Spanien gibt Finanzbedarf für marode Banken Ende September bekannt
Die spanische Regierung will noch in diesem Monat den von der EU-Kommission lange erwarteten Finanzbedarf für die maroden Banken des krisengeplagten Euro-Landes bekanntgeben.
Die genauen Beträge für die einzelnen Banken legt das US-Prüfungsunternehmen Oliver Wyman nach Angaben des stellvertretenden spanischen Wirtschaftsministers Fernando Jiménez Latorre voraussichtlich Ende September der Regierung in Madrid vor. Ein Hilfsantrag der spanischen Regierung könnte deswegen erst im Oktober erfolgen.
Die EU-Kommission hatte Spanien im Juni Bankenhilfe im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt. Als Soforthilfe stehen davon 30 Milliarden Euro zur Verfügung. Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte am Wochenende in Nikosia, von diesem Angebot müssten wahrscheinlich höchstens 62 Milliarden Euro beansprucht werden. Dies ist die Summe, die das von der spanischen Regierung beauftragte US-Beratungsunternehmen Oliver Wyman bereits im Juni berechnet hatte. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Nikosia: "Nach jetzigem Stand wird Spanien deutlich unter der Obergrenze von 100 Milliarden Euro bleiben."
Wirtschaftsminister de Guindos forderte bei Beratungen der EU-Finanzminister in Nikosia, dass der von der EU-Kommission festgelegte Zeitplan für die Errichtung einer Bankenunion eingehalten wird. Der Starttermin 2013 ist aber vor allem bei Deutschland umstritten.
Für Spanien ist die schnelle Gründung einer Bankenunion von wesentlicher Bedeutung: Sie würde eine direkte Rekapitalisierung der maroden spanischen Banken ermöglichen. In diesem Fall würde die Bankenhilfe vorläufig nicht als Staatsschuld angerechnet werden. Mehrere spanische Banken sind durch das Platzen der Immobilienblase schwer angeschlagen. Allein das viertgrößte Geldhaus Bankia braucht für seine Sanierung mindestens 23 Milliarden Euro.
Unklar ist weiter, ob und wann Spanien mit seiner gesamten Wirtschaft unter den Euro-Rettungsschirm flüchten wird. Ministerpräsident Mariano Rajoy betont immer wieder, dass er noch keine Entscheidung getroffen habe. Er wolle zuerst genau die offiziell noch unbekannten Bedingungen prüfen. Ein Hilfegesuch Spaniens beim EU-Rettungsfonds ist eine Voraussetzung dafür, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ein Kaufprogramm für spanische Staatsanleihen startet. Spanische Medien gehen davon aus, dass Rajoy darauf setzt, dass die Notwendigkeit einer EU-Rettungshilfe mit den entsprechenden harten Konditionen im Nachhinein vermieden werden könne.
Nach der von EZB-Präsident Mario Drahi Ende Juli angekündigten Bereitschaft, unbegrenzt Anleihen vom Krisen-Staaten wie Spanien und Italien aufzukaufen, hat sich die Lage an den Märkten merklich beruhigt. Die Risikoaufschläge für spanische Anleihen sind stark gesunken. Rajoy setzt sein Vertrauen darauf, dass sich diese Entspannung fortsetzen werde. Die EU-Kommission fordert jedoch von Spanien zusätzliche Reformanstrengungen, um das Vertrauen der Märkte dauerhaft zu festigen.
MADRID (dpa-AFX)