Solarindustrie

Dunkle Schatten über der Solarenergie?

01.04.10 06:00 Uhr

Förderkürzungen, Staatshilfen für Modulbauer und Billigkonkurrenz aus Asien: Die deutsche Solarbranche steht vor einer Wende. Wie Anleger reagieren sollten, wo es noch Wachstum gibt.

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von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag

Aus der Vogelperspektive sieht es aus wie eine Siedlung von Gewächshäusern auf der grünen Wiese. Doch statt Gemüse ernten Betreiber des Solarparks Sulzemoos in Oberbayern Strom und speisen diesen ins Netz ein. Den Rohstoff liefert die Sonne gratis. Trifft sie auf die glänzend blauen Modulflächen, wandeln Wechselrichter Sonnenenergie in Gleichstrom um.

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Doch die Fotovoltaik, so heißt der Fachbegriff für die Umwandlung von Solarkraft in Strom mithilfe von Solarzellen, liegt Verbrauchern kräftig auf der Tasche. Eine Kilowattstunde ist deutlich teurer als Strom aus Kohle oder Gas. Schuld daran ist die staatliche Anschubfinanzierung in Form gesetzlicher Festpreise für den aus Sonnenenergie gewonnenen und ins öffentliche Netz eingespeisten Strom.

Denn ohne die im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) geregelte fixe Vergütung für jede eingespeiste Kilowattstunde, die zwar Stromkonzerne zahlen, diese Kosten aber auf Verbraucher abwälzen, wäre Solarstrom gegenüber Strom aus Kohle- oder Gaskraftwerken noch immer nicht wettbewerbsfähig. Von der fixen Vergütung profitieren vor allem Anleger, die als Gesellschafter von Geschlossenen Beteiligungen der Solarbranche Eigenkapital zur Verfügung stellen und die flächendeckende Expansion der Module finanzieren. Kein Wunder. Weil der Festpreis 20 Jahre lang fließt, profitieren Anleger von regelmäßigen Zahlungsströmen. Günstig eingekauft und gut gemanagt, kann ein Solarpark Eigenkapitalrenditen von jährlich zehn Prozent abwerfen.

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Und wer eine Solaranlage betreibt, muss sich nicht sorgen, dass die fest einkalkulierte Einspeisevergütung nachträglich zusammengestrichen werden kann. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Berliner Juraprofessors Stefan Klinski zum Vertrauensschutz bei der EEG-Vergütung: „Der Abnahme- und Vergütungsanspruch aus dem EEG ist grundrechtlich geschützt“.

Denn anders als der zwischen 1974 und 1995 erhobene Kohlepfennig, der als Ausgleichsabgabe den Strompreis verteuerte, ist das EEG nicht verfassungswidrig.Das kommt an bei Anlegern. Mit 84 Prozent Marktanteil ist die Solarenergie laut der Gesamtmarktstudie der Beteiligungsmodelle 2010 von Feri Euro Rating Services eindeutig der Platzhirsch unter den Geschlossenen Fonds, die in erneuerbare Energien investieren. Dank der üppigen Förderung gingen 2009 in Deutschland Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 3000 Megawatt ans Netz. Das entspricht drei Millionen Kilowatt. Damit ist Deutschland Solar-Weltmeister – beziehungsweise Bayern. Denn 40 Prozent der Anlagen stehen im Freistaat.

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Zum zehnjährigen Geburtstag des EEG am 1. April herrscht dennoch nicht eitel Sonnenschein. Denn die Bundesregierung will die bisher verwöhnte Branche schlagartig entwöhnen. Neben der bereits zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Förderkürzung um neun Prozent für neu installierte Anlagen, soll die Vergütung zum 1. Juli für alle danach ans Netz gehende Dachanlagen beziehungsweise zum 1. Oktober für neue Freiflächenanlagen außerordentlich um weitere elf bis 16 Prozent gekappt werden.

