Sicht nicht mehr abzuwenden." David Stadelmann von der Uni Bayreuth weist darauf hin, dass ein Staatsbankrott innerhalb der Eurozone grundsätzlich möglich wäre. "Er würde auch die richtigen Anreize setzen", so Stadelmann.
Griechenland droht in den nächsten Wochen das Geld auszugehen. Weitere Auszahlungen aus laufenden Hilfsprogrammen sind von einer Einigung zwischen Athen und den Europartnern über den Reformkurs abhängig. Die Hängepartie gilt auch als Grund dafür, dass Griechenlands Wirtschaft im zweiten Quartal zum zweiten Mal in Folge geschrumpft und damit formal in die Rezession zurückgefallen ist.
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