Bezieht man die bereits beschlossene Kürzung für Neuanlagen zum Januar 2011 mit ein, deren tatsächliches Ausmaß von der Zahl der installierten Neuanlagen 2010 abhängt, schrumpft die Förderung somit binnen eines Jahres gegenüber den Vergütungssätzen von 2009 um durchschnittlich ein Drittel. Anlagen auf Ackerflächen sollen ganz aus dem Förderkatalog fallen. Dafür sollen künftig Flächen an Autobahnen und Bahngleisen gefördert werden. Wahrscheinlich ist zudem, dass mit der Novelle des EEG im Januar 2012 die Einspeisevergütungen weiter gekappt werden. Auch wenn Marktteilnehmer mit einer Kürzung gerechnet hatten, geht vielen die Rückführung der staatlichen Anschubfinanzierung zu schnell. „Ausmaß und Geschwindigkeit der Förderkürzungen bedrohen die Existenz großer Teile der deutschen Fotovoltaikindustrie“, wettert Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft. Manche Investitionen liegen gar auf Eis. „Wir können nur bis zur Jahresmitte planen“, sagt Bernd Gilles, Vorstand der Collector AG, die mit Suncollect Anlegern Direktinvestments in Aufdachanlagen anbietet.


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Doch nicht alle sehen schwarz für den heimischen Markt. Keine Nachteile durch die geplante Kürzung der Einspeisevergütung erwartet etwa Solarworld-Chef Frank H. Asbeck, der zugleich Initiator der Geschlossenen Beteiligung Solarparc Deutschland I ist, über die vier Solarparks in Bayern finanziert werden. „Eine 25-prozentige Kürzung würde sich kaum auswirken, weil die Preise für die meisten Komponenten in nahezu gleicher Höhe gesunken sind“, meint auch Matthias Fieser, Geschäftsführer von Myagent Asset Management und Gründer eines Offenen Solarfonds nach Luxemburger Recht. Zudem könne man Zwischenhändler beim Kauf von Modulen und Wechselrichtern einsparen.

Tatsächlich macht Modulherstellern weniger die gekappte Vergütung zu schaffen. Sie leiden vielmehr unter einem unfairen Wettbewerb. Deutsche Produzenten konkurrieren mit fernöstlichen Herstellern, die von künstlichen Wettbewerbsvorteilen durch unterbewertete Währungen und protektionistischen Maßnahmen profitieren. Viele Solarunternehmen sind zudem im Sog der Finanzkrise in die Verlustzone gerückt und haben ihre Reserven aufgebraucht. Schon rufen manche „Sunny Boys“ der Solarbranche nach Vater Staat. Mit Erfolg. So „systemrelevant“ sind die aufstrebenden Solarfirmen für den Solar-Weltmeister, dass das börsennotierte Unternehmen Solon vom Bund sowie den Ländern Berlin und Mecklenburg-Vorpommern eine Ausfallbürgschaft über 146 Millionen Euro erhält.

Kosten senken, Qualität steigern, heißt die Devise vieler Modulhersteller. Und Qualitätssteigerungen sorgen für mehr Stromausbeute. Der technische Wirkungsgrad, im Fachjargon Performance-Ratio genannt, steigt kontinuierlich. Darunter verstehen Branchenexperten das Verhältnis von Stromertrag zu eingestrahltem Sonnenlicht. Mag hierzulande das Wachstum nachlassen, woanders geht der Solarboom erst los. „Einige neue Wachstumsmärkte kommen 2010 ins Spiel, darunter an erster Stelle die USA, Italien und der Spätzünder China. Zusammen machen diese drei Märkte die Hälfte des für 2010 prognostizierten Wachstums aus“, sagt der Fotovoltaik-Chefanalyst des Marktforschungsunternehmens iSuppli, Henning Wicht. Vor allem in den USA werden sich laut Marktforscher Greentech Media Research die Fotovoltaikinvestitionen bis 2012 verdreifachen. China bietet mit dem Programm Golden Sunlight ähnliche Anreize wie das deutsche EEG. Und „in Italien lassen sich mit der bis Ende 2010 geltenden Vergütung von 34,5 Cent je Kilowattstunde derzeit die höchsten Renditen für Solarprojekte in Europa darstellen“, weiß Markus W. Voigt, Geschäftsführer bei dem Initiator Voigt & Collegen. Die Vergütung soll zwar ab 2011 sinken. Wegen der stärkeren Sonneneinstrahlung wäre Bella Italia aber auch dann noch attraktiv.

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Altanlagen mit Vertrauensschutz
Die Besitzer von Solaranlagen vertrauen darauf, dass die ihnen versprochene Einspeisevergütung auch tatsächlich 20 Jahre lang fließt. Doch ist das sicher, oder darf der Gesetzgeber Vergütungsansprüche nachträglich kappen? Der Juraprofessor Stefan Klinski von der Fachhochschule für Wirtschaft in Berlin kommt in einem Gutachten für das Bundesumweltministerium zu dem Ergebnis: „Die Betreiber bestehender EEG-Anlagen genießen gegenüber nachteiligen Änderungen ihrer Anspruchsposition Vertrauensschutz.“ Und das sowohl hinsichtlich der Vergütung als auch hinsichtlich der Abnahme des von ihnen erzeugten Stroms. Jedoch macht Jurist Klinski zwei Fälle aus, in denen eine nachträgliche Absenkung möglich wäre.

1. Der Erlass einer EU-Richtlinie „ohne ausreichende Spielräume für angemessene Übergangsregelungen“. Klinski betont in dem 50-seitigen Gutachten aber, „dass sich solche Absichten derzeit nicht abzeichnen“. Zumal die 2009 beschlossene EU-Richtlinie zur Förderung ­erneuerbarer Energien „ausdrücklich Spielräume für Förderregelungen gibt, die auf Abnahme- und Ver­gütungsansprüchen basieren.“
2. Nachträglich stellt sich heraus, „dass die Vergütungs­höhe auffällig oberhalb des Bereichs liegt, der erforderlich ist, um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen sicher­zustellen“. Doch auch hier relativiert Klinski: Denkbar wäre eine Absenkung hier nur in Sondersituationen wie etwa einer ­allgemeinen Deflation.

Auf deutschen Dächern - Direktinvestment in Dachanlagen
Wer keine Solaranlage aufs eigene Dach stellen kann und nicht über einen Fonds investieren will, kann ab 18?400 Euro ohne Aufgeld direkt mit Suncollect investieren. Geplant ist die Verpachtung von Anlagen auf Dächern eines Polizeipräsidiums in Berlin und eines Logistikzentrums in Bruchsal. Da die Mehrwertsteuer erstattet wird, sollten Anleger nicht die Kleinunternehmerregelung (Einnahmen bis 17?000 Euro pro Jahr) wählen, für die keine Umsatzsteuer anzumelden ist. Infos: www.collector-ag.com

An der Nordseeküste - Höhere Einspeisevergütung sicher
Die geplante Kürzung der Einspeisevergütung für Frei­flächenanlagen zum 1. Oktober spielt beim Solarfonds Solarenergie Nord von Neitzel & Cie keine Rolle. Für die erste Ausbaustufe des Parks bei Husum gibt’s die höhere Vergütung für 2009, da die Anlagen bereits am 28.12.09 ans Netz gingen. Die zweite Ausbaustufe soll bis 31.3. folgen. Dafür gilt die bis Ende Juni gültige Vergütung. Beteiligung ab 10?300 Euro. Infos: www.neitzel-cie.de

In Italiens Süden - Reduziertes Risiko
Der Geschlossene Fonds Cleantech Solar 3 von Chorus erwirbt in Apulien erst Anlagen, wenn alle Genehmigungen vorliegen. Dadurch ist das Risiko gering, und das lästige Genehmigungsverfahren wird umgangen. Der Partner, ein Tochterunternehmen der Gildemeister AG, garantiert einen technischen Wirkungsgrad von 78 Prozent. Da die Kalkulation auf dieser Basis erfolgt, gibt es Luft nach oben. Die Erdbebengefahr in Apulien ist gering. Infos: www.chorus-gruppe.de oder www.fondsdiscount.de

